Viele weiße Kittel auf dem Schulplatz in Neuruppin |
| Annette Rößler |
| 14.06.2023 17:30 Uhr |
Fast alle Apotheken in Neuruppin und den umliegenden Orten blieben heute geschlossen. Viele Mitarbeiter fanden sich auf dem Schulplatz in Neuruppin ein, um zu demonstrieren. / Foto: PZ/Annette Rößler
In Neuruppin in Nordbrandenburg hat die Pharmazie eine lange Tradition. Immerhin wurde 1819 der berühmte Schriftsteller – und Apotheker – Theodor Fontane hier geboren. Im Geburtshaus Fontanes befindet sich auch heute noch eine Apotheke. Aber die hatte heute, wie die allermeisten Offizinen in Neuruppin und den umliegenden Ortschaften, geschlossen.
»Wenn ich streike, bin ich meinen Job los. Aber die können sich das wohl leisten«, grummelte ein Kunde, der mit seinem Rezept vor verschlossener Tür stand, ärgerlich vor sich hin. Den Plakaten, die im Schaufenster über die Gründe für den Streik informierten, schenkte er keine Aufmerksamkeit. Auch nicht dem Aufruf, zur zentralen Kundgebung der Apothekenteams aus Neuruppin und Umgebung auf den Schulplatz zu kommen.
Dort hatten sich zahlreiche Menschen in weißen Kitteln eingefunden, die Plakate mit kreativen Sprüchen in die Höhe hielten. »Erst fehlen Medikamente, dann wir«, hieß es da, oder »mehr Bürokratie als Medikamente«. Personalnot, Lieferengpässe, Krankenkassen-Willkür – davon konnten alle Apothekenmitarbeiter, die dort waren, ein Lied singen. Und das taten sie dann auch, zusammen mit der Apothekerin Doreen Wegner, deren YouTube-Protestsong über eine Leinwand eingespielt wurde. Außerdem wurde fest in die Trillerpfeifen geblasen, »damit wir bis nach Berlin zu hören sind«.
»Wir wissen alle, warum wir hier sind«, sagte eine der Demonstrierenden. Viele Kunden hätten auch bereits im Vorfeld Verständnis geäußert und dem Team viel Erfolg gewünscht. Wie die Reaktion des enttäuschten Mannes vor der geschlossenen Apotheke zeigt, gilt das aber wohl noch lange nicht für die gesamte Bevölkerung. »Die eigentliche Erklärarbeit beginnt dann morgen, wenn diejenigen, die heute vor verschlossenen Türen standen, wieder in die Apotheke kommen«, waren sich viele einig. Gut gewappnet dafür sind sie, denn Informationsmaterialien gab es reichlich. Und erklären können Apothekenmitarbeiter gut – das machen sie schließlich ohnehin die ganze Zeit.