Vorteile durch Sport bei Vorhofflimmern |
Theo Dingermann |
31.07.2025 14:00 Uhr |
Vorteile für Körper und Psyche ohne schädliche Wirkungen: Die Bilanz der »Herzreha« bei Patienten mit Vorhofflimmern fällt positiv aus. / © Adobe Stock/Robert Kneschke
Vorhofflimmern (AF) ist die häufigste Herzrhythmusstörung. Schätzungen zufolge werden bis zum Jahr 2060 in Europa 17,9 Millionen Menschen an dieser Erkrankung leiden. Dies ist eine besorgniserregende Entwicklung, zumal AF ein wichtiger Risikofaktor für ischämische Schlaganfälle ist und neben einer erheblichen Morbidität und Mortalität auch eine bedeutende wirtschaftliche Belastung darstellt.
Zwar lassen sich die Symptome und das Schlaganfallrisiko bei AF pharmakologisch behandeln. Kontrovers wird allerdings diskutiert, ob nicht zusätzliche Maßnahmen zur Selbstbehandlung durch die Patienten für die Behandlung der Arrhythmieprogression, die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität entscheidend sein könnten.
Frühere Studien zur bewegungstherapeutischen Herzrehabilitation (ExCR) bei AF waren nicht schlüssig, und derzeit ist ExCR ist nicht explizit für AF-Patienten indiziert. Eine 2017 veröffentlichte Cochrane-Übersicht wies nur begrenzte, durch kontrollierte klinische Studien gestützte Evidenz aus, die zwar einige Verbesserungen der körperlichen Leistungsfähigkeit bei AF-Patienten zeigte, aber Unsicherheiten hinsichtlich umfassenderer Vorteile hinterließ, weshalb weitere Studien als notwendig erachtet wurden.
Dieser Forderung kam nun ein Autorenteam um Dr. Benjamin JR Buckley von der John Moores University in Liverpool nach. Die Forschenden werteten in einer aktuellen Cochrane-Übersicht klinische Daten zu den Auswirkungen von ExCR bei Patienten mit AF bis zum 24. März 2024 aus und veröffentlichten die Ergebnisse im »British Journal of Sports Medicine«.
Dabei wurde ExCR definiert als jedes Rehabilitationsprogramm, das eine Trainingskomponente umfasste und möglicherweise auch psychoedukative Elemente enthielt, ohne Einschränkungen bezüglich Dauer, Intensität oder Inhalt des Trainings. Kontrollgruppen erhielten übliche medizinische Versorgung oder andere Risikofaktorenmanagement-Programme ohne Trainingskomponente. Primäre Endpunkte umfassten klinische Ereignisse wie Gesamtmortalität, kardiovaskuläre Mortalität, schwerwiegende unerwünschte Ereignisse, AF-Rezidive, -Belastung und -Symptomstärke. Sekundäre Endpunkte waren gesundheitsbezogene Lebensqualität und körperliche Leistungsfähigkeit.
Die Analyse umfasste 20 klinische Studien mit insgesamt 2039 Teilnehmern und einer mittleren Nachbeobachtungszeit von elf Monaten. Meistens handelte es sich um kleine, monozentrische Studien. Die Mehrheit der Studienteilnehmer (73 Prozent) waren Männer mit einem Durchschnittsalter von 63 Jahren. Die ExCR-Interventionen variierten in Dauer (8 bis 24 Wochen), Häufigkeit (eine bis sieben Sitzungen pro Woche), Sitzungslänge (15 bis 90 Minuten) und Intensität (leichte, moderate, intensive aerobe oder kombinierte Aerobic- und Widerstandstrainings).
Die Ergebnisse zeigten, dass ExCR keinen signifikanten Einfluss auf die Gesamtmortalität (RR 1,06) oder schwerwiegende unerwünschte Ereignisse (RR 1,30) hatte. Die Evidenzqualität für diese Endpunkte stuften die Forschenden als niedrig beziehungsweise sehr niedrig ein.
Andererseits zweigte ExCR aber auch positive Effekte. So konnte eine moderate Evidenz für eine signifikante Reduktion der AF-Rezidive (RR 0,68) über einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten belegt werden. Denkbar ist, dass durch die körperliche Aktivität eine Remodellierung des Herzens positiv beeinflusst und die autonome Funktion verbessert wird. Zudem wird spekuliert, dass durch die körperliche Aktivität entzündliche sowie fibrotische Prozesse reduziert werden, die ansonsten zur Aufrechterhaltung von AF beitragen können.
Auch konnten die Forschenden aus den Studien Hinweise ableiten, dass ExCR signifikant die AF-Symptomstärke und die AF-Belastung reduzierte. Dies könnte durch eine verbesserte körperliche Fitness, eine erhöhte Belastungstoleranz und eine Stärkung der psychischen Resilienz erklärt werden, die es Patienten ermöglicht, besser mit ihren Symptomen umzugehen.
Die ExCR führte zudem zu einer Abnahme der AF-Episodenfrequenz und -dauer. Auch verbesserte sich die maximale Sauerstoffaufnahme signifikant – ein direkter Effekt des Trainings auf das kardiovaskuläre System und die Fähigkeit des Herzens und der Lunge, Sauerstoff zu transportieren und zu nutzen.
Bedeutsam ist darüber hinaus, dass ExCR die mentale Komponente der gesundheitsbezogenen Lebensqualität verbesserte. Allerdings gab es keinen signifikanten Effekt auf die physische Komponente der Lebensqualität.
Es wurden keine differenzialen Effekte hinsichtlich des AF-Subtyps oder der Art beziehungsweise Dosis der ExCR beobachtet.
So kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die aktuelle Metaanalyse die Anwendung von sportbasierter kardialer Rehabilitation bei AF-Patienten stützt, da sie mehrere klinische Vorteile ohne Zunahme schwerwiegender unerwünschter Ereignisse bietet. Zu diesen Vorteilen gehören eine Reduktion der AF-Rezidive, der Symptomstärke, der Belastung und der Episodenfrequenz sowie eine Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit und der mentalen Lebensqualität. Tatsächlich könnte ExCR eine wichtige ergänzende Behandlungsoption für AF-Patienten darstellen.