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ABDA-Präsidentschaftskandidatin

Was Overwiening für den Nachwuchs plant

Vergangene Woche gab Gabriele Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, ihre Kandidatur als ABDA-Präsidentin bekannt. Im Gespräch mit der PZ erläutert sie, wie sich die Ausbildung im Hinblick auf Praxisnähe ändern muss und wo sie die Stärken junger Apotheker in der Standespolitik sieht.
Michelle Haß
13.03.2020  17:00 Uhr

PZ: Sie sehen die Patientenorientierung als einer der Kernpunkte der öffentlichen Apotheke. Wird die Ausbildung zum Apotheker, so wie sie aktuell gestaltet ist, dem gerecht?

Overwiening: Wir Apotheker sind Experten für das Arzneimittel und wollen es ebenso für Arzneimitteltherapie sein. Das geht natürlich nur mit der entsprechenden Patientennähe. Nichtsdestotrotz sollte man dabei nicht vergessen, dass Apotheker auch Experten für Arzneimittel als solche sind und dass die eine Expertise die andere ergänzt. Das Curriculum wie wir es heute haben, bietet relativ viel Spielraum. Mit der Verabschiedung des Perspektivpapiers 2030 haben wir die Ausbildungsinhalte noch einmal dahingehend überprüft, ob die Kompetenzen, die man für die öffentliche Apotheke zur Umsetzung des Perspektivpapiers braucht, bedient werden. Daraus ist der »Kompetenzorientierter Lernzielkatalog  Pharmazie – Perspektivpapier« entstanden. Wenn dieser so von den Universitäten umgesetzt wird, ist das ein großer Schritt in die richtige Richtung.

PZ: Was ist notwendig, damit das Studium praxis- und patientennaher wird, auch in Hinblick auf die bevorstehende Novellierung der Approbationsordnung (AApO)?

Overwiening: Die Änderung der AApO kann ich mir dahingehend vorstellen, dass ein Schwerpunkt auf Inhalte wie Kommunikationsfähigkeiten, interprofessionelle Zusammenarbeit, Patientenorientierung, Indikationsregelungen und Instrumente wie Medikationsanalyse und –management gelegt wird.

Die Mehrzahl der Studierenden will mit ihrem Beruf Menschen helfen. Hier glaube ich, dass die interprofessionelle Zusammenarbeit und die Patientenorientierung riesige Chancen eröffnen. Schließlich ist die Identifikation mit meiner Aufgabe als Apotheker für die eigene Berufszufriedenheit und das entsprechende Selbstbewusstsein, das Richtige zu tun, unerlässlich.

PZ: Wie kann man den Bereich öffentliche Apotheke gerade für junge Apotheker wieder attraktiver machen?

Overwiening: Apotheker müssen in der Politik und Gesellschaft unbedingt mehr Wertschätzung für ihre Aufgabe erfahren. Die Politik macht einen großen Fehler, wenn sie Arzneimittel bagatellisiert und nur noch der Preis als einziger Wert eines Arzneimittels gilt. Wenn man das tut, dann bagatellisiert man auch unsere Aufgabe als Apotheker, die Bevölkerung mit Arzneimitteln zu versorgen. Das Pharmaziestudium ist sehr anspruchsvoll, unsere Aufgabe in der täglichen Versorgung ist es ebenso. Sie ist eben unverzichtbar. Zur Wertschätzung gehört im Übrigen auch eine entsprechende Honorierung der apothekerlichen Tätigkeit. Hier herrscht enormer Nachholbedarf. Es ist also wichtig, dass die Politik sich durch eine Anpassung der Rahmenbedingungen – nicht nur mit Lippenbekenntnissen – zu der Verantwortung, die Apotheker für das Allgemeinwohl übernehmen, bekennt und konsequent danach handelt.

PZ: Sie bilden selbst Pharmazeuten im Praktikum aus. Denken Sie, dass die die Ausbildung im praktischen Jahr standardisiert werden sollte, um die Qualität zu sichern?

Overwiening: Was die Ausbildung in den Apotheken betrifft, ist es erfreulich, dass wir eine Ausbildungsleitlinie von der Bundesapothekerkammer (BAK) haben. Ich begrüße es, wenn ausbildende Apotheker sich daran orientieren. Aber auch die Pharmazeuten im Praktikum (PhiP) sind dazu verpflichtet, selbst mit Sorge dafür zu tragen, dass sie etwas lernen. Schon vor Beginn des praktischen Jahrs sollten sie sich deshalb eine Apotheke als Praktikumsort suchen, die geeignet ist, und wo das Team sichtbar gewillt ist, gut auszubilden.

