»Was das BMG anstrebt, ist ein neuer Beruf« |
| Alexandra Amanatidou |
| 27.10.2025 18:00 Uhr |
»Wir freuen uns zwar über die Reformvorschläge zur Aufwertung des PTA-Berufs, doch ohne eine entsprechende Honorarerhöhung sind sie nutzlos«, sagt Anja Zierath, Bundesvorsitzende des Bundesverbands für PTA (BVpta). / © BVpta
PZ: In einer BVpta-Umfrage im Sommer hatten 98 Prozent der Befragten angegeben, dass sie sich nach einer Weiterqualifizierung ein höheres Gehalt wünschen. Die erwartete Honoraranpassung für Apothekerinnen und Apotheker ist jedoch ausgeblieben. Wie passt das zusammen?
Zierath: Wir freuen uns zwar über die Reformvorschläge zur Aufwertung des PTA-Berufs, doch ohne eine entsprechende Honorarerhöhung sind sie nutzlos. Ich kann meine Energie nicht in eine zweijährige Weiterqualifikation investieren, wenn es am Ende gar keine Apotheken mehr gibt. Zunächst muss die Politik die Apotheke vor Ort sichern. Wenn eine Apotheke ihre Angestellten nicht mehr bezahlen kann, dann nützt eine Weiterqualifizierung auch nichts. Dass eine Weiterqualifizierung aber auch höhere Vergütungen ermöglichen sollte, ist schon klar. Was das Bundesgesundheitsministerium anstrebt, ist kein Weiterbildungsangebot, sondern ein neuer Beruf. Es ist ein höher qualifizierter Beruf und eine Zwischenstufe zwischen PTA und Apotheker, weshalb es natürlich auch eine Zwischenstufe beim Gehalt geben muss. Hier könnte man sich an den Pharmazieingenieurinnen und Pharmazieingenieuren orientieren.
PZ: Hätten wir den Beruf der Pharmazieingenieurin und des Pharmazieingenieurs vielleicht nie aufgeben sollen?
Zierath: Ich komme aus dem Osten und kenne dieses Berufsbild daher sehr gut. Gerade kleine oder ländliche Apotheken werden in ein paar Jahren enorme Probleme bekommen, wenn es keine Pharmazieingenieurinnen und -ingenieure mehr gibt. Sie waren bislang eine unglaubliche Stütze. Ich weiß nicht, ob es richtig oder falsch war, diesen Beruf nicht weiter auszubilden. Aber ich bin der Meinung, dass man auf jeden Fall von diesem Berufsbild lernen kann und dass man sich dieses wieder in den Blick richten sollte. Wir sollten uns Gedanken über neue, moderne und zukunftsträchtige Berufswege machen.
PZ: Die meisten Apothekerverbände äußern Bedenken hinsichtlich der in der Apothekenreform vorgesehenen PTA-Vertretung.
Zierath: Die Reaktion ist verständlich. Ich glaube, die Abwehrhaltung könnte auch auf Ängste zurückzuführen sein. Beispielsweise die Angst, dass der Apothekerberuf herabgestuft werden könnte oder die Reform Schlupflöcher für einen Fremdbesitz aufmacht.
PZ: Welche Reaktion von den Apothekerinnen und Apothekern hätten Sie sich gewünscht?
Zierath: Ich hätte mir gewünscht, dass offen über die eigentlichen Probleme und die Gründe für die Ablehnung gesprochen wird. Es wird nur ganz allgemein über die abgelehnten Punkte gesprochen. Sie werden als gefährlich abgestempelt, aber die genannten Beispiele sind für mich nicht greifbar. Ich habe auch nicht das Gefühl, dass diese Probleme von allen Apothekerinnen und Apothekern in Deutschland geteilt werden. Mir fehlt die Argumentation: Warum ist etwas gefährlich? Ich hätte mir außerdem gewünscht, dass man mit uns ins Gespräch gegangen und offen kommuniziert hätte.
PZ: Was nehmen Sie aus den persönlichen Gesprächen mit?
