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Umstrittene Reform 
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Warnungen vor dem Ende des Apothekensystems

Trotz der Versprechen im Koalitionsvertrag kommt die Apothekenreform ohne die Erhöhung des Fixums. Mehrere Apothekerkammern und –verbände üben deutliche Kritik an Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU).
AutorKontaktPZ
Datum 17.12.2025  17:36 Uhr

Am Mittwochmittag herrschte Gewissheit: Die eigentlich im Koalitionsvertrag versprochene Erhöhung des Apothekenfixums hat es nicht in den Kabinettsentwurf des Apothekenversorgung-Weiterentwicklungsgesetzes (ApoVWG) geschafft. Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) versicherte lediglich, dass das Thema im neuen Jahr »zügig wieder auf die Tagesordnung kommen« solle.

Der Kabinettsbeschluss stößt auf breite Ablehnung vonseiten der Apothekerschaft. Im Rahmen der Aktion »Versorgungsblackout« protestierten Apotheken in ganz Deutschland. ABDA-Präsident Thomas Preis bezeichnet das Gesetz als Enttäuschung und kündigte den Widerstand der Bundesvereinigung an. Ähnliche Reaktionen kommen jetzt aus den Bundesländern.

Apotheken gehen leer aus

Thomas Rochell, Vorstandsvorsitzender des Apothekerverbands Westfalen-Lippe (AVWL), beklagt, dass zehn Prozent der Apotheken defizitär seien. Jede vierte Offizin sei wirtschaftlich stark gefährdet. »Während die Honorare anderer Akteure im Gesundheitswesen regelmäßig erhöht werden, hält die Politik die Apotheken seit Jahren mit dem Verweis auf die Finanzlage der Krankenkassen hin«, heißt es in einer Mitteilung.

In der Gastronomie werde die Mehrwertsteuer gesenkt, die Pendlerpauschale werde erhöht und selbst für Parteispenden gebe es höhere Steuervergünstigungen. »Das alles mag seine Berechtigung haben. Aber die lebenswichtige Arzneimittelversorgung der Menschen hat diese erst recht«, sagt Rochell.

Auch Frank Dieckerhoff, Vizepräsident der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL), beklagt das stagnierende Honorar und warnt vor dem Ende des flächendeckenden Apothekensystems. »Die Vergütung der Apotheken ist weitgehend staatlich geregelt. Seit nunmehr 13 Jahren ist diese Honorierung von der Politik nicht mehr erhöht worden, trotz massiv gestiegener Kosten«, so Dieckerhoff.

Die neuen Regeln für Öffnungszeiten, die mögliche Aufweichung der Präsenzpflicht für den Apotheker und Einschränkungen bei der Ausstattung werden von Frank Dieckerhoff ebenso abgelehnt. Einige Aspekte wie die verstärkte Einbeziehung der Apotheken in die Erstversorgung der Patienten begrüßt der AKWL-Vize grundsätzlich. Diese Pläne könnten allerdings nicht funktionieren, wenn die Bundesregierung die Apotheken kaputt reformiere.

Politik muss verlässlich sein

Hans-Peter Hubmann, erster Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbandes (BAV) beklagt die gebrochenen Versprechen des Koalitionsvertrags. »Wir erwarten von der Bundesregierung Verlässlichkeit, besonders in Zeiten großer Herausforderungen für unser Gesundheitssystem. Nur durch starke Apotheken vor Ort und eine stabile, wohnortnahe Arzneimittelversorgung können diese bewältigt werden«, so Hubmann.

Das stagnierende Fixhonorar sei ein wesentlicher Grund für das anhaltende Apothekensterben. »Allein Bayern hat in den vergangenen zehn Jahren weit über 500 Apotheken verloren. Zu Beginn des aktuellen Quartals gab es noch 2660 öffentliche Apotheken im Freistaat. Letztmals niedriger lag die Zahl 1978. Bei der Apothekendichte liegt Deutschland inzwischen deutlich unter dem EU-Durchschnitt«, klagt Hubmann.

Die Politik müsse daher schnell aktiv werden. »Wir fordern die Bundesregierung auf, die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag unverzüglich umzusetzen: eine sofortige Erhöhung des packungsbezogenen Honorars für öffentliche Apotheken als Soforthilfe gegen das Apothekensterben«, sagt der BAV-Vorsitzende.

 

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