PZ: Sie haben jetzt mehrmals das Thema Interprofessionalität angesprochen. Wie sieht für Sie eine optimale Zusammenarbeit mit den anderen Heilberufen aus?

Overwiening: An vielen Stellen reicht es aus, wenn wir die Daten verlässlich und sicher austauschen, beispielsweise über eine elektronische Patientenakte. In diese sollten wir als Apotheker neben Haus- und Fachärzten Einblick haben und sie mitpflegen können. Außerdem müssen wir mehr Entscheidungskompetenzen erhalten. Erreichen können wird das durch das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) und die darin geplante Legitimation und Honorierung von pharmazeutischen Dienstleistungen, auf die jeder Patient Anspruch haben soll. Wir entschieden dann, wann sie für den Patienten notwendig sind und wann nicht.

PZ: Wie könnte man die interprofessionelle Zusammenarbeit schon während der Ausbildung fördern?

Overwiening: Ich verweise hier auf gute Konzepte wie an der Universität in Münster, wo Studierende der Medizin und Pharmazie gemeinsam Vorlesungen im Fach Pharmakologie besuchen. So kann man sich gegenseitig besser zu verstehen lernen. Gleiches gilt für das 2015 gestartete Projekt der Apothekerkammer Niedersachsen mit der Universität Hannover, wo angehende Ärzte und Apotheker während ihres praktischen Jahrs gemeinsam Patientenfälle besprechen. Die jeweiligen Aufgabenschwerpunkte werden nachvollziehbar und dadurch entsteht gegenseitiger Respekt. Auch die Studierendenverbände können einen stärkeren Austausch pflegen und zusammenwachsen.

Bereits approbierte Apotheker und Ärzte sollten außerdem mit gutem Beispiel vorangehen und gemeinsame Projekte etablieren. Auch gemeinsame Qualitätszirkel vor Ort, so wie es in Holland praktiziert wird, können die Interprofessionalität verbessern. Schließlich orientieren sich Studieninhalte auch daran, was später im Alltag gebraucht und realisiert wird.

PZ: Eins Ihrer Ziele ist es, einen intensiven Austausch innerhalb der Apothekerschaft zu pflegen. Wollen Sie dafür auch mehr junge Apotheker in die Standespolitik einbinden?

Overwiening: Unbedingt. Ich bin davon überzeugt, dass der Mix aus Alt und Jung wichtig ist, um den Berufsstand voranzubringen. Nur mit der Dynamik und dem Veränderungswillen der Jungen in Kombination mit der Erfahrung der älteren Generation werden wir gemeinsam erfolgreich sein.

PZ: Wie möchten Sie das erreichen?

Overwiening: In Westfalen-Lippe halten wir als Kammer engen Kontakt zum Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) und zu den Fachschaften der Universitäten. Als Apothekerkammer wollen wir für die Studierenden von Anfang an präsent sein. Beispielswiese veranstalten wir zu Beginn des Studiums ein Erstsemester-Frühstück, damit die angehenden Apotheker schon frühzeitig in einem zwanglosen Rahmen mit der Standespolitik in Kontakt kommen und Berührungsängste verlieren. Anfang des fünften Semesters veranstalten wir eine Weißkittel-Zeremonie, kurz vor dem dritten Examen lädt die Kammer zu einem Info-Abend zur beruflichen Orientierung ein. Diesen kontinuierlichen Austausch und ein Miteinander wünsche ich mir verstärkt auch auf der Bundesebene. Ich bin sicher, es lohnt sich, unseren Nachwuchs kreativ in die Standespolitik einzubinden.

PZ: Worin sehen Sie die Stärken der jungen Apothekerschaft?

Overwiening: Die junge Apothekerschaft ist eine unverbrauchte, enthusiastische und kraftvolle Gruppe, deren Ideale noch nicht zu sehr von der Realität abgefeilt worden sind. Das große Potential, Ideen und Vitalität in den Berufsstand zu bringen, festgefahrene Überzeugungen aufzubrechen, erleben wir seit mehreren Jahren übrigens auch in unserem Vorstand, wo mehr als die Hälfte der Mitglieder 45 Jahre und jünger sind oder in Formationen wie dem Nachwuchsauschuss, Arbeitszirkeln für PhiP und Filialleiter sowie Runden Tischen für junge Pharmazeuten. Wer noch sein gesamtes Berufsleben vor sich hat, verfügt über eine andere Motivation, sich kreativ einzubringen. Außerdem glaube ich, dass gerade die junge Apothekergeneration sehr authentisch für Kernthemen wie Patientenorientierung steht.

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