Weniger Bildung, mehr Medikamente |
Jennifer Evans |
20.11.2024 15:20 Uhr |
Dass Generika die Kassen entlasten können, ist allen Bildungsschichten bewusst. Der Medikamentenkonsum unterscheidet sich unter ihnen jedoch stark. / © Adobe Stock/Nikolai Sorokin
Etwa 80 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher mit Matura, die dem deutschen Abitur entspricht, bezeichnen ihren Gesundheitszustand als »sehr gut« oder »gut«. Bei Personen ohne Abschluss sind es lediglich 64 Prozent. Das Bildungsniveau spielt dem aktuellen Austrian Health Report 2024/25 zufolge aber nicht nur bei der persönlichen Einschätzung des Wohlbefindens eine Rolle, sondern auch beim Arzneimittelkonsum.
Unterschiede zeigen sich nämlich auch beim täglichen Medikamentengebrauch: Während mehr als die Hälfte der Menschen mit geringerem Bildungsabschluss täglich Medikamente einnimmt, sind es bei den insgesamt 1100 Befragten mit Matura lediglich 38 Prozent. Zudem greifen Letztere häufiger zu rezeptfreien Präparaten.
Eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung (57 Prozent) hat gleich viel Vertrauen in Generika wie in andere Medikamente. Auffallend ist jedoch, dass Jüngere sowie Menschen mit niedrigeren formalen Bildungsabschlüssen diesen gegenüber skeptischer sind. Was generell unter Generika zu verstehen ist und wie sie wirken, wissen demnach acht von zehn Menschen mit höherer Bildung. Bei Personen mit geringerem Bildungsniveau sind es sieben von zehn. Dass Generika eine Möglichkeit bieten, die Krankenkassen finanziell zu entlasten, ist allen Bildungsschichten bekannt.
Die Unterschiede setzen sich bei der Einschätzung der psychischen Gesundheit fort. Demnach bewerteten 74 Prozent der formal höher Gebildeten ihren seelischen Zustand als »sehr gut« oder »gut«. Bei den formal niedriger gebildeten Personen sind es 66 Prozent. Und 29 Prozent der Menschen mit Matura oder höherem Bildungsabschluss sind überzeugt, dass sich ihr Gesundheitszustand im nächsten Jahr verbessern wird, unter den Teilnehmenden ohne Matura glauben das nur zu 20 Prozent.
Der Gesundheitsreport, den das Institut für empirische Sozialforschung (IFES) im Auftrag des Pharmakonzerns Sandoz durchführte, zeigt ebenfalls, dass Bildungsunterschiede bei der Angst vor einer Zwei-Klassen-Medizin keine Rolle mehr spielen. Diese Sorge teilen nämlich alle Befragten gleichermaßen. Auch bemängeln alle Gruppen die lange Wartezeit auf Arzttermine und fordern einstimmig mehr medizinisches Personal von der Politik. Konkret wünschen sich 91 Prozent kürzere Wartezeiten und 90 Prozent mehr Stellen für Ärztinnen und Ärzte. Außerdem verlangen 86 Prozent eine Ausweitung des Angebots für psychische Gesundheit sowie mehr Therapeutinnen und Therapeuten.