Versandhandel: FDP für gleichlange Spieße |
Die FDP setzt sich für die wirtschaftliche Stärkung der Vor-Ort-Apotheken ein. Das soll durch faire Wettbewerbsbedingungen zwischen Vor-Ort-Apotheken und dem Versandhandel gelingen. / © Getty Images/Heidloss Tilo Geringswald Felix GbR
Der Bundesvorstand der FDP hat »Ergänzende Beschlüsse zum Bundestagswahlprogramm« gefasst - und damit das Programm zur Bundestagswahl deutlich erweitert und konkretisiert. Das gesamte Programm ist dadurch von 52 auf 102 Seiten angewachsen, allein der gesundheitspolitische Teil von 3 auf 13 Seiten.
Am kommenden Sonntag werden die Liberalen auf ihrem Parteitag in Potsdam über das erweiterte Programm entscheiden. Wenn die Delegierten die erweiterte Fassung bestätigen, dürfte sie Grundlage für Koalitionsverhandlungen sein – falls die FDP nach der Wahl eine Machtoption hat.
In ihrem erweiterten Wahlprogramm bekennen sich die Liberalen weiter zu den Freien Berufen und einer starken ambulanten Versorgung. Sie wollen unnötige Bürokratie abbauen und die Digitalisierung weiter vorantreiben. Das Primärarztsystem soll Standard werden. Leistungen, die sich nicht bewährt haben, sollen aus dem GKV-Leistungskatalog gestrichen werden.
Wurden die Apotheken im Wahlprogramm der FDP anfangs nicht erwähnt, versprach die Partei in einer vor Weihnachten veröffentlichten Fassung in zwei Sätzen, sich für eine Stärkung der Apotheken einsetzen zu wollen: »Für eine gute Versorgung mit Arzneimitteln braucht es starke Apotheken. Sie benötigen Voraussetzungen, unter denen sie wirtschaftlich arbeiten können.«
Im erweiterten Programm konkretisieren die Liberalen, welche Voraussetzungen sie meinen. »Dazu gehören faire Wettbewerbsbedingungen zwischen Vor-Ort-Apotheken und dem Versandhandel. Dafür wollen wir sorgen«, heißt es. Was sie unter »fairen Wettbewerbsbedingungen« verstehen, führen die Liberalen nicht weiter aus.
Lieferengpässe dürfe es nicht mehr geben, heißt es weiter. Um das zu erreichen, will sich die FDP »für eine Rückverlagerung der Produktion wichtiger Arzneimittel nach Deutschland und Europa« einsetzen. Hierfür wollen die Liberalen die nötigen Rahmenbedingungen schaffen.
Um die Versorgung mit Arzneimitteln sicherzustellen, setzen sich die Liberalen laut ihrem Programm zudem dafür ein, den Produktions- und Forschungsstandort Deutschland zu stärken. Damit Medikamente schneller auf den Markt kommen, will die FDP »Zulassungsverfahren beschleunigen, die Regeln der Nutzenbewertung und der Preisverhandlungen überprüfen und bürokratische Hürden abbauen, ohne Kompromisse bei der Patientensicherheit zu machen«. Therapieerfolge sollen besonders vergütet werden.
Laut ihrem Wahlprogramm macht sich die FDP außerdem für eine Stärkung der Freien Berufe sowie für eine unabhängige Selbstverwaltung stark. Die Liberalen wollen demnach die im Gesundheitswesen Tätigen und deren Selbstverwaltung gegenüber staatsmedizinischen Eingriffen absichern. »Zu einer Stärkung der flächendeckenden ambulanten Versorgung gehört für uns auch, dass die ungekürzte Vergütung aller Gesundheitsberufe leistungsgerecht erfolgen muss«, heißt es.
In der ambulanten Versorgung setzt sich die FDP für ein Primärarztsystem als neuen Standard ein. Die Primarärztin oder der Primärarzt sollen erste Ansprechpartner sein und bei der Koordination der passenden Behandlung helfen. Das verhindere Wartezeiten und reduziere Doppeluntersuchungen. Laut dem erweiterten Wahlprogramm sollen Versicherte, die die freie Arztwahl in Anspruch nehmen, künftig einen pauschalen Zusatzbeitrag zahlen. »Versicherte, die an der Primärarztversorgung nicht teilnehmen möchten, können für einen einkommensunabhängigen Zusatzbeitrag im bisherigen System bleiben«, formuliert die FDP im erweiterten Programm.
Am dualen System aus Gesetzlicher und Privater Krankenversicherung will die FDP festhalten. Um die wachsenden Kassenausgaben in den Griff zu bekommen, sollen in Zukunft die Ausgaben nicht stärker wachsen als die Einnahmen. Geht es nach der FDP, sollen alle Leistungsausweitungen der vergangenen zehn Jahre auf den Prüfstand gestellt und Leistungen, die sich nicht bewährt haben, aus dem GKV-Leistungskatalog gestrichen werden.
Neu ist, dass die FDP den Kassen ermöglichen will, vom Leistungskatalog abzuweichen. Außerdem will sie den Spielraum für Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern ausweiten, um innovative Versorgungsformen zu ermöglichen. Um mehr Anreize zu kostenbewusstem Verhalten zu setzen, will die Partei zudem die Beitragsrückerstattung als Standard für alle ermöglichen, die im Laufe eines Kalenderjahres keine Gesundheitsleistungen – außer Vorsorge – in Anspruch nehmen.
Die Entbürokratisierung des Gesundheitswesens hat sich die FDP schon länger auf die Fahnen geschrieben. Im erweiterten Wahlprogramm fordert die Partei eine »Bepreisung« von Bürokratie- und Berichtspflichten. »Wer Bürokratie fordert, muss sie künftig auch bezahlen«, heißt es. Auf diese Weise wollen die Liberalen »Anreize für mehr Effizienz« schaffen.
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen wollen die Liberalen vorantreiben. Nach ihren Vorstellungen soll Telemedizin insbesondere bei Bagatellerkrankungen Teil der Regelversorgung werden. »Für eine gute Versorgung der Patientinnen und Patienten müssen ihre Gesundheitsdaten den Akteuren der Gesundheitsversorgung umfassend und in Echtzeit vorliegen. Alle Daten müssen auch der am Patientenwohl orientierten Forschung zur Verfügung stehen«, heißt es.
Weiterhin fordern die Liberalen eine »proaktive Präventionsstrategie«. Jede Erkrankung, die durch Prävention vermieden werde, erhöhe die Lebensqualität der Menschen und senke die Kosten für das Gesundheitssystem. Die Digitalisierung biete hierbei große Chancen, zum Beispiel durch innovative Technologien wie Gesundheits-Apps, Telemedizin und Wearables. Wer Vorsorge betreibe, sich bewege, an Früherkennungsprogrammen teilnehme oder sich zum Beispiel impfen lasse, verursache insgesamt weniger Ausgaben für seine Krankenkasse. Deshalb will die FDP den Krankenkassen ermöglichen, für diese Versicherten einen reduzierten Zusatzbeitrag einzuführen.
Alle vier Jahre wird in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt. Wir berichten mit Blick auf die Gesundheitspolitik und die Auswirkungen für die Apotheken.