| Christina Hohmann-Jeddi |
| 28.11.2025 16:20 Uhr |
Die monatlichen Blutung ist für viele Frauen mit Schmerzen verbunden. / © Getty Images/Westend61/4r3p
Eine Dysmenorrhö, also Schmerzen um den Zeitpunkt der Menses herum, betrifft viele Frauen. Das berichtete Professor Dr. Ariane Germeyer, Ärztliche Leiterin des Endometriosezentrums am Universitätsklinikum Heidelberg, kürzlich beim Herbstkongress der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg in Heidelberg. Die Schmerzen dauern etwa 8 bis 72 Stunden an und können von Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Rückenschmerzen, Schwindel und Müdigkeit begleitet sein. Häufig kommt es bei Frauen mit Migräne zu Kopfschmerzattacken rund um die Menstruation. »Die Beschwerden beginnen etwa sechs Monate nach der Menarche und lassen im Lauf des Lebens nach«, sagte die Ärztin.
Wie viele Frauen von Dysmenorrhö betroffen sind, lasse sich nur schwer erfassen – laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation könnten es je nach Studie 17 bis 81 Prozent sein. Schwere Formen haben etwa 12 bis 14 Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter. Das sei mit relevanten wirtschaftlichen Folgen aufgrund von Arbeitsausfall verbunden, berichtete Germeyer. Regelmäßig Schmerzen zu haben, belaste die Frauen – in ihrer Schlafqualität, Lebensqualität und ihren Möglichkeiten, aktiv zu sein. Außerdem erhöhe sich das Risiko für chronische Schmerzen.
Wie kommt es zu den Regelschmerzen? Germeyer zufolge aktiviert der Abfall des Hormons Progesteron in der zweiten Zyklushälfte das Enzym Phospholipase A, das aus freigesetzten Phospholipiden vermehrt Arachidonsäure bildet. Diese werde über die Cyclooxygenase (COX) zu Prostaglandinen wie PGF2alpha oder PGE2 umgewandelt. Die Botenstoffe lösen die Kontraktion der Gebärmutter und eine Vasokonstriktion aus, was zu Krämpfen und Schmerzen führt.
Zur Therapie der Beschwerden könnten Hormone als orale Kontrazeption eingesetzt werden – wenn kein Schwangerschaftswunsch besteht. Wenn eine Hormongabe nicht gewünscht oder nicht erfolgreich ist, kommen Schmerzmittel, vor allem unselektive COX-Inhibitoren wie Ibuprofen, Diclofenac und Naproxen, selten selektive COX-Inhibitoren, zum Einsatz. Diese hemmen nicht nur den Schmerz, sondern die Bildung der kontraktionsfördernden Prostaglandine, betonte die Referentin. Daher wäre eine Einnahme schon vor den akuten Schmerzen hilfreich, um die Bildung der Botenstoffe zu hemmen. Darüber hinaus könne man bei Dysmenorrhö mit Wärme arbeiten oder ein TENS-Gerät (TENS: transkutane elektrische Nervenstimulation) verwenden.
Zudem könnten die Frauen Vitamin E supplementieren, was die COX-Aktivität hemmt und die Prostazyklin-Aktivität steigert. Da ein Vitamin-B-Mangel zu Muskelkrämpfen und Müdigkeit führt, könnte eine Substitution bei entsprechenden Symptomen hilfreich sein.
Immer mehr Frauen mit ausgeprägten Menstruationsbeschwerden vermuten inzwischen, eine Endometriose zu haben, berichtete die Frauenärztin. »Endometriose ist derzeit ein Riesenthema.« Die Erkrankung erhalte zunehmend mehr Aufmerksamkeit, was positiv sei, doch auf der anderen Seite dazu führe, dass spezialisierte Zentren so überlastet seien, dass tatsächlich betroffene Frauen keine Hilfe bekämen.
Die beiden Beschwerdebilder ließen sich schlecht auseinanderhalten. Das Leitsymptom der Endometriose seien Schmerzen bei der Menstruation. Zusätzlich könnten Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, Wasserlassen und Stuhlgang sowie Blut im Stuhl oder Urin hinzukommen. »Viel Schmerz heißt dabei nicht viel Endometriose«, betonte die Gynäkologin. Manche Frauen mit ausgeprägten Endometrioseherden hätten keine Schmerzen und manche Frauen mit starken Schmerzen keine Endometriose.
Zur Diagnose gebe es bisher keine Biomarker oder Bluttests, obwohl viele Arbeitsgruppen daran forschten. Endometrioseherde ließen sich je nach Lokalisation mit Ultraschall, gynäkologischer Untersuchung oder einer Bauch- oder Blasenspiegelung nachweisen. Bei Endometrioseherden handelt es um Zellgruppen, die der Gebärmutterschleimhaut ähneln und wie diese bei Progesteronabfall bluten, die sich aber außerhalb der Gebärmutter befinden.
Das Therapieziel – bei Verdacht und bei bestätigter Diagnose – sei eine Blutungsfreiheit und mithilfe von hormoneller Verhütung zu erreichen. »Das Problem: Ich kann entweder die Schmerzen behandeln oder einen Kinderwunsch umsetzen.« Patientinnen, die schwanger werden wollen, rate sie, vor Absetzen der Pille den Partner zum Spermiogramm zu schicken, um nicht unnötig lang umsonst Blutungen zu haben. Da es sich um eine gutartige Erkrankung handelt, sollte sie medikamentös therapiert werden, empfahl Germeyer.
Als medikamentöse Optionen nannte sie reine Gestagene, Pillen im Langzyklus, Hormonspirale und GnRH-Agonisten oder -Antagonisten. »Das Portfolio ist groß.« Wenn ein Präparat nicht vertragen werde, könne man auf ein anderes wechseln. Infrage komme etwa das synthetische Gestagen Dienogest, das allerdings wie andere Gestagene auch negativ auf die Psyche wirken könne. Während Dienogest-Monopräparate zur Endometriose-Therapie zugelassen sind und von der Krankenkasse erstattet werden, müssten Frauen Gestagenpräparate, die nur zur Verhütung zugelassen sind, selbst bezahlen. Operationen seien nur selten, etwa zur Schmerzreduktion bei Kinderwunsch oder zur Diagnosestellung, indiziert.