Viele Medien greifen Protesttag auf |
Cornelia Dölger |
12.06.2023 16:00 Uhr |
Türen zu am 14. Juni. Über den geplanten Apotheken-Protesttag schreiben vorab viele Medien. / Foto: Imago/imagebroker
Die Apotheken in Deutschland machen an diesem Mittwoch die Schotten dicht. Bundesweite Apothekenschließungen und Protestaktionen in etlichen Städten sollen darauf aufmerksam machen, dass politischer Sparzwang, niedrige Honorare und immer mehr Bürokratie zu schwer auf jeder einzelnen betrieblichen Existenz lasten. Die flächendeckende Arzneimittelversorgung ist in Gefahr, wenn es so weitergeht wie bisher – so die Botschaft, die möglichst viele erreichen soll.
Fachmedien wie die PZ selbst berichten naturgemäß schon länger über den Protest. Inzwischen haben die Pläne aber auch Einzug in die breitere Medienlandschaft gehalten. Viele lokale Blätter, aber auch überregionale Zeitungen und Nachrichtenagenturen berichten vorab über das Vorhaben – was der Durchschlagskraft der Aktion zugute kommen dürfte.
Zum Beispiel kam der angekündigte Protest zur Primetime in der ARD-»Tagesschau« am vergangenen Mittwoch zur Sprache, dem Tag der Apotheke. Die Berliner Apothekerin Ina Lucas, die sich bei der ABDA-Nachwuchsinitiative »AByou« engagiert, kritisierte in dem rund dreiminütigen Beitrag die anhaltenden Lieferengpässe, die steigenden Kosten und die seit Jahren eingefrorenen Honorare.
Gegenrede hielt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), der betonte, der Apothekerberuf müsse aufgewertet werden, aber es gehe nicht immer nur um Geld. Im Vergleich mit anderen Berufsgruppen verdienten die Apothekerinnen und Apotheker im Übrigen gut. Ins gleiche Horn stieß ein Krankenkassensprecher. Auf das Thema Honorar ging am selben Tag tagesschau.de ein und brachte unter dem Titel »Wie es den Apotheken geht« einen ausführlichen Hintergrund zum Thema.
Ebenfalls zum Tag der Apotheke berichtete auch das Redaktionsnetzwerk Deutschland über den kommenden Protesttag – aufgezogen an der Kritik des Bundesgesundheitsministeriums an den Plänen und den Inhalten des Protests. Erläutert wird darin auch der Termin der Aktion, der mit dem 14. Juni nicht zufällig ist; in dieser Woche, genauer gesagt: heute, Montag, den 12. Juni, soll das umstrittene Lieferengpassgesetz im Gesundheitsausschuss des Bundestages besprochen werden. Die finale Beratung im Bundestag ist für den 22. Juni vorgesehen.
Auch spiegel.de kündigte den Protesttag in mehreren Beiträgen an und schilderte die Situation der Apotheken. Ebenso liefen diverse Beiträge über die Landesdienste und den überregionalen Ticker der Deutschen Presseagentur (dpa). Auch andere Nachrichtenagenturen kündigten die Proteste und deren Gründe an.
Die »Bild«-Zeitung titelte am Wochenende »Streik-Alarm! : Lauterbach gegen mehr Geld für Apotheker« und zitiert den Bundesgesundheitsminister folgendermaßen: »Die gesetzlichen Krankenkassen klagen über Finanzprobleme, der Finanzminister kürzt die Mittel. Unter diesen Umständen ist für höhere Honorare der Apotheker im Moment kein Raum.«
»Bild« rechnet gewohnt populistisch vor, dass die Honorarforderung von derzeit 8,35 Euro auf 12 Euro pro Packung bei zuletzt 602 Millionen Packungen verschreibungspflichtiger Medikamente zulasten der GKV die Krankenkassen 2,2 Milliarden Euro im Jahr zusätzlich kosten würden. Zudem betitelt die Boulevard-Zeitung die Apotheken als »klare Profiteure der Pandemie«. Dem hatte die Apothekerschaft immer vehement widersprochen, da die temporären Mehreinnahmen auch auf besonderen Leistungen wie Testungen und Maskenverteilung sowie überdurchschnittlicher Beanspruchung der Apothekenteams mit zahllosen Überstunden beruhten.
»Wir müssen laut sein, es geht jetzt ums große Ganze«, zitiert am heutigen Montag die Süddeutsche Zeitung die Apothekerin Lucas, die auch im »Tagesschau«-Beitrag vorkam. Sie sowie eine Apothekeninhaberin aus Dresden sind Protagonistinnen eines ausführlichen Artikels auf der ersten Wirtschaftsseite der überregionalen Zeitung.
Die Dresdnerin Sylvia Trautmann berichtet darin über die zunehmenden Probleme im Apothekenalltag. »Wer kann heute überhaupt noch zu einem Gehalt von 2004 arbeiten? Ich kenne niemanden.« Wie auch die »Tagesschau« berichtet die SZ von den seit Jahren sinkenden Apothekenzahlen; zuletzt war die Marke im vergangenen März auf unter 18.000 gefallen – so wenige Apotheken gab es zuletzt vor 40 Jahren.
Die Wochenzeitung »Die Zeit« berichtete unter anderem unter dem Titel »Protest auf Rezept« über die Pläne. Wie auch die SZ zog die Autorin eine Apothekerin als Beispiel für die Sorgen der Branche heran: Neben Lieferengpässen, steigenden Kosten und überbordender Bürokratie sind das bekanntlich der massive Personal- und Nachwuchsmangel sowie auch der ewige Zwist mit den Krankenkassen, Stichwort: Nullretaxationen.
Von diesem Vorgehen, das die Zahlungsverweigerung der Kassen bei formalen Fehlern auf den Rezepten oder Abweichen von Rabattverträgen beschreibt, dürften zuvor nicht allzu viele Leserinnen und Leser außerhalb der Fachkreise gehört haben. Dass mit dem Bericht also auch Einblicke ins Innenleben der Branche gewährt wurden, dürfte der Apothekerschaft und der Akzeptanz ihrer Protestpläne zugutekommen.