Welche Abnehmspritze schützt besser vor Herzinfarkt und Schlaganfall? |
| Daniela Hüttemann |
| 13.11.2025 13:30 Uhr |
Es ist wohl nicht der Gewichtsverlust allein, der den kardiovaskulären Schutzeffekt der sogenannten Abnehmspritzen erklärt. / © Getty Images/andreswd
Für beide Antidiabetes- und Antiadipositasmittel liegen Daten aus klinischen Studien vor, dass sie das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkt und Schlaganfall signifikant senken (bislang für einen Zeitraum von fünf Jahren). Nun haben sich von den beiden Herstellern unabhängige Forschenden den Effekt in der echten Welt angesehen – und den GLP-1-Rezeptoragonisten Semaglutid (Ozempic® und Wegovy®) mit dem dualen GLP-1-/GIP-Rezeptoragonisten Tirzepatid (Mounjaro® und Zepbound™) verglichen.
Sie führten fünf Kohortenstudien anhand von fast einer Million Patientendaten von US-Krankenversicherungen durch. Die Patienten hatten ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko und waren entweder mit Semaglutid oder Sitagliptin behandelt worden (das Antidiabetikum gilt als herzneutral und wurde statt eines Placebos genommen) sowie entweder mit Tirzepatid oder Dulaglutid als Vergleichssubstanz. Zudem gab es erstmals einen direkten Head-to-Head-Vergleich der beiden Abnehmspritzen. Die Daten wurden jetzt aufgrund der großen Relevanz vorab im Fachjournal »Nature Medicine« veröffentlicht. Der Editierungsprozess läuft noch.
Die Forschenden bestätigen, dass beide Substanzen vor kardiovaskulären Ereignissen schützen. Zu ihren jeweiligen Vergleichspartnern ist der Unterschied deutlich: Unter Semaglutid sank das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall um 18 Prozent gegenüber Sitagliptin; bei Tirzepatid sank es um 13 Prozent im Vergleich zu Dulaglutid.
Untereinander unterschieden sich Tirzepatid und Semaglutid jedoch kaum. Die Hazard Ratio lag zwischen 0,95 und 1,18, im Schnitt bei 1,06. Die Studienautoren sprechen von einem vergleichbaren Effekt. »Beide Medikamente zeigen eine starke kardioprotektive Wirkung«, betonen die Forschenden um Erstautor Dr. Nils Krüger, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung für Pharmakoepidemiologie und Pharmakoökonomie der Medizinischen Fakultät des Mass General Brigham Hospital in Boston, der Harvard Medical School sowie dem Deutschen Zentrum für Herz- und Kreislauferkrankungen (DZHK) und der Kardiologie der Technischen Universität München.
»Unsere Daten zeigen auch, dass diese Vorteile frühzeitig eintreten, was darauf hindeutet, dass ihre Schutzmechanismen über den Gewichtsverlust allein hinausgehen«, so Krüger. Die genauen biologischen Mechanismen hinter dem kardioprotektiven Effekt seien noch nicht geklärt. Auch bleibt der langfristige Nutzen der Arzneistoffe abzuwarten, da sie erst 2017 beziehungsweise 2022 Jahre in den USA und etwas zeitversetzt in Europa auf den Markt kamen.
Krüger betont den Nutzen einer Auswertung mit Daten aus der Realität der täglichen klinischen Versorgung. »Nach den kürzlich vorgestellten Datenbankanalysen der jeweiligen Hersteller scheint das jeweilige Medikament des Unternehmens das kardiovaskuläre Risiko viel wirksamer zu senken als das des Konkurrenten«, stellten die Wissenschaftler fest, die keine Interessenkonflikten mit den Herstellern Novo Nordisk und Lilly angeben.
»Unsere Studie ergab dagegen nur geringe Unterschiede zwischen Tirzepatid und Semaglutid hinsichtlich des kardiovaskulären Schutzes bei Populationen mit einem Risiko für unerwünschte Ereignisse, was unterstreicht, dass beide Wirkstoffe einen schützenden Nutzen bieten und in die klinische kardiovaskuläre Praxis integriert werden könnten.«