Was die Schilddrüsenwerte bedeuten |
| Laura Rudolph |
| 23.08.2023 18:00 Uhr |
Das Thyreoidea-stimulierende Hormon (TSH) regt die Schilddrüse zur Bildung von Triiodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) an und ist der erste Laborparameter, der bei Verdacht auf eine Schilddrüsenfunktionsstörung untersucht wird. / Foto: Getty Images/Md Saiful Islam Khan
Die Schilddrüse wiegt nur 20 bis 30 Gramm, übernimmt mit ihren Hormonen Triiodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) jedoch essenzielle Stoffwechselaufgaben. Die beiden wirken stoffwechselsteigernd. Sie erhöhen den Grundumsatz, fördern das Körperwachstum und erhöhen die Wärmeproduktion sowie die Herzfrequenz. T3 besitzt ein Jod-Atom weniger und ist etwa drei bis acht Mal wirksamer als die Speicherform T4, die dafür eine weitaus höhere Halbwertszeit aufweist (20 Stunden versus sieben Tage).
Produziert die Schilddrüse zu viel T3 und T4, läuft der Stoffwechsel übertourig. Es kann etwa zu Herzrhythmusstörungen, hohem Blutdruck und Unruhe sowie zu Gewichtsverlust trotz ständigen Heißhungers und zu vermehrtem Schwitzen kommen. Eine Unterfunktion der Schilddrüse äußert sich dagegen beispielsweise durch Erschöpfung, Kälteempfindlichkeit oder eine mäßige Gewichtszunahme sowie durch einen niedrigen Puls und Blutdruck.
Bei Verdacht auf eine Schilddrüsenerkrankung liefert ein Bluttest erste Anhaltspunkte dafür oder dagegen. Wegweisend ist das Thyreoidea-stimulierende Hormon (TSH), das in der Hypothalamus-Hypophysen-Achse der Produktion der Schilddrüsenhormone direkt übergeordnet ist. So sieht der Regelkreis aus: Das Thyreotropin-releasing-Hormon (TRH) aus dem Hypothalamus regt die Hirnanhangdrüse (Hypophyse) zur TSH-Synthese an. TSH stimuliert die Schilddrüse zur Produktion und Freisetzung von T3 und T4, die wiederum über einen starken negativen Feedbackmechanismus die TSH-Produktion reduzieren.
Der TSH-Wert reagiert empfindlich auf eine Änderung der Schilddrüsenhormonproduktion. Bei einer Überfunktion der Schilddrüse kann TSH bis unter die Nachweisgrenze sinken, bei einer Unterfunktion stark ansteigen. Ein TSH-Wert im Normbereich schließt eine Funktionsstörung der Schilddrüse dagegen mit hoher Wahrscheinlichkeit aus. Der TSH-Wert steigt mit Alter und Gewicht. Laut der S2k-Leitlinie »Erhöhter TSH-Wert in der Hausarztpraxis« liegt der Referenzbereich für Erwachsene bis 70 Jahre bei 0,4 bis 4,0 mU/l, für 71- bis 80-Jährige bei maximal 5,0 mU/l und für Über-80-Jährige bei maximal 6,0 mU/l.
Innerhalb eines Tages kann TSH um bis zu 30 Prozent schwanken. Auch im Jahresverlauf könnte es eine gewisse Schwankungsbreite geben mit Höchstwerten in den Winter- und Tiefstwerten in den Sommermonaten, wie eine Studie nahelegt (»Journal of the Endocrine Society« 2022, DOI: 10.1210/jendso/bvac054). Daher könnten wiederholte Messungen ein realistischeres Bild der Situation geben. Da viele Faktoren den TSH-Wert beeinflussen, ist bei wiederholten Messungen auf gleiche Bedingungen bei der Blutentnahme zu achten (Uhrzeit, Nahrungsaufnahme, Medikamenteneinnahme).
Ist der TSH-Wert erniedrigt, deutet dies auf eine Schilddrüsenüberfunktion hin. Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt lässt dann in der Regel die Serumspiegel des freien T3 (fT3) und freien T4 (fT4) bestimmen. Das ist der (jeweils sehr geringe) Anteil von T3 und T4 , der frei im Blut zirkuliert und nicht an Transportproteine gebunden ist. Bei Verdacht auf eine Autoimmunerkrankung prüft das Labor das Serum zusätzlich auf bestimmte Schilddrüsen-Autoantikörper.
| TSH | fT3/fT4 | Sonderformen | |
|---|---|---|---|
| Schilddrüsenüberfunktion | ↓ | ↔ (latent) oder ↑ (manifest) | Morbus Basedow: TRAK und TPO-AK ↑ |
| Schilddrüsenunterfunktion | ↑ | ↔ (latent) oder ↓ (manifest) | Hashimoto-Thyreoditis:TPO-AK und Tg-AK↑ |
Im Anfangsstadium einer Überfunktion kann der Körper die hormonelle Schieflage noch eine Zeit lang ausgleichen. Trotz bereits niedrigem TSH liegen die Werte für fT3 und fT4 dann noch im Normbereich; man spricht von latenter Hyperthyreose. Diese kann später in eine manifeste Hyperthyreose mit erhöhten fT3/fT4-Werten übergehen.
Es gibt viele mögliche Ursachen für eine Hyperthyreose:
Behandelt wird eine Hyperthyreose meist mit Thyreostatika, die die Synthese oder Freisetzung der Schilddrüsenhormone über unterschiedliche Mechanismen hemmen. Je nach Grunderkrankung kann auch eine Radiojodtherapie oder Operation zur Entfernung von Schilddrüsengewebe nötig sein.
Eine Unterversorgung mit T3 und T4 entlarvt sich in der Blutuntersuchung durch den kompensatorisch erhöhten TSH-Wert und erniedrigte fT3/fT4-Werte. Eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) kann angeboren sein. Sie kann aber auch im Laufe des Lebens entstehen. Behandelt wird sie in der Regel mit synthetischem Levothyroxin (L-Thyroxin).
Mögliche Ursachen für eine Hypothyreose sind etwa:
Es wird deutlich: Schilddrüsenerkrankungen können sehr komplex sein und Blutergebnisse sind immer im Gesamtkontext zu betrachten. Weiterführend können etwa Ultraschall oder die Szintigrafie (nuklearmedizinisches bildgebendes Verfahren) zur Diagnosefindung beitragen.
Was bedeutet ein Kreatininwert von 1,7 mg/dl? Worauf deutet ein erhöhter CRP-Wert hin? Solche Fragen können sich auch in der Apotheke bei der Beratung stellen. In einer Serie gibt die PZ einen Überblick über wichtige Laborparameter, die man durch Untersuchungen von Blut- oder Urinproben ermitteln kann.