Warum das ALBVVG nur ein Anfang ist |
Cornelia Dölger |
27.09.2023 13:20 Uhr |
»Von Ihnen, den Apothekerinnen und Apothekern, und uns, den Herstellern, wird es abhängen, ob die Menschen in Deutschland gut durch den Winter bekommen«, sagte Ingrid Blumenthal, Vize-Vorstandsvorsitzende von Pro Generika, bei der Expopharm-Eröffnung. / Foto: PZ/Alois Müller
In ihrer Rede stellte sich Blumenthal stellvertretend für alle im Saal Anwesenden die Frage: »Wird es in diesem Jahr reichen?«. Ihre Antwort laute: »Ich weiß es nicht.« Generika deckten 79,2 Prozent aller Arzneimittelverordnungen in Deutschland, allerdings nur 7,2 Prozent der Arzneimittelausgaben, rechnete Blumenthal vor. Diese Relation zeige auf, dass bei der wichtigsten Versorgungsfrage des Landes mit Arzneimitteln »mit minimalen Kosten und maximalem Risiko« gefahren werde.
Die Generikahersteller hätten in den letzten Wochen und Monaten alles getan, um die Produktionen hoch zu halten und die Lager zu füllen. »Aber Sie wissen es selbst: Wir sind im Limit – und teilweise drüber hinaus«, betonte Blumenthal, die auch Geschäftsführerin des Stada-Tochterunternehmens Aliud Pharma ist.
Gegen zahlreiche Widerstände hätten die Hersteller zu kämpfen, etwa die gestiegene globale Nachfrage nach Medikamenten und damit einhergehend die gestiegene Nachfrage nach Produktionskapazitäten. Wegen der Pandemienachfolgen würden darüber hinaus bestimmte Produktgruppen besonders nachgefragt. Die teilweise Abhängigkeit von Wirkstoffproduktionen in Asien sowie erheblich gestiegene Herstellungskosten aufgrund des Ukrainekriegs kämen hinzu, zählte Blumenthal auf.
Gut, dass die Problematik in den Schlagzeilen aufgegriffen worden sei und die Politik reagiert habe, betonte sie. »Dafür sind wir sehr dankbar.« Schnelle und positive Auswirkungen werde das Lieferengpassgesetz allerdings nicht haben, auch wenn Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach diese im Sommer in Aussicht gestellt habe. »Die Maßnahmen des ALBVVG können die Katastrophe an der einen oder anderen Stelle abschwächen – nicht aber verhindern. Es ist ein Anfang, aber es ist nur ein Anfang«, betonte die Vize-Vorstandschefin.
Einige gute Punkte seien in dem Gesetz dabei durchaus zu finden, etwa bei den Kinderarzneimitteln, für die eine Preiserhöhung und ein Rabattvertragsverbot verfügt wurden. »Endlich ist es möglich, Kinderarzneimittel auskömmlicher zu produzieren.« Als Anreiz reichte dies allerdings nicht. Und: »Wir erreichen damit nur 0,05 Prozent der Medikamentennachfrage.«
Ein wichtiger Schritt sei zudem das im Gesetz verankerte Frühwarnsystem. Endlich könnten sie Hersteller Lieferengpässen vorbeugen, statt sie nur zu managen. Der Erfolg der Maßnahme hänge allerdings davon ab, wie sie konkret ausgestaltet werde.
Erleichterungen für zunächst zwei Jahre verspreche das ALBVVG den Herstellern auch bei den Festbeträgen sowie beim Preismoratorium. Hier müsse gewährleistet sein, »dass die Erleichterungen bei diesen Wirkstoffen dann auch bei den Herstellern ankommen«. Denn wenn nur die Festbeträge wegfielen, die Rabattverträge aber bestehen blieben, verpuffe die Maßnahme und damit die Wirkung des Frühwarnsystems.