Viele Private Versicherungen bieten zu wenig |
Lukas Brockfeld |
20.02.2025 11:00 Uhr |
Stiftung Warentest warnt, dass eine Private Krankenversicherung im Alter zur existenzbedrohenden Kostenfalle werden kann. / © PantherMedia / Andriy Popov
Etwa 74 Millionen Menschen in Deutschland sind gesetzlich krankenversichert. Für einige Bürgerinnen und Bürger scheint jedoch eine Private Krankenversicherung eine bessere Option zu sein. Die PKV lockt mit angeblich niedrigeren Beiträgen, kürzeren Wartezeiten und einer besseren Versorgung. Doch eine ausführliche Untersuchung von Stiftung Warentest zeigt jetzt, dass viele Tarife der Privaten sogar schlechter abschneiden als die Gesetzliche Krankenversicherung.
Die Tester prüften insgesamt 1245 Tarifkombinationen. Dafür wurde anhand von 17 Grundleistungen ein Rundumschutz ermittelt, der möglichst über dem der Gesetzlichen Krankenversicherung liegen soll. Außerdem wurde geprüft, wie hoch die Selbstbeteiligung der Versicherten ist. Diese sollte nicht über 660 Euro im Jahr liegen.
Das Ergebnis der Auswertung überraschte selbst die Tester. Demnach erfüllten 861 der geprüften Tarifkombinationen die Anforderungen nicht. Ihre Angebote waren entweder schlechter als die der Gesetzlichen Krankenversicherung, und/oder die Versicherten mussten pro Jahr mehr als 660 Euro selbst zahlen. Viele der untersuchten Privatversicherungen bieten beispielsweise bei der Palliativpflege, der ambulanten Psychotherapie oder bei digitalen Gesundheitsanwendungen weniger als die Gesetzliche Krankenversicherung.
Damit konnte nur ein knappes Drittel der getesteten Tarife als empfehlenswert eingestuft werden. Unter diesen wurden allerdings alle mit den Noten »gut« oder »sehr gut« ausgezeichnet. Sie alle bieten nach Einschätzung von Stiftung Warentest einen guten Rundum-Schutz für ihre Versicherten.
Unter den getesteten Tarifen gab es außerdem große Preisunterschiede. Zwischen dem günstigsten und dem teuersten Tarif für Angestellte lagen mehr als 400 Euro. Beide Angebote wurden mit »sehr gut« bewertet. »Die leistungsstärksten Tarife sind oft recht teuer, der Preisaufschlag spiegelt jedoch selten den Umfang der zusätzlich abgesicherten Gesundheitsrisiken wider«, erklärt Testleiter Julian Chudoba.
Die Tester konnten in einer zusätzlichen Befragung auch feststellen, dass Privatversicherte im Durchschnitt tatsächlich schneller einen Termin bei einer Fachärztin oder einem Facharzt bekommen. So erklärten 26,1 Prozent der privat Versicherten, dass sie weniger als eine Woche auf ihren letzten Facharzttermin warten mussten. Von den Befragten mit Gesetzlicher Krankenversicherung konnten dies nur 8 Prozent angeben. Von den gesetzlich Versicherten mussten wiederum 18,6 Prozent bis zu zwei Monaten auf ihren Facharzttermin warten, unter den Privatversicherten waren es nur 9,6 Prozent.
Stiftung Warentest kommt zu dem Fazit, dass längst nicht alle PKV-Tarife mehr bieten als die Gesetzliche Krankenversicherung. Doch es gebe Private Krankenversicherungen, die einen guten Rundumschutz anbieten. Dabei bieten auch die günstigeren Tarife eine gute Versorgung.
Trotzdem sollte der Übertritt in eine Private Versicherung immer gut überlegt werden. Die Tester warnen, dass die Beiträge mit den Jahren steigen und nicht vom Einkommen abhängen. Ein Wiedereintritt in die Gesetzliche Krankenversicherung sei außerdem nur bis zum 55 Lebensjahr möglich. Eine Private Krankenversicherung könne im Alter zur existenzbedrohenden Kostenfalle werden.