Zierath: Ich habe zahlreiche Rückmeldungen erhalten und selbst positive Gespräche mit Apothekerinnen und Apothekern geführt, in denen wir konstruktiv an die Sache herangegangen sind. Eine Gefahr, die ich sehe, ist das Thema Fremdbesitzverbot. Ich wäre die Letzte, die möchte, dass da irgendwelche Hintertüren geöffnet werden, die niemals geöffnet werden sollten. Auch ich möchte keine Amerikanisierung des Gesundheitssystems und keine Möglichkeit, Medikamente in Supermärkten, Drogerien und Tankstellen zu kaufen. Ich bin mir aber sicher, dass wir mit konstruktiven Gesprächen und einem klar definierten Berufsbild Lücken und Hintertüren schließen können. Vieles lässt sich gesetzlich regeln, wenn wir wirklich nach Lösungen suchen. Aber stattdessen wird alles von vornherein glattgeredet und niedergestrampelt.
Anja Zierath, Bundesvorsitzende des Bundesverbands für PTA (BVpta). / © BVpta
PZ: Wünschen Sie sich auch einen Austausch mit der ABDA zu diesem Thema?
Zierath: Auf jeden Fall! Wir sind zwar der einzige Berufsverband, der für PTA zuständig ist, und bringen dementsprechend Fachwissen mit, aber für ein gutes Miteinander in der Apotheke ist es natürlich wichtig, dass wir uns als Team sehen. Selbstverständlich wollen wir uns mit der Apothekerschaft verständigen, austauschen und konstruktive Pläne schmieden. Dazu gehört der Austausch mit der ABDA an allererster Stelle. Das ist für mich unabdingbar.
PZ: Welche weiteren Aufgaben könnten PTA übernehmen? Wie stellen Sie sich den Beruf zum Beispiel in zehn Jahren vor?
Zierath: Es gibt so viele Veränderungen, dass wir gar nicht wissen, wie Apotheken in zehn Jahren aussehen werden. Das Vier-Augen-Prinzip bei der Rezeptur könnte beispielsweise von PTA übernommen werden. Aktuell findet das nur zwischen PTA und Apothekerschaft statt, aber es könnte auch zwischen PTA und PTA stattfinden. Ein weiteres Beispiel wäre die Telepharmazie oder pharmazeutische Dienstleistungen. Auch beim Thema Impfen könnten PTA mehr leisten. Es gibt noch tausend andere Dinge, über die wir reden müssen. Insbesondere, wenn wir das Gesundheitsversorgungszentrum Apotheke aufrechterhalten und weiterentwickeln wollen. Das Gleiche gilt, wenn wir in 10, 20 oder 40 Jahren noch modern und zukunftssicher sein wollen. Es ist nicht sinnvoll, sich nur auf die Vertretungsbefugnis zu konzentrieren. Denn es geht um die allgemeine Weiterqualifizierung des PTA-Berufs.
PZ: Die Ärzteschaft ist gegen mehr Aufgaben durch Apotheken, zum Beispiel beim Thema Impfen. Machen Apotheker das Gleiche mit PTA?
Zierath: Ja, das lässt sich tatsächlich gut miteinander vergleichen. Für PTA, die sich weiterqualifizieren möchten, ist das dasselbe wie für Apothekerinnen und Apotheker, die sagen: »Ich möchte mich weiterqualifizieren und den Ärztinnen und Ärzten zum Beispiel das Impfen abnehmen.« Wir PTA möchten uns ebenfalls weiterqualifizieren und den Apothekern Aufgaben abnehmen. Auch hier ist mein Appell: Reden und gemeinsam nach Lösungen suchen hilft immer. Es darf nicht immer nur darum gehen, wer dem anderen die Butter vom Brot nimmt. Wir sollten uns einfach gegenseitig dabei helfen, die Brotstullen zu schmieren. Denn nur so können wir den Apothekerinnen und Apothekern auch wieder Zeit für andere Dinge schaffen. Aktuell sieht es doch so aus, dass den Apothekern immer mehr Aufgaben aufgelistet werden. Wenn ich mehr Aufgabengebiete und Kompetenzerweiterungen in meiner Berufsgruppe möchte, muss ich gleichzeitig Aufgaben delegieren können.