Was die Nierenwerte aussagen |
Christina Hohmann-Jeddi |
31.01.2024 09:00 Uhr |
Ob sich Albumin oder Erythrozyten im Urin befinden, lässt sich mithilfe von speziellen Teststreifen herausfinden. / Foto: Adobe Stock/L. Drechsel
Die Nieren haben wichtige Aufgaben im Organismus: Sie filtern Schadstoffe und Stoffwechselabbauprodukte aus dem Blut und eliminieren diese, regulieren den Wasser- und Elektrolythaushalt sowie den Blutdruck und bilden Hormone. Verschiedene Erkrankungen wie Infektionen, Entzündungen, Tumore, Diabetes oder Vergiftungen können die Leistung der Nieren stören. Für die Arzneimitteltherapie hat das eine besondere Bedeutung, da etwa die Hälfte aller Wirkstoffe über die Nieren ausgeschieden werden. Es ist daher häufig in der Praxis nötig, die Nierenfunktion zu ermitteln. Wie funktioniert das?
Um eine eingeschränkte Nierenfunktion festzustellen, werden die sogenannten Nierenwerte aus dem Blut bestimmt. Hierzu zählen etwa die Konzentrationen von Kreatinin, Cystatin C und Harnstoff. Zudem können Nierenschäden auch durch Urinuntersuchung auf Albumin oder Häm und durch Ultraschalluntersuchungen der Niere und der ableitenden Harnwege abgeschätzt werden.
Bei Kreatinin handelt es sich um ein Abbauprodukt der Säure Kreatin, die an der Energieversorgung von Muskelzellen beteiligt ist. Kreatinin wird von Muskeln bei Aktivität freigesetzt und gehört zu den harnpflichtigen Substanzen, was bedeutet, dass die Substanz mit dem Urin ausgeschieden werden muss. Sie wird mit einer konstanten Rate von etwa 1,0 bis 1,5 g pro 24 Stunden über die Nieren eliminiert, die von der individuellen Muskelmasse und Nierenfunktion abhängt. Auch Alter, Geschlecht und Ethnie spielen eine Rolle.
Der Kreatinin-Spiegel im Blut beträgt etwa 0,8 bis 1,25 mg/dl (Männer) beziehungsweise 0,7 bis 1,1 mg/dl (Frauen). Problematisch ist, dass der Spiegel erst bei einer stark eingeschränkten Filtrationsleistung (minus 50 Prozent) der Niere ansteigt, weshalb ein normaler Kreatininwert eine Nierenfunktionsstörung nicht ausschließt.
Genauere Aussagen lässt die sogenannte Kreatinin-Clearance zu, die allerdings recht aufwendig zu ermitteln ist. Sie wird mithilfe der Kreatininwerte in Serum und Urin, des Volumens des 24-Stunden-Sammelurins und der Körpergröße sowie des -gewichts berechnet. Der Referenzbereich hängt von Geschlecht und Alter ab. So liegt er bei jungen Männern (25 Jahre) zwischen 95 und 140 ml/min und bei älteren Männern (75 Jahre) zwischen 50 und 80 ml/min. Für Frauen gelten noch ein wenig niedrigere Referenzwerte, nämlich 70 bis 110 ml/min für 25-Jährige und 35 bis 60 ml/min für 75-Jährige.
Über die Kreatinin-Clearance lässt sich die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) ermitteln, also das in einer bestimmten Zeiteinheit von den Nieren filtrierte Urinvolumen. Die GFR kann alternativ auch mithilfe der Cystatin-C-Clearance berechnet werden. Cystatin C ist ein Cystein-Protease-Inhibitor aus der Cystatin-Superfamilie. Das niedermolekulare Protein wird von den meisten kernhaltigen Körperzellen in relativ konstanter Rate produziert.
Um sich die Gewinnung von 24-Stunden-Sammelurin zu ersparen, kann auch die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (eGFR) aus dem Serum-Kreatininwert errechnet werden. Dies erfolgt mithilfe der Faktoren Alter, Geschlecht und Ethnie nach verschiedenen Formeln, die jeweils bestimmte Vor- und Nachteile haben.
Ein weiterer Nierenwert, der aus dem Blut bestimmt werden kann, aber auch zum Teil im Urin ermittelt wird, ist die Harnstoffkonzentration. Harnstoff ist das Hauptabbauprodukt des Proteinstoffwechsels und entsteht in der Leber. Die Harnstoffkonzentration im Blut hängt neben der Nierenfunktion von der Eiweißaufnahme und dem Ernährungszustand des Körpers ab.
Der Harnstoffwert im Blut sollte zwischen 12 und 50 mg/dl liegen. Zu hohe Werte deuten auf ein akutes oder chronisches Nierenversagen, erhöhten Eiweißkonsum oder Fieber hin. Da die Harnstoffkonzentration erst bei stark eingeschränkter Nierenfunktion ansteigt, ist sie ein unzuverlässiger Marker. Sie wird vor allem zur Diagnose und Verlaufskontrolle eines Nierenversagens ermittelt.