Vielversprechende Daten zu einer neuen Malaria-Vakzine |
Theo Dingermann |
26.04.2021 17:00 Uhr |
In einer Phase-IIb-Studie schützte ein adjuvantierter VLP-Impfstoff der Universität Oxford zu 77 Prozent vor Malaria. / Foto: Bill and Melinda Gates Foundation
Plasmodium falciparum ist ein Erreger mit einem komplexen Lebenszyklus, der über verschiedene Mechanismen verfügt, einer Immunabwehr zu entkommen. Da leuchtet es ein, dass eine besondere Herausforderung darin besteht, einen gut wirksamen und gut verträglichen Impfstoff zum Schutz vor Malaria zu entwickeln.
Bisher waren diese Bemühungen mehr oder weniger erfolglos. So induziert der führende Malaria-Impfstoffkandidat RTS,S/AS01 zwar eine partielle Wirksamkeit durch die Induktion von Antikörpern gegen das Haupt-Oberflächenantigen der Sporozoiten, der Entwicklungsform des Einzellers, die von Mücken auf den Menschen übertragen wird. Allerdings wurde in einer Phase-III-Studie an 15.460 Kindern und Säuglingen in sieben afrikanischen Ländern südlich der Sahara zwischen 2009 und 2013 nur eine Gesamtwirksamkeit des Impfstoffs von 36,3 Prozent ermittelt. Um diesen Wert zu erreichen, waren vier Impfdosen erforderlich. Wurde nur dreimal geimpft, sank die Wirksamkeit auf 28 Prozent.
Ein Forscherteam um Mehreen S. Datoo vom Jenner-Institut der Universität Oxford in Großbritannien stellt nun in einem Preprint von »The Lancet« einen neuen Impfstoffkandidaten vor, der deutlich effizienter zu sein scheint. Die Autoren verwendeten den Impfstoffkandidaten R21. Dieser enthält in einer Hefe-Art rekombinant hergestelltes Oberflächenprotein des Hepatitis-B-Virus (HBsAg), das sich zu virusähnlichen Partikeln (VLP) zusammenlagert. An das N-terminale Ende des HBsAgs wurde die zentrale Wiederholungseinheit (NANP) und der C-Terminus des Zirkumsporozoiten-Proteins (CSP) fusioniert. R21 wurde unmittelbar vor der Verabreichung mit Matrix-M®, einem Adjuvans auf Saponinbasis, hergestellt von Novavax AB in Uppsala, gemischt.
Dieser Impfstoffkandidat R21/MM wurde in einer Phase-IIb-Studie mit 450 Kindern im Alter von fünf bis 17 Monaten in Burkina Faso getestet. Zur Kontrolle diente dabei ein Tollwutimpfstoff (Rabivax-S). Als primärer Endpunkt wurde die schützende Wirksamkeit von R21/MM 14 Tage bis sechs Monate nach Verabreichung der dritten Dosis festgelegt. Als sekundärer Endpunkt definierte das Forscherkonsortium die schützende Wirksamkeit von R21/MM von 14 Tagen bis zwölf Monate nach der dritten Dosis. Die Sicherheit und Reaktogenität sowie die humorale Immunogenität von R21/MM wurden ebenfalls untersucht.
R21/MM zeigte ein günstiges Sicherheitsprofil und war gut verträglich. Im Untersuchungszeitraum von sechs Monaten entwickelten 43/146 Kinder (29,5 Prozent), die R21/MM mit einer niedrigen Adjuvansdosis erhalten hatten, und 38/146 Kinder (26 Prozent), die R21/MM mit einer hohen Adjuvansdosis erhalten hatten, eine klinische Malaria. In der Kontrollgruppe, die mit dem Tollwutimpfstoff geimpft worden war, betrug die Malariarate 105/147 (71,4 Prozent).
Die Wirksamkeit des Impfstoffs betrug somit 74 Prozent in der Gruppe mit niedriger beziehungsweise 77 Prozent in der Gruppe mit hoher Adjuvansdosis. Nach einem Jahr blieb die Wirksamkeit mit 77 Prozent in der Gruppe, die den Impfstoff mit hochdosiertem Adjuvans erhalten hatte, hoch.
Die geimpften Kinder zeigten zudem 28 Tage nach der dritten Impfung hohe Titer von Malaria-spezifischen Anti-NANP-Antikörpern, die bei der höheren Adjuvansdosis fast doppelt so hoch waren wie bei der geringeren Adjuvansdosis. Die Titer nahmen danach zwar stetig ab, stiegen aber wieder auf Spitzentiter an, nachdem eine vierte Dosis ein Jahr später verabreicht wurde.
Dies sind erfreuliche Resultate, die mit diesem adjuvantierten Spalt-Impstoffkandidaten erzielt wurden. Abzuwarten bleibt, wie der Impfstoffkandidat in der Zulassungsstudie (Phase III) abschneidet. »Die neuen Ergebnisse unterstützen unsere hohen Erwartungen an das Potenzial dieser Vakzine, die unseres Wissens die erste ist, die das von der Weltgesundheitsorganisation WHO vorgegebene Ziel von 75 Prozent Wirksamkeit erreicht hat«, sagt der Leiter des Jenner-Instituts, Professor Dr. Adrian Hill, in einer Mitteilung der Universität Oxford.
Er hofft auf eine Notfallzulassung des Präparats durch die WHO. »Was wir uns erhoffen, ist die Zahl von 400.000 Todesfällen in den nächsten fünf Jahren auf Zehntausende zu reduzieren«, sagte er der Zeitung » The Guardian«. Bereits Ende kommenden Jahres könnte der Impfstoff seiner Meinung nach zugelassen sein. Zusammen mit seinen Partnern plant das Institut, in den kommenden Jahren 200 Millionen Dosen pro Jahr herzustellen.