Vom Pixel bis zum Panorama alles im Blick |
Annette Rößler |
26.09.2024 11:24 Uhr |
Proportionen und Details: Beide müssen stimmen, damit eine Skizze realistisch wirkt. / © Getty Images/FilippoBacci
Wer je schon einmal mit Papier und Stift vor einem Objekt saß und versucht hat, dieses möglichst realistisch abzuzeichnen, weiß: Das ist gar nicht so einfach. Womit soll man anfangen? Mit der groben Struktur und den Umrissen? Doch Details sind ja auch wichtig, aber nicht alle – also welche? Wie sich Künstler von anderen Menschen bei der Bewältigung dieser Aufgaben unterscheiden, hat jetzt ein Team um Dr. Jennifer E. Drake, Psychologieprofessorin an der City University of New York, untersucht und die Ergebnisse im Fachjournal »Psychology of Aesthetics, Creativity, and the Arts« veröffentlicht.
Das Studienkollektiv bildeten 40 Studierende im ersten Semester einer privaten Kunsthochschule sowie 41 Studierende anderer Fächer aus New York. Die Teilnehmenden absolvierten einzeln mehrere Tests, mit denen ihre Wahrnehmung und Verarbeitung einerseits von Details und andererseits von übergeordneten Strukturen im Fokus stand. Des Weiteren sollten die Probanden zwei möglichst realistische Skizzen zeichnen und zwei Kopien anfertigen. Dabei beobachte das Forscherteam, ob die Studierenden sich zuerst dem Gesamteindruck oder einzelnen Details zuwendeten.
Es zeigte sich, dass die Kunststudierenden den Teilnehmenden in der Kontrollgruppe sowohl hinsichtlich der Wahrnehmung und Verarbeitung von Details als auch des Gesamteindrucks überlegen waren und dass ihre ebenfalls bessere Performance beim realistischen Zeichnen damit zusammenhing. Beim Kopieren skizzierten die Kunststudierenden zunächst die Umrisse, bevor sie sich den Details widmeten.
Da frühere Studien bei Personen mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASD) eine besonders große Fokussierung auf Details gefunden hatten, wurden in einem weiteren Test auch ASD-bezogene Merkmale erfasst. Hier unterschieden sich die Teilnehmenden der beiden Gruppen jedoch nicht voneinander. Die Forschenden schlussfolgern daher, dass (angehende) Künstler sich durch eine flexible Aufmerksamkeit auszeichnen, die es ihnen erlaubt, sowohl die Details als auch das Gesamtbild einer Sache zu erfassen, dass sie aber beim Zeichnen bevorzugt mit einer groben Skizze beginnen.