Was hat es mit den jeweiligen Hand-Briefen auf sich? |
Carolin Lang |
25.01.2021 07:00 Uhr |
Achtung, Aufmerksamkeit ist gefragt: Handbriefe informieren über neue Arzneimittelrisiken. / Foto: Adobe Stock / Maksim Kostenko
Erscheint in der Apotheke ein Briefumschlag mit dem Symbol einer roten Hand, bedeutet dies: Wichtige Mitteilung über ein Arzneimittel! In dem sogenannten Rote-Hand-Brief informiert der pharmazeutische Unternehmer sowohl Apotheker als auch Ärzte über aktuelle und sicherheitsrelevante Informationen zu bestimmten Arzneimitteln. Sie werden in Absprache mit der jeweils zuständigen Bundesoberbehörde, das heißt dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI), versendet.
Die Handbriefe sind ein wichtiges Instrument zur Erhöhung der Sicherheit im Arzneimittelverkehr. Das offizielle Schreiben enthält beispielsweise Hinweise auf bislang unbekannte Arzneimittelrisiken, pharmazeutische Änderungen, beispielsweise den Anwendungsbereich betreffend, oder Informationen über Rückrufe. Solche neuen Erkenntnisse gewinnen die Hersteller in der Regel aus Daten der sogenannten Post-Marketing-Überwachung, welche das Arzneimittelgesetz (AMG) vorschreibt. Demnach sind Hersteller verpflichtet, über die Zulassung eines Arzneimittels hinaus kontinuierlich Daten zu Erfahrungen bei der Arzneimittelanwendung zu sammeln und systematisch auszuwerten.
Während der klinischen Erprobung eines Arzneimittels können seltene oder sehr seltene unerwünschte Wirkungen, Wechselwirkungen oder andere Risiken nicht immer vollständig erkannt werden, da die Arzneimittel zunächst an einer relativ geringen Probandenzahl geprüft werden. Die kontinuierliche Sammlung und Auswertung von Erfahrungen bei der Arzneimittelanwendung soll somit auch solche Erkenntnisse erfassen, die sich erst lange Zeit nach der Zulassung ergeben. Ein aktuelles Beispiel dafür ist Metamizol: Der Arzneistoff ist nun seit fast 100 Jahren im Handel, trotzdem erschien im Dezember 2020 ein Rote-Hand-Brief zu dem Wirkstoff. In diesem informierten Hersteller über mögliche arzneimittelinduzierte Leberschäden unter der Einnahme von Metamizol und riefen Fachkreise dazu auf, Patienten über mögliche Frühsymptome zu informieren.
Die rote Hand bedeutet: Wichtige Mitteilung über ein Arzneimittel! / Foto: PZ/Daniela Hüttemann
Apotheker sind ein wichtiger Teil dieses Pharmakovigilanz-Systems: Sie sind dazu verpflichtet bei der Ermittlung, Erkennung und Erfassung von Arzneimittelrisiken mitzuwirken, indem sie bei Verdacht auf unerwünschte Arzneimittelwirkungen der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) oder bei Qualitätsmängeln zusätzlich der zuständigen Behörde Meldung machen. Die AMK leitet die aufgearbeiteten Berichte dann an das BfArM beziehungsweise PEI weiter, die ihre Berichte wiederum an die »Eudra Vigilance«, eine europäische Pharmakovigilanz-Datenbank, übermitteln. Auch Patienten sind dazu angehalten unerwünschte Arzneimittelwirkungen ihrem Apotheker, Arzt beziehungsweise dem BfArM oder PEI zu melden.
Der Apothekenleiter oder ein von ihm beauftragter Apotheker ist außerdem für die Erfassung von Arzneimittelrisiken sowie für die Einleitung erforderlicher Maßnahmen zu deren Abwehr und Dokumentation verantwortlich. Möglichen Forderungen in Rote-Hand-Briefen ist also Folge zu leisten. Bei einem Chargenrückruf zu einem Arzneimittel beispielsweise müssen Apotheken ihren Bestand auf betroffene Chargen überprüfen und gegebenenfalls an den Großhandel oder Hersteller zurücksenden oder vernichten. Zudem müssen sie alle Aufzeichnungen über den Rückruf sowie die Rückgabe der Arzneimittel vollständig und mindestens bis ein Jahr nach Ablauf des Verfalldatums, jedoch nicht weniger als fünf Jahre, aufbewahren.
Neben dem Versand durch den Hersteller erhalten Apotheken Rote-Hand-Briefe auch über AMK-Meldungen in Fachzeitschriften. Bei der PZ sind diese im Serviceteil des Heftes unter »AMK-Nachrichten« zu finden. Sie können außerdem online tagesaktuell beispielsweise über die Internetseite der AMK oder über den ABDA-RSS-Feed abgerufen werden. Darüber hinaus sind sie im sogenannten Plus X-Modul der ABDADatenbank² enthalten, so dass Apotheken über ihre Warenwirtschaft Zugriff auf die PDF-Versionen dieser Dokumente haben.
Beim sogenannten Blaue-Hand-Brief handelt es sich um offizielles Schulungsmaterial zu Arzneimitteln. Das Symbol der blauen Hand ist dem des Rote-Hand-Briefs nachempfunden und dient als Kennzeichnung dafür, dass das vorliegende Material behördlich geprüft und genehmigt wurde. Es dient als Ergänzung zur Packungsbeilage und zur Fachinformation und kann durch die zuständige Bundesoberbehörde angeordnet werden, wenn besondere Informationen zur Minimierung bestimmter Arzneimittelrisiken für erforderlich gehalten werden. Die zuständige Behörde kontrolliert und genehmigt das vom jeweiligen Hersteller zur Verfügung gestellte Material anschließend. Inhaltlich kann es sich dabei zum Beispiel um Leitfäden und Checklisten für Fachkreise oder Informationsbroschüren und Ausweise für Patienten handeln. Die Verteilung an Ärzte und Apotheker erfolgt durch den pharmazeutischen Unternehmer. BfArM und PEI stellen die Materialien außerdem online zur Verfügung. Daneben kann Apothekenpersonal das Schulungsmaterial auch über die ABDADatenbank² direkt in der Apothekensoftware abrufen.
Das Symbol der blauen Hand soll es Ärzten, Apothekern und Patienten erleichtern, das Schulungsmaterial zu erkennen und von weiteren nicht behördlich geprüften Schulungsmaterialien abzugrenzen. Dadurch sollen die Adressaten verlässlicher erreicht werden. Anlass für die im Jahr 2016 eingeführte Kennzeichnung waren Hinweise der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), dass besagtes Schulungsmaterial beim Empfänger offenbar leicht mit Werbung verwechselt und entsorgt wird, was in der Vergangenheit vereinzelt zu Medikationsfehlern führte.
Der Grüne-Hand-Brief stellt eine Besonderheit unter den Handbriefen dar. Denn es handelt sich hierbei nicht um ein offizielles Schreiben, sondern um die Mitgliederzeitschrift des Bundesverbands der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD). Darin informiert der Verband unter anderem über aktuelle Arbeiten, interne Neuerungen sowie vergangene Projekte. Die Printversion liegt viermal jährlich der PZ-Teilauflage für Universitäten bei. Das nächste Mal wird die Zulage in der kommenden Ausgabe 4 der PZ erscheinen. Alle vergangenen Ausgaben können Interessierte zudem auf der Internetseite des Verbands herunterladen.