Wegfall von US-Hilfen mit dramatischen Folgen |
Eine der ersten Amtshandlungen der neuen Trump-Regierung war der erneute Austritt der USA aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO). / © IMAGO/U. J. Alexander
In den vergangenen drei Monaten hat die US-Regierung unter Führung von Präsident Donald Trump beinahe die gesamte Finanzierung für Programme der globalen Gesundheit und der humanitären Hilfe eingestellt – mehr als 10.000 Programme und Verträge hat das US-Außenministerium gekündigt. Patientinnen und Patienten in der ganzen Welt sind nun auf der Suche nach Alternativen, um ihre Behandlung fortzusetzen. Medizinische Versorger kämpfen darum, wichtige Angebote aufrechtzuerhalten. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen und andere Hilfswerke schlagen angesichts der rasant wachsenden Nöte in Krisengebieten weltweit Alarm.
»Diese plötzlichen Kürzungen der Trump-Regierung sind eine menschengemachte Katastrophe für Millionen von Menschen, die in Kriegen, während Krankheitsausbrüchen und in anderen Notsituationen ums Überleben kämpfen«, sagt Avril Benoît, Geschäftsführerin von Ärzte ohne Grenzen in den USA. »Wir haben noch nie eine vergleichbare Unterbrechung von humanitären und medizinischen Hilfsprogrammen erlebt. Die Risiken sind katastrophal, da die Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, ohnehin zu den vulnerabelsten Menschen der Welt gehören.«
Die USA waren lange der weltweit größte Geber für internationale medizinische und humanitäre Hilfsprogramme. Das Land steuerte etwa 40 Prozent aller Gelder für solche Programme bei. Die US-Finanzierung trug zur Gesundheit und zum Wohlergehen von Menschen überall auf der Welt bei – und kostete das Land unterm Strich weniger als ein Prozent des jährlichen Haushalts.
»Es ist erschreckend zu sehen, wie die USA ihre Führungsrolle bei der Förderung der globalen Gesundheit und humanitärer Hilfe aufgeben«, sagt Avril Benoît. »US-Hilfen waren ein Rettungsanker für Millionen von Menschen. Diese Unterstützung zu entziehen, wird weltweit zu mehr vermeidbaren Toten und unsagbarem Leid führen.« Diese Wir können diese gefährliche ‚neue Normalität‘ nicht akzeptieren. Wir fordern die US-Regierung und den US-Kongress auf, ihr Engagement für globale Gesundheit und humanitäre Hilfe aufrechtzuerhalten.«
Die abrupte Beendigung großer Teile der Unterstützung hat laut Benoît schon jetzt dramatische Folgen für hilfsbedürftige Menschen, besonders wenn sie von Mangelernährung und Infektionskrankheiten bedroht oder von humanitären Krisen betroffen sind. Die massiven Kürzungen der US-Hilfen seien Teil einer größeren Agenda, die weitreichende Konsequenzen für Menschen hat, deren Zugang zu medizinischer Hilfe bereits durch Verfolgung und Diskriminierung eingeschränkt ist, darunter »geflüchtete Menschen und Migrant*innen, Zivilist*innen in Konfliktgebieten, Menschen aus der LGBTQI+-Community und Menschen, die schwanger werden können«, so Benoît weiter.
Die Zukunft der wenigen übrigen US-finanzierten Hilfsprogramme ist ungewiss. Medienberichten zufolge plant die US-Regierung nun, die ursprünglich auf 90 Tage angesetzte Überprüfungsphase für Auslandshilfen um 30 Tage zu verlängern. Sie hätte eigentlich am 20. April enden sollen.
Ärzte ohne Grenzen nimmt keine Gelder von der US-Regierung an, ist also anders als die meisten anderen Hilfsorganisationen nicht unmittelbar von den umfassenden Kürzungen betroffen. Die Organisation ist entschlossen, weiterhin in mehr als 70 Ländern weltweit medizinische und humanitäre Hilfe zu leisten. Doch kann kein Akteur allein den Bedarfen gerecht werden, so die Organisation.
Ärzte ohne Grenzen arbeitet eng mit anderen medizinischen und humanitären Organisationen zusammen, und viele der Aktivitäten von Ärzte ohne Grenzen hängen mit Hilfsprogrammen zusammen, die durch die Kürzungen unterbrochen wurden. Hilfe zu leiste, wird deutlich schwieriger und teurer werden, wenn so viele Gesundheitsministerien und Partnerorganisationen von den Einschnitten betroffen sind, sagt Benoît. Es werde weniger Orte geben, an die Patientinnen und Patienten für eine spezialisierte Versorgung verwiesen werden können. Außerdem sei mit Versorgungslücken bei humanitären Hilfsgütern zu rechnen.
Die Teams von Ärzte ohne Grenzen beobachten bereits jetzt lebensbedrohliche Konsequenzen: Zuletzt beendete die US-Regierung beinahe alle humanitären Hilfsprogramme im Jemen und in Afghanistan. Beide Länder gehören zu den am stärksten auf humanitäre Hilfe angewiesenen Ländern der Welt. Nach Jahren des Konflikts sind schätzungsweise 19,5 Millionen Menschen im Jemen – mehr als die Hälfte der Bevölkerung – von humanitärer Hilfe abhängig.
Auch in vielen anderen Regionen der Welt sehen die Teams von Ärzte ohne Grenzen, wie US-finanzierte Organisationen überlebenswichtige Aktivitäten reduzieren oder einstellen – darunter Impfkampagnen, den Schutz und die Versorgung von Menschen in Konfliktgebieten, Programme für sexuelle und reproduktive Gesundheit sowie die Versorgung mit sauberem Wasser und sanitären Anlagen.