Warnung vor Versorgungslücken |
Lukas Brockfeld |
08.08.2025 16:20 Uhr |
Nach dem Willen der Bundesregierung soll es bald nicht mehr möglich sein, Cannabisblüten zu versenden. / © Adobe Stock/S.Price
Eigentlich sah die von der Ampelregierung im vergangenen Jahr beschlossene Teillegalisierung von Cannabis zwei Bezugswege für die Droge vor: Konsumentinnen und Konsumenten können entweder selbst Hanf anbauen oder sich in Anbauvereinigungen zusammenschließen. Doch der Eigenanbau ist vergleichsweise aufwendig und aufgrund der strengen Regularien gibt es aktuell nur etwa 300 Anbauvereinigungen in Deutschland. Einige Menschen weichen daher auf medizinisches Cannabis aus, das sie über juristisch fragwürdige Onlineplattformen bestellen.
Dem will Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) mit einem neuen Gesetz einen Riegel vorschieben. Laut einem Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) sollen die Onlineverordnung und der Versand von medizinischen Cannabisblüten grundsätzlich verboten werden. Das Gesetz wird beispielsweise von der ABDA begrüßt, doch gerade das generelle Versandverbot wird von vielen Kritikern als unverhältnismäßig wahrgenommen.
Jetzt meldet sich Cansativa mit einem ausführlichen Positionspapier zu Wort. Nach eigener Aussage ist das Unternehmen deutscher Marktführer im Bereich Medizinalcannabis und arbeitet mit über 3000 Apotheken zusammen.
Cansativa sieht in der Tatsache, dass die Importe von Medizinalcannabis deutlich stärker gewachsen sind als die GKV-Verordnungen, keinen generellen Hinweis auf mehr Missbrauch. Ein erheblicher Teil der gegenwärtigen Importe werde nicht direkt an die Menschen weitergegeben, sondern weiterverarbeitet, erneut exportiert oder qualitätsbedingt vernichtet. Die im Gesetzentwurf vorgelegten Begründungen und die geplanten Einschränkungen würden daher die Versorgungsrealität verkennen.
»Deutschland etabliert sich zunehmend als europäisches Drehkreuz für den Handel mit Medizinalcannabis. Die Importstatistik allein erlaubt daher keine belastbaren Rückschlüsse auf das tatsächliche Verbrauchs- oder Missbrauchsniveau, sondern bildet eine vielschichtige, europäisch eingebettete Markt- und Versorgungsstruktur ab«, heißt es in dem Positionspapier.
Auch die Zunahme von Privatrezepten sei keine Fehlentwicklung, sondern aufgrund des Wegfalls der Einstufung als Betäubungsmittel die Folge neuer Rahmenbedingungen. Inzwischen hätten viele Menschen auch ohne GKV-Kostenübernahme Zugang zu Behandlungen. Einzelne nicht regelkonforme Anbieter würden jedoch Rezepte ohne eine angemessene Anamnese ausstellen und so das Vertrauen in Medizinalcannabis gefährden. »Wir plädieren daher für gezielte Maßnahmen, die klar zwischen unseriösen Geschäftsmodellen und der regulären medizinischen Versorgung unterscheiden«, so Cansativa.
Auch das geplante generelle Verbot von telemedizinischen Verordnungen lehnt das Unternehmen ab. Es brauche stattdessen verbindliche Qualitätsstandards für Telemedizin. Entsprechende Verfahren seien sicher, erprobt und hätten sich in vielen Bereichen bewährt. »Digitale Versorgungsstrukturen fördern nachweislich die Behandlungskontinuität und entlasten das Gesundheitssystem, insbesondere in unterversorgten Regionen«, heißt es in dem Papier. Ein generelles Verbot würde Versorgungslücken schaffen.
Aktuell führe nur ein Bruchteil der deutschen Apotheken regulär Medizinalcannabis. In der Praxis habe sich daher der Versand als patientenorientierter Versorgungsweg etabliert, gerade dort, wo der Zugang zu spezialisierten Vor-Ort-Apotheken schwierig sei. »Ohne Versandweg hätten viele Patienten einen erschwerten Zugang zu ihrer Therapie und würden zurück in unkontrollierte, illegale Bezugsquellen gedrängt werden«, heißt es von Cansativa. Es seien differenzierte Maßnahmen gefragt, die gleichzeitig Versorgungssicherheit und Missbrauchsprävention gewährleisten.