Welche Blutfettwerte sind normal? |
Christina Hohmann-Jeddi |
25.07.2023 09:00 Uhr |
Das Lipidprofil gibt Aufschluss über das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. / Foto: Adobe Stock/jarun011
Wichtige Laborparameter, die bei Blutuntersuchungen häufig bestimmt werden, sind die sogenannten Blutfettwerte. Darunter werden vor allem die im Blut enthaltenen Triglyceride und das Cholesterol verstanden. Beide erfüllen im Organismus wichtige Funktionen. So ist Cholesterol (auch Cholesterin genannt) ein essenzieller Bestandteil von tierischen Zellmembranen und Ausgangsstoff für die Synthese von Steroidhormonen und Gallensäuren. Der polyzyklische Alkohol wird zu den lipidähnlichen Substanzen gerechnet, ist aber chemisch gesehen kein Fett.
Triglyceride gelten dagegen als dreifache Ester des dreiwertigen Alkohols Glycerol mit drei Fettsäuren als Fette. Sie werden mit der Nahrung aufgenommen und sind ein wichtiger Energielieferant im Organismus. Überschüssige Triglyceride werden in Fettzellen als Depots gespeichert.
Die beiden Substanzen werden zum Teil mit der Nahrung aufgenommen, zum Teil aber im Körper selbst synthetisiert. Wegen ihrer Lipophilie werden sie im Blut mithilfe von wasserlöslichen Trägerproteinen (Apolipoprotein) transportiert, mit denen sie zusammen sogenannte Lipoproteine bilden. Cholesterol wird auf diese Weise zu LDL-C (Low Density Lipoprotein-Cholesterol) und HDL-C (High Density Lipoprotein-Cholesterol) verpackt. In Chylomikronen (Lipoproteine zum Transport von Nahrungsfetten) und VLDL (Very Low Density Lipoprotein) werden vor allem die Triglyceride verpackt. Die unterschiedlichen Partikel haben verschiedene Eigenschaften. So fördert etwa LDL-C, das umgangssprachlich »böse Cholesterin«, die Atherosklerose, während das »gute« HDL-C einen kardioprotektiven Effekt hat.
Auf Dauer können erhöhte Blutfettwerte, vor allem das LDL-Cholesterol, zu Atherosklerose führen. Diese Versteifung der Blutgefäßwände mit Einlagerungen von fetthaltigen Substanzen ist die Hauptursache für Herzerkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall. Die Blutfettwerte werden daher bestimmt, um das Atherosklerose-Risiko abzuschätzen, etwa routinemäßig im Check-up 35, der jedem gesetzlich Versicherten ab 35 Jahren alle drei Jahre zusteht. Erwachsene unter 35 Jahren haben einmalig das Recht, einen Gesundheits-Check-up durchführen zu lassen. Die Blutfette werden in der Regel auch gemessen, wenn spezielle Risikofaktoren für die Herzgesundheit vorliegen, etwa Diabetes, Bluthochdruck, Übergewicht, Nierenschwäche, Rauchen oder Herzinfarkte oder Schlaganfälle bei Familienmitgliedern. Gemessen werden meist das Gesamtcholesterol, das HDL- und LDL-Cholesterol, die Triglyceride und der Apolipoprotein-B-Wert.
Welche Lipidwerte als normal oder zu hoch angesehen werden, hängt vom Vorliegen der genannten weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren ab, aus denen ein Gesamtrisiko ermittelt wird. Abhängig von diesem Gesamtrisiko teilen Kardiologen entsprechend der Leitlinie der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) und der Europäischen Atherosklerose-Gesellschaft (EAS) zur Diagnostik und Therapie der Dyslipidämien von 2019 die Patienten in verschiedene Gruppen ein, für die unterschiedliche Zielwerte der Blutfette gelten.
So sollten laut Leitlinie Patienten mit sehr hohem kardiovaskulärem Risiko ein LDL-C unter 1,4 mmol/l (55 mg/dl) erreichen. Für Patienten mit hohem, moderatem und niedrigem kardiovaskulären Risiko wird ein LDL-C unter 1,8 mmol/l (70 mg/dl), unter 2,6 mmol/l (100 mg/dl) und unter 3,0 mmol/l (116 mg/dl) empfohlen. Für die ersten beiden Gruppen ist auch empfohlen, dass der LDL-C-Ausgangswert um mindestens 50 Prozent gesenkt werden sollte. Insgesamt gilt, dass der LDL-C-Wert so niedrig wie möglich sein sollte – nach unten gebe es keine Grenze, heißt es in der Leitlinie.
Sie gibt auch Zielwerte für das Non-HDL-C vor. Dieser Wert wird aus dem Gesamtcholesterolwert unter Abzug des HDL-C-Werts ermittelt. Er sollte der ESC/EAS-Leitlinie zufolge nicht höher 2,2 mmol/l (85 mg/dl), 2,6 mmol/l (100 mg/dl) beziehungsweise 3,4 mmol/l (130 mg/dl) für Personen mit sehr hohem, hohem beziehungsweise mittlerem Risiko liegen. Für den HDL-C-Wert gibt die Leitlinie kein Ziel vor.
Auch für die Triglyceride wird kein angestrebter Wert empfohlen. Allerdings seien Werte unter 1,7 mmol/l (150 mg/dl) mit einem niedrigen kardiovaskulären Risiko assoziiert. Erhöhte Werte können dagegen auf eine Dyslipidämie (Fettstoffwechselstörung), Übergewicht, aber auch Schilddrüsenunterfunktion, Nierenerkrankungen oder chronischen Alkoholkonsum hindeuten.
Häufig wird bei den Blutfetten auch der Apolipoprotein-B-Wert (ApoB) mitbestimmt. Dabei handelt es sich um eine Untergruppe der Apolipoproteine, also den Proteinanteil der Lipoproteine. Der ApoB-Wert sollte bei Personen mit sehr hohem Risiko unter 65 mg/dl, bei hohem Risiko unter 80 mg/dl und bei moderatem Risiko unter 100 mg/dl liegen.
Erhöhte Gesamtcholesterolwerte (über 200 mg/dl oder 5,2 mmol/l) können etwa auf ein metabolisches Syndrom, Adipositas, Fehlernährung, Diabetes mellitus oder Hormonstörungen zurückgehen. Zum Teil sind auch Lebererkrankungen, eine Unterfunktion der Schilddrüse, Alkoholmissbrauch oder die Einnahme von bestimmten Arzneimitteln wie Betablocker, Diuretika oder hormonelle Kontrazeptiva die Ursache. In seltenen Fällen ist eine Hypercholesterinämie genetisch bedingt.
Für die Hypertriglyceridämie gilt Ähnliches: Sie kann ebenfalls familiär bedingt sein oder aber auf Fehlernährung, Alkoholmissbrauch und Bewegungsmangel zurückgehen. Bei Diabetes mellitus kommt es ebenfalls häufig zu erhöhten Triglyceridwerten. Auch manche Erkrankungen, etwa der Leber, Niere oder Schilddrüse sowie eine Einnahme der genannten Arzneimittel kommen als Ursache infrage.
Bei zu hohen Blutfettwerten ist eine Umstellung des Lebensstils hin zu einer gesünderen, fettärmeren Ernährung, mehr Bewegung sowie Alkohol- und Rauchverzicht der erste Schritt. Auch der Konsum von schnell resorbierbaren Kohlenhydraten (etwa Weißmehl und Süßgetränke) sollte eingeschränkt werden. Reichen die Maßnahmen nicht aus, um Normalwerte zu erreichen, sollte eine Arzneimitteltherapie begonnen werden.