Vor Ort die Digitalkompetenz der Patienten verbessern |
Skizzierten ihre Vorstellungen einer »Apotheke der Zukunft« (von links): die Apotheker Sven Lobeda, Lara Fürtges und Marc Kriesten. / © PZ/Alois Müller
Die Apotheken stehen vor großen Herausforderungen und müssen sich neu ausrichten – darüber waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Panels am Samstag auf der Expopharm einig. Wie Apothekeninhaber Marc Kriesten vorab in einer Keynote informierte, haben 58 Prozent der Deutschen eine geringe Gesundheitskompetenz und in den nächsten Jahren werden rund 11.000 Hausärztinnen und Hausärzte fehlen.
Die Folge werde sein, dass die Apotheken künftig mehr Aufgaben in der Primärversorgung übernehmen würden. »Wir werden das Impfen ausweiten und den Ärzten ein Stück weit den Rücken freihalten«, prognostizierte er. Aus diesem Grund werde Interprofessionalität künftig noch wichtiger: »Wir müssen zusammenarbeiten.«
Kriesten empfahl den Kolleginnen und Kollegen, dafür zu sorgen, dass sie nicht nur vor Ort, sondern auch im digitalen Raum Ansprechpartner für die Patienten werden. Voraussetzung dafür sei allerdings, einen geeigneten Datenraum zu schaffen. »Die Apotheke vor Ort wird zum Digital Dealer«, beschrieb Kriesten seine Vision.
Die rund 17.000 Apotheken müssten es schaffen, eine Brücke zwischen Menschen und Technologie zu schlagen. »Treibt die Digitalisierung voran, baut interprofessionelle Netzwerke auf und gestaltet aktiv mit«, appellierte Kriesten insbesondere an die jüngeren Apothekerinnen und Apotheker. »Ohne Veränderungen heute wird es morgen keinen Nachwuchs für die Apotheken geben«, machte er die Dringlichkeit deutlich.
Die Berliner Apothekerin Lara Fürtges plädierte dafür, in den Offizinen gezielt die digitale Gesundheitskompetenz der Patientinnen und Patienten zu verbessern. So könnten die Teams erläutern, wie seriöse Gesundheitsinformationen im Netz zu erkennen sind.
Fürtges sprach sich zudem dafür aus, dass sich die Vor-Ort-Apotheker in Zukunft noch stärker in der Prävention engagieren. Eine Möglichkeit bestehe darin, Onlinekurse anzubieten und den Patienten darin Tipps zur gesunden Lebensführung zu vermitteln.
Die elektronische Patientenakte (EPA) sieht die Berliner Apothekerin als guten Schritt in Richtung Digitalisierung. Weiterhin ging sie auf das Thema Datenqualität ein. »Wir sollten kritisch diskutieren, welche Daten wir beispielsweise für die künstliche Intelligenz nutzen wollen«, schlug sie vor. Aller Digitalisierung zum Trotz bestehe der Vorzug der Apotheken aber gerade darin, vor Ort für die Menschen da zu sein – das sei nach wie vor attraktiv, betonte Fürtges.
Sven Lobeda, Apotheker aus Johannstadt, sprach ebenfalls das Problem der fehlenden Schnittstellen an und forderte eine Standardisierung der Daten und Datensysteme. »Zurzeit gibt es zig Systeme. Dadurch haben wir nicht die Möglichkeit, Daten strukturiert weiter zu nutzen«, bemängelte er. So gebe es allein acht verschiedene Foren für Defibrillatoren – das mache es im Notfall schwer und koste Zeit. Die Politik müsse für eine Standardisierung der Daten sorgen, forderte er.
Doch wie sieht die »Apotheke der Zukunft« nun aus? Kriesten schwört auf Wearables wie Smartwatches und Fitnesstracker, auf Daten und deutlich mehr Dienstleistungen. Lobeda will einfach »mehr Zukunft wagen«. Fürtges plädiert dafür, mit Weiterbildungen Kompetenzen der Mitarbeitenden in den Offizinen auszubauen. Sie hält Teams mit einer gemischten Altersstruktur für besonders wertvoll. Entscheidend sei, dass man sich gegenseitig zuhöre und voneinander lerne. »Wir sollten uns als Apotheker selbstbewusster in der Mitte eines Versorgungsteams sehen«, appellierte sie an die Kolleginnen und Kollegen.