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Biosimilars

Warnung vor Ausweitung der Substitutionsliste

Um die Arzneimittelausgaben in Schach zu halten, sollen künftig weitere Biopharmazeutika in der Apotheke automatisch gegen kostengünstigere Nachahmer (Biosimilars) ausgetauscht werden. Die Biosimilar-Branche wirft der Politik vor, aus Fehlern nicht zu lernen.
Ev Tebroke
04.06.2025  18:00 Uhr

Seit dem 15. März 2024 müssen Apotheken bestimmte verschriebene biotechnologisch hergestellte Arzneimittel durch ein kostengünstigeres Biosimilar ersetzen. Welche Wirkstoffe ausgetauscht werden sollen, hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in einer Substitutionsliste festgelegt. Derzeit sind sechs Wirkstoffe von diesem automatischen Austausch betroffen. Nun könnten weitere hinzukommen und durch Preisdruck im Zuge von Rabattverträgen die Versorgungssicherheit mit Biosimilars gefährden, so die Sorge der AG Pro Biosimilars.

Die Arbeitsgemeinschaft beruft sich auf entsprechende Ankündigungen des G-BA-Vorsitzenden Josef Hecken. Dieser hat bei einer Tagung jüngst die Einleitung weiterer Verfahren zur automatischen Substitution von Biopharmazeutika angekündigt. Die AG Pro Biosimilars prognostiziert nun ähnliche Entwicklungen wie auf dem Generika-Markt und warnt vor einer Destabilisierung der Versorgungssicherheit.

Kritik am »Hauptsache-billig-Prinzip«

»Die automatische Substitution wird einzig eingeführt, um den Krankenkassen exklusive Ausschreibungen zu ermöglichen«, heißt es vonseiten der AG. Bei den Generika habe dieser Schritt bereits vor Jahren das »Hauptsache-billig-Prinzip« etabliert – mit der Folge, dass es immer häufiger zu Versorgungsengpässen komme. Denn im Zuge dieses Preisdrucks haben immer mehr Hersteller ihre Produktionsstätten in Billigproduktionsländer nach Asien verlegt. Auch gibt es für manche Wirkstoffe nur noch wenige Zulieferer. Fällt eine Produktionsstätte aus, kommt es weltweit zu Lieferengpässen.

Eine ähnliche Entwicklung sei nun auch im Bereich der Biosimilars abzusehen, die gegen Krankheiten wie Krebs, Rheuma und Morbus Crohn eingesetzt werden, fürchtet die Interessenvertretung der Biosimilar-Industrie. »Dieser Schritt wird massive Folgen für die Versorgung haben, denn er lässt Engpässe bei Biosimilars befürchten«, so Walter Röhrer, Vorsitzender der AG Pro Biosimilars.

Der G-BA bestätigt auf Anfrage der PZ die Erweiterung der Austauschliste: »Es ist geplant, die Substitution auf weitere Biosimilars auszuweiten. In absehbarer Zeit soll es ein Stellungnahmeverfahren zum ersten vorläufigen Beschlussentwurf geben.« Letzterer sowie die tragenden Gründe würden dann auf der Website des G-BA veröffentlicht.

Prinzip der Kostensteuerung

Das Prinzip der Kostensteuerung durch Rabattverträge ist seit langem Gang und Gäbe. Um Kosten zu sparen, werden chemisch-synthetisch hergestellte Arzneimittel nach Ablauf des Patentschutzes meist automatisch durch Generika ersetzt. Per Rabattverträgen sorgen die Kassen dafür, dass ein Wirkstoff automatisch durch das jeweilige Vertragsgenerikum ausgetauscht wird.

Was auf dem herkömmlichen Arzneimittelmarkt gilt, gilt seit dem 15. März 2024 auch für eine Auswahl von Biosimilars. War es bis dato dem Arzt oder der Ärztin überlassen, zu entscheiden, ob der Patient das Originalprodukt oder das Biosimilar erhalten soll, müssen Apotheken seither für etliche Wirkstoffe das verschriebene biologische Arzneimittel automatisch durch ein kostengünstigeres Biosimilar ersetzen. Grundlage dafür bilden das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) und das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG). Der G-BA wurde darin beauftragt, konkrete Regelungen zur automatischen Substitution von Biopharmazeutika zu erarbeiten.

AG Pro Biosimilars: Substitution gefährdet Versorgungsbalance

Die Biosimilar-Hersteller sehen zu diesem Automatismus keine Veranlassung. Das System der Biosimilars funktioniere schon längst. Bei maximaler Versorgungssicherheit sorge es gleichzeitig für massive Einsparungen, betont die Branche. Laut AG summieren sich diese seit 2015 auf über 9,5 Milliarden Euro. Populäres Beispiel ist der einstige Blockbuster Humira® (Wirkstoff: Adalimumab). Hier kostete eine Tagestherapiedosis im Dezember 2023 mehr als die Hälfte weniger (genau: 44 Prozent) als noch vor Ablauf des Patents.

Auch führe der durch Biosimilars entstandene Wettbewerb dazu, dass die Preise sinken. Biosimilars kämen immer schneller in die Versorgung und seien fast alle unter Rabattvertrag. »Diese Balance greift die automatische Substitution an«, so die Kritik. Um noch höhere Einsparungen zu erzielen, werde die Versorgungssicherheit aufs Spiel gesetzt. Dabei solle das Beispiel der Generika eigentlich als Warnung dienen.

Mit Blick auf jüngste politische Maßnahmen zur Eindämmung der Lieferengpässe, etwa das Lieferengpassgesetz (ALBVVG), betont Röhrer: »Die Politik wiederholt die gleichen Fehler wie bei den Generika – während sie gleichzeitig versucht, diese Fehler bei den Generika wieder rückgängig zu machen.« Das sei weder wirtschaftlich noch nachvollziehbar. Er appelliert: »Die Politik darf nicht zulassen, dass die Selbstverwaltung vorprescht und Entscheidungen fällt, die ihren eigenen Bestrebungen zuwiderlaufen.« Es gelte nun zunächst, den zugesagten gemeinsamen Dialog unter Einbeziehung aller relevanten Akteure zu führen. Statt die Versorgungssicherheit »nervösen Sparbeschlüssen« zu opfern.

 

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