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EU-Analyse

Warum Lieferketten versagen

Die EU-Kommission hat untersucht, warum Lieferketten kritischer Arzneimittel versagen: Marktkonzentration, unvorhersehbare Nachfrage, Herstellungsprobleme sowie wirtschaftliche Herausforderungen sind die Hauptgründe.
Melanie Höhn
10.07.2024  14:30 Uhr

Der Report »Assessment of the supply chain vulnerabilities for the first tranche of the Union list of critical medicines« der EU-Kommission zeigt, dass die Gründe für das Versagen von Lieferketten kritischer Arzneimittel breit gefächert sind. 

Hintergrund der Analyse ist die kürzlich angenommene Mitteilung der Europäischen Kommission über die Bewältigung von Arzneimittelengpässen in der Europäischen Union (EU), die eine breite Palette kurz- und längerfristiger Maßnahmen vorschlägt, um Arzneimittelengpässen zu begegnen und deren Versorgungssicherheit in der Europäischen Union zu verbessern. 

Ziel sei es es, koordinierte Maßnahmen mit allen relevanten Interessenträgern zu entwickeln, um kritische Engpässe auf EU-Ebene zu verhindern oder abzumildern – der Schwerpunkt liege jedoch auf den kritischsten Arzneimitteln, bei denen die Versorgungssicherheit jederzeit gewährleistet sein müsse. Die vorgeschlagenen Maßnahmen bauen auf bereits laufenden Arbeiten und insbesondere auf der vorgeschlagenen Überarbeitung der EU-Arzneimittelgesetzgebung auf.

Widerstandsfähigkeit der Lieferketten stärken

Die kontinuierliche Verfügbarkeit von Arzneimitteln ist laut EU-Kommission in der Europäischen Gesundheitsunion von entscheidender Bedeutung. Dafür müsse die EU die Widerstandsfähigkeit ihrer Lieferketten stärken. Dazu sei es notwendig, den Zugang zu Schlüsselkompetenzen auf verschiedenen Ebenen der Lieferkette sicherzustellen, »von der Beschaffung wichtiger Inputmaterialien, pharmazeutischer Wirkstoffe (APIs) und der Vorläuferproduktion bis hin zur eigentlichen Herstellung von Fertigprodukten«, wie es in dem EU-Bericht heißt. Gleichzeitig müsse die EU ihre Produktionsabhängigkeiten überdenken und ihre strategische Autonomie im Gesundheitsbereich stärken, »indem sie das Potenzial für die Erweiterung ihrer internen EU-Produktionskapazitäten prüft und gleichzeitig strategische Beziehungen zu Nachbarländern und gleichgesinnten Ländern in der Umgebung aufbaut«. 

In diesem Zusammenhang veröffentlichten die Europäische Kommission, die Heads of Medicines Agencies (HMA) und die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) im Dezember 2023 die erste Version der »Unionsliste kritischer Arzneimittel«: Diese umfasst über 200 Wirkstoffe, die aufgrund der therapeutischen Indikationen und der Verfügbarkeit geeigneter Alternativen als kritisch gelten. Nach der Veröffentlichung der Unionsliste führte die Kommission eine Pilotübung durch, um die Schwachstellen in der Lieferkette einer ersten Tranche von elf kritischen Arzneimitteln aus der Unionsliste zu bewerten und bei Bedarf koordinierte Maßnahmen auf EU-Ebene anzuleiten. Die Kommission sammelte Daten von Zulassungsinhabern, Mitgliedstaaten und der EMA über die Lieferketten der ausgewählten Arzneimittel.

Ziel der Kommission sei es, den Mitgliedstaaten und anderen EU-Entscheidungsträgern Empfehlungen und strategische Ratschläge zur Bewältigung von Arzneimittelengpässen zu geben, auch aus industriepolitischer Sicht.

Die Schlussfolgerungen der EU: 

  • Vier von 11 Stoffen sind »hoch gefährdet« aufgrund der Abhängigkeit von API-Quellen außerhalb der EU – dies verdeutliche ein »erhebliches Risiko«. Diese Abhängigkeit weise auf ein potenzielles Risiko einer Unterbrechung der Lieferkette hin, wenn diese Nicht-EU-Lieferanten mit Produktionsproblemen konfrontiert werden.
  • Die Tatsache, dass bei allen 11 Stoffen über 30 Prozent des Angebots aus einem einzigen Land oder Hersteller stammen, unterstreiche das Risiko einer Anfälligkeit. Diese Konzentration erhöhe das Risiko einer Unterbrechung der Lieferkette aufgrund geopolitischer Probleme, Handelsbeschränkungen oder Produktionsproblemen.
  • Die gemischten Ergebnisse bei der Diversifizierung der Produktionsstandorte zeigten, dass einige Lieferketten zwar robust sein mögen, anderen jedoch die nötige Widerstandsfähigkeit fehle. Diese variable Widerstandsfähigkeit lege die Notwendigkeit gezielter Strategien zur Diversifizierung von Produktionsstandorten nahe, um die mit lokalen Störungen verbundenen Risiken zu mindern.
  • Die komplexe Landschaft der unvorhersehbaren Nachfrage nach diesen Substanzen weise darauf hin, dass sie anfällig für schnelle Veränderungen der Marktbedingungen seien, was die Planung und Reaktionsstrategien der Lieferkette erschwere. Diese Unsicherheit erfordere »möglicherweise flexiblere und reaktionsfähigere Lieferkettensysteme, um sich schnell an veränderte Marktanforderungen anzupassen«, so die EU-Kommission.
  • Herausforderungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Machbarkeit laut Zulassungsinhabern, die vier der Stoffe betreffen, würden auf Schwachstellen hindeuten, die ihre langfristige Nachhaltigkeit und Rentabilität gefährden könnten. Die Bewältigung dieser wirtschaftlichen Herausforderungen sei von entscheidender Bedeutung für die Aufrechterhaltung der Gesundheit und Lebensfähigkeit dieser Lieferketten.

Abschließend betont die EU-Kommission, dass es strategischer Interventionen zur Verbesserung der Widerstandsfähigkeit bedarf, wie etwa die Diversifizierung der Lieferquellen, die Erhöhung der Flexibilität der Produktionskapazitäten und die Entwicklung robuster Risikomanagementrahmen, um wirtschaftliche und Marktschwankungen wirksam zu bewältigen. Engpässe bei kritischen Medikamenten seien in erster Linie auf Herstellungsprobleme und einen unerwarteten Anstieg der Nachfrage zurückzuführen.

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