Warken will höheres Fixum 2026 |
| Alexander Müller |
| 18.11.2025 07:58 Uhr |
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) im Gespräch mit Antje Höning von der Rheinischen Post beim »Ärzte In« in Düsseldorf. / © PZ
In den aktuellen Reformplänen der Ministerin fehlt bekanntlich die im Koalitionsvertrag versprochene Erhöhung des Fixums auf 9,50 Euro. Ob das nun nicht mehr komme, wurde Warken bei der Veranstaltung »Ärzte In« am Montagabend gefragt: »Doch, es kommt, es muss kommen, steht im Koalitionsvertrag und wenn es nach mir geht, lieber schneller als später.«
Möglichst im kommenden Jahr wolle sie die Erhöhung umsetzen, »vielleicht auch schrittweise«. Die Apotheken warteten darauf und seien »zu Recht auch laut«, weil die Anpassung nicht sofort komme. In der Gesamtgemengelage mit dem unlängst beschlossenen »kleinen Sparpaket« wäre es laut Warken aber in diesem Jahr schwierig geworden.
2026 soll das Vorhaben jedoch sehr schnell geregelt werden, so Warken, »vielleicht noch im Rahmen der Apothekenreform«, ansonsten »kann man das sehr schnell auch getrennt davon regeln«. Die Arzneimittelpreisverordnung lässt sich bekanntlich auch ohne Gesetz anpassen. Man müsse in der Koalition einen Weg finden, wie man es umsetzen kann, »denn vereinbart ist es«, so Warken. Auf die Frage, ob die Erhöhung 2027 dann greife, sagte Warken: »Wenn es nach mir geht, auch schon früher.«
Beim »Ärzte In« von der »Rheinischen Post« und der Apobank verteidigte Warken die in der Apothekenreform geplante PTA-Vertretung und verwies auf die strengen Vorgaben, die man im Gesetz geplant habe. Die Apothekerschaft sehe das zwar als »Einfallstor« für den Fremdbesitz – etwa für Drogeriemärkte. »Wir sehen das nicht«, so Warken. Es gebe zu dieser Frage unterschiedliche juristische Einschätzungen, Warken will hier in den laufenden Gesprächen noch mehr Klarheit erreichen und sehen, wo noch nachgeschärft werden müsse.
Für die Ministerin steht fest: »Wir wollen es mit dem Gesetz nicht leichter machen, dass irgendjemand anderes, der nicht Apotheker ist, eine Apotheke aufmachen kann.« Das Gesetz solle die Apotheken schützen und ihnen mehr Möglichkeiten einräumen. Die Apothekerschaft nimmt sie in ihren Interessen dabei als »durchaus gespalten« wahr. Aber am Ende werde man alles unter einen Hut bekommen.
Den Rückgang bei den Apotheken will die Ministerin stoppen: »Ich möchte nicht, dass es immer weniger Apotheken gibt, sondern dass wir die Zahl der Apotheken halten können.« Dazu sieht sie ihr Gesetz als gutes Mittel: »Wir wollen die Apotheke stärken und nicht schwächen mit dem Gesetz.«
Kritik am Gesetz kommt aber auch von anderer Seite: Die Ärzte wehren sich gegen die geplanten Ausweitungen der Impfungen in Apotheken sowie die Rx-Abgabe ohne Rezept unter bestimmten Umständen.
Bei einer Live-Umfrage wertete die Hälfte der Teilnehmer – überwiegend aus der Ärzteschaft – die Pläne als Gefährdung der Patientensicherheit, doch mehr als jeder Dritte glaubt auf der anderen Seite an eine Entlastung der Praxen.
»Wir haben mit dem, was Apotheken machen dürfen, keine schlechten Erfahrungen gemacht«, räumte Warken die Debatte ab. In einem neu geordneten Primärversorgungssystem müssten die Apotheken »mehr machen dürfen und mehr machen in Zukunft«. Das bezog sie auch auf die pharmazeutischen Dienstleistungen, sodass unter dem Strich die Apotheken noch mehr »die erste Beratungsstelle und Anlaufstelle« würden und so die Arztpraxen entlasten könnten – denen sie übrigens nichts wegnehmen würden.
Die Ministerin machte deutlich, dass sich bei ihren Reformplänen alle bewegen müssten. Die Apotheken wollten Aufgaben der Ärzteschaft übernehmen, wehrten sich aber dagegen, den PTA mehr Kompetenzen zuzugestehen. Andererseits will die Ministerin der Selbstverwaltung nicht alles vorgeben, etwa bei den neuen Abgaberegeln von Medikamenten. Ihre Botschaft: Es lässt sich über alle Bereiche noch sprechen.
Beim geplanten Primärarztsystem gibt es laut Warken ohnehin »noch mehr Fragen als Antworten«. Die Hausärzte dürften nicht zum »Flaschenhals« oder »Durchlaufposten« werden, ohne dass es wirkliche Patientensteuerung gibt. Die braucht es aus Sicht der Ministerin aber dringend. Möglich sei dies über eine neue Praxisgebühr, aber auch über ein Bonusmodell. »In die eine oder andere Richtung muss ich es merken.« Im Laufe des nächsten Jahres will sie die Überlegungen in ein Gesetz gießen. Vielleicht würden sich auch Projektregionen anbieten. Der Idee eines Basistarifs, wie von KBV-Chef Andreas Gassen vorgeschlagen, erteilte die Ministerin aber eine Absage.
Zum von der Arbeitgeberseite eingebrachten Vorschlag, die Zuzahlungen bei Medikamenten oder Krankenhausbesuchen inflationsbedingt anzuheben, sagte Warken: »Wir haben die Zuzahlung bei Medikamenten seit ihrer Einführung im Jahr 2004 nicht angepasst.« Das heiße nicht, dass das sicher kommen werde, »aber das wird legitimerweise beraten« und man müsse sehen, »ob man da nicht eine Anpassung braucht, die man seit 20 Jahren nicht vorgenommen hat«.
Die von Warken eingesetzte Finanzkommission soll im März erste Ergebnisse vorlegen. Warken rechnet mit einem zweistelligen Milliardendefizit der Krankenkassen im neuen Jahr. »Wir wollten ins Sparen kommen und den Faktor Arbeit nicht teurer machen«, so die Ministerin. »Wir haben uns in den letzten Jahren vieles geleistet, was nicht mehr finanziert war.«
Auch wenn es für die Kommission keine Denkverbote gebe, schloss Warken mehr oder weniger aus, dass bei den niedergelassenen Ärzten gespart werde. Ihre Begründung: Die Ärzte seien bei der Anpassung ihrer Vergütung »unter ihren Erwartungen geblieben« und hätten so bei dem in diesem Jahr beschlossenen kleinen Sparpaket »ihren Beitrag geleistet«. Im nächsten Jahr müsse man sich das Ganze wieder ansehen und sicher müssten alle einen Beitrag leisten, aber bei den Ärzten »wollen wir keine unnötigen Belastungen schaffen«.
Das Auditorium beim »Ärzte In« hatte bei einer weiteren Liveumfrage eigene Vorstellungen: Bei den Krankenkassen selbst sollte gespart werden. Warken räumte zwar ein, dass es bedenkenswert sei, ob es wirklich elf AOKen brauche und sich bei Verwaltungskosten immer sparen ließe, aber damit allein lasse sich das System nicht retten. Ähnlich skeptisch sieht sie die Erhöhung des Herstellerabschlags für die Industrie, die sie mit der neuen Pharmastrategie eigentlich stärken will. Aber auch da gebe es keine Denkverbote.