| Annette Rößler |
| 25.08.2023 12:00 Uhr |
Freddie Mercury, der Sänger der Rockband Queen, starb 1991. Was hätte er wohl dazu gesagt, dass der Song »We will rock you« als Stimulus zur Freisetzung von Insulin aus designten Zellen dienen könnte? / Foto: Imago Images/PA Images
Wissenschaft macht immer dann am meisten Spaß, wenn es gelingt, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Zumindest darf vermutet werden, dass die Mitglieder der Arbeitsgruppe um Professor Dr. Martin Fussenegger von der ETH Zürich in Basel ihren Spaß hatten, als sie die von ihnen entwickelten Zellen im Mausmodell mit verschiedenen Musikstücken testeten. Dass es sich dabei aber durchaus um seriöse Forschung handelt, zeigt die Veröffentlichung der Ergebnisse im Fachjournal »The Lancet Diabetes & Endocrinology«.
Wie Erstautor Haijie Zhao und Kollegen darin berichten, handelt es sich bei den getesteten Zellen um glucoseunempfindliche, aber insulinproduzierende menschliche Betazellen aus dem Pankreas, denen das Gen für den mechanosensitiven Ionenkanal MSCL aus Escherichia coli eingepflanzt wurde. Dieser sitzt natürlicherweise in der Membran des Bakteriums und reguliert den Einstrom von Calcium-Ionen ins Zellinnere: Wird die Membran (durch eine Änderung des Umgebungsdrucks) gedehnt, öffnet sich der Kanal. Bei den designten Zellen führte der Calcium-Einstrom zur Freisetzung von Insulin.
Diesen konnten die Forschenden durch eine Beschallung mit Musik auslösen. Um die erforderliche Druckänderung zu bewirken, musste es dazu ordentlich wummern; Lautstärken um 60 Dezibel (dB) und Bassfrequenzen von 50 Hertz waren am effektivsten. Pausen von mehr als fünf Sekunden durfte es keine geben, sonst sank die Insulinabgabe. Bei 85 dB, was schon so laut ist, dass es unangenehm wird, waren der Song »We will rock you« von Queen gefolgt vom Soundtrack des Actionfilms »Avengers« die Gewinner im Ranking der Insulinfreisetzungs-Stimuli. Weit abgeschlagen waren dagegen Klassik und Gitarrenmusik.
»We will rock you« löste innerhalb von fünf Minuten rund 70 Prozent der Insulinabgabe aus und innerhalb von 15 Minuten die gesamte. Das sei vergleichbar mit der natürlichen glucoseerzeugten Insulinantwort von gesunden Personen, sagt Fussenegger in einer Mitteilung der Universität.