| Warum Frauen ihre Männer überleben | 
| Barbara Döring | 
| 31.10.2025 07:00 Uhr | 
 
				
		
	
		Dass Frauen meist länger leben als Männer, ist vermutlich in den Genen verankert. / © Adobe Stock/De Visu
Mit der bislang umfangreichsten Analyse zu geschlechtsspezifischen Unterschieden in der Lebensspanne bei Vögeln und Säugetieren fanden Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig in Zusammenarbeit mit Kollegen weltweit neue Erkenntnisse, warum Frauen in der Regel ihre Männer überleben. Dieses Phänomen ist laut der Forschenden bei Menschen über die Jahrhunderte hinweg in fast allen Ländern der Welt zu beobachten. Zwar hat sich die Diskrepanz bei der Lebenszeit aufgrund besserer Lebensbedingungen und medizinischer Fortschritte verringert. Er ist jedoch nach wie vor zu beobachten.
Vor allem bei Säugetieren überleben die Weibchen in der Regel ihre männlichen Artgenossen. Anders bei Vögeln, Insekten und Reptilien: Dort liegen die Männchen mit der Lebensdauer vorne. Die bekannte heterogamete Geschlechtshypothese versucht das Phänomen genetisch mit den Unterschieden der Geschlechtschromosomen zu erklären: Demnach bietet es weiblichen Säugetieren einen Vorteil, dass sie zwei X-Chromosomen besitzen, während Männchen mit einer XY-Ausstattung auskommen müssen. Das könnte Weibchen vor schädlichen Mutationen schützen und ihnen so einen Überlebensvorteil verschaffen.
Bei Vögeln verhält es sich genau umgekehrt: Die Weibchen sind das heterogamete Geschlecht. Dass sie tatsächlich auch weniger lang leben als ihre Partner, zeigen Daten von Zootieren der Leipziger Forscher. Diese unterstützen die heterogamete Geschlechtshypothese, zeigen jedoch auch zahlreiche Ausnahmen.
So leben etwa weibliche Raubvögel in der Regel länger als ihre männlichen Pendants. Demnach muss es weitere Gründe für das längere Leben der Weibchen geben. Die Forschenden betrachten die Energie für die Brautwerbung als wichtigen Kandidaten: So würden auffällige Merkmale wie farbenfrohes Gefieder, Waffen wie Geweihe oder eine große Körpergröße zwar den Fortpflanzungserfolg erhöhen – jedoch auf Kosten der Lebensdauer.
Die Studie zeigt auch, dass bei polygamen Säugetieren mit starkem Konkurrenzdruck die Männer in der Regel früher sterben als die Weibchen. Monogame Männchen, die weniger Aufwand für eine erfolgreiche Paarung betreiben, leben oft länger als ihre bessere Hälfte. Schließlich zahlt es sich im Hinblick auf die Langlebigkeit aus, wenn man sich gut um die Aufzucht der Nachkommen kümmert.
So fanden die Forschenden heraus, dass jenes Elternteil, das mehr Aufwand bei der Aufzucht betreibt, in der Regel auch länger lebt – bei Säugetieren meist die Weibchen. So überleben Primaten-Damen so lange, bis ihr Nachwuchs selbstständig und geschlechtsreif ist.
Dass der Unterschied in der Lebensspanne genetisch verankert sein muss, zeigen die Beobachtungen von Zootieren: Bei ihnen verringert sich die Diskrepanz zwar ebenso wie bei Menschen unter idealen Umweltbedingungen, der Gender-Gap bleibt jedoch bestehen. Die unterschiedliche Lebenserwartung ist demnach sowohl genetisch als auch umweltbedingt und durch Selektionsdrücke geprägt, um Paarungspartner und das Überleben der Nachkommen zu sichern.
Das Team der Forschenden ist überzeugt, dass der Unterschied beim Menschen trotz verbesserter Umweltbedingungen nicht so schnell verschwinden wird, da er tief in den Genen verwurzelt ist.