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EU-Pharmapaket

Verliert die Pharmaindustrie ihren Status quo?

Mit dem neuen Pharmapaket plant die EU-Kommission unter anderem die Verkürzung der Marktexklusivität von neuen Arzneimitteln. Allein der Gedanke lässt die Industrie erschaudern. Welche Überlegungen stecken aus Sicht der EU-Kommission dahinter?
AutorKontaktJennifer Evans
Datum 02.03.2023  14:00 Uhr

Mit dem sogenannten Pharmapaket will die EU-Kommission die inzwischen 20 Jahre alten Rechtsvorschