Warum die BMG-Reformpläne die Apotheken schwächen |
Keine Stärkung sondern eine Schwächung: Aus Sicht der ABDA untergraben die Reformplän des BMG die flächendeckende Versorgung durch Vor-Ort-Apotheken. / Foto: Adobe Stock/Bozworthington
Die jüngst präsentierten Pläne des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zur Apotheken-Reform sind für die Apothekerschaft ein rotes Tuch. Mit einem Faktenpapier untermauert die ABDA nun ihre Ansicht, dass die Umsetzung der Vorschläge die Apothekenversorgung massiv schwächen würde. Zuvor hatte die ABDA im Nachgang des virtuellen Besuchs von Minister Karl Lauterbachs (SPD) auf dem Deutschen Apothekertag bereits mit einer Resolution ihre Kritik an Lauterbachs Vorschlägen deutlich gemacht. Nun geht die ABDA Punkt für Punkt auf die Ideen ein und erklärt, warum sie aus ihrer Sicht in die falsche Richtung führen.
BMG-Plan: »Erhöhung der Anzahl möglicher Filialapotheken pro Hauptapotheke sowie vereinfachte Gründung von Zweigapotheken in strukturschwachen Gebieten.«
Dazu die ABDA: »Erfahrungen aus anderen Ländern, wie beispielsweise Dänemark, zeigen, dass die Ausweitung der Filialbesitz-Möglichkeiten keine positiven Effekte hat. Konkret ist die Apothekenzahl nach der Ausweitung des Filialbesitzes in Dänemark zwar gestiegen. Allerdings eröffneten die neuen Apotheken in den Stadtzentren. Der vom BMG erhoffte positive Effekt auf die Versorgung in strukturschwachen Regionen wird nicht eintreten.«
Plan: »Erleichterte räumliche Anforderungen für Filial- und Zweigapotheken: Pflicht zur Vorhaltung eines Labors, eines Rezepturherstellungsplatzes und eines Notdienstzimmers entfällt.«
Dazu die ABDA: »Die Patientinnen und Patienten haben Recht auf eine gleichwertige Versorgung in allen Landesteilen. Wenn es künftig ganze Regionen gibt, in denen ausschließlich nur Filialapotheken betrieben werden, würden die Menschen dort keine Rezepturen mehr bekommen und im Notdienst gar nicht mehr versorgt werden. Es ist zudem nicht zu erwarten, dass sich durch diese Maßnahmen in strukturschwachen Regionen mehr Apothekenfilialen gründen werden. Es könnte sogar ein Negativ-Effekt entstehen: Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich diese qualitativ schlechter ausgestatteten Filialen in Nähe von vollversorgenden Hauptapotheken ansiedeln, was wiederum dazu führen könnte, dass genau diese Hauptapotheken unter zusätzlichen Druck geraten und möglicherweise schließen müssen.«
BMG-Plan: »Erweiterte Vertretungsmöglichkeiten für erfahrene PTA in Filial- und Zweigapotheken
bei Nutzung technischer Einrichtungen zur Videokonsultation (Telepharmazie).«
Dazu die ABDA: »Pharmazeutisch-technische Assistentinnen und Assistenten sind eine unverzichtbare
Berufsgruppe in jeder Apotheke. Ihre Ausbildung entspricht aber nicht den Anforderungen, die für eine Apothekenleitung benötigt werden. Apothekerinnen und Apotheker sind studierte und approbierte Expertinnen und Experten der Arzneimitteltherapie – komplexe Beratungsfälle können nur sie bearbeiten. Die Apothekenbetriebsordnung regelt daher klar, dass ein Apotheker jederzeit zugegen sein muss. Schließlich kann es jederzeit zu Nachfragen oder Interventionen kommen, bei denen ein profundes pharmazeutisches Wissen benötigt wird. Patientinnen und Patienten können sich darauf verlassen, dass immer eine approbierte Fachkraft anwesend ist, die möglicherweise auftretenden Probleme zusammen mit der PTA lösen kann. Dieses pharmazeutische Sicherheitsnetz ist auch für berufserfahrene PTA unverzichtbar.«
BMG-Plan: »Reform der Apothekenvergütung, um Honoraranreize für strukturschwache Standorte zu schaffen.«
Dazu die ABDA: »Die Ampel-Koalition hat schon mehrfach angekündigt, dass man die Apothekenvergütung umverteilen müsse. Ziel ist es offenbar, dass Apotheken in strukturschwachen Regionen eine bessere Vergütung erhalten als Apotheken in Städten. Dass nur die Apotheken in strukturschwachen Regionen wirtschaftlich unter Druck stehen, ist eine Fehlannahme des Ministeriums. Auch in den Großstädten Deutschlands geht die Apothekenzahl seit Jahren zurück. Dies belegt, dass alle Apotheken in Deutschland wirtschaftlich unter Druck stehen und Neugründungen immer unattraktiver werden. Die Tariflöhne in Apotheken, die Inflationsrate und alle anderen Kosten sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen – das für alle Apotheken geltende Fixhonorar ist auf dem Stand von 2013. Somit brauchen die Apotheken im gesamten Bundesgebiet zunächst eine deutliche Anpassung des Festzuschlags, bevor über neue, zusätzliche Elemente im Apothekenhonorar überhaupt diskutiert werden kann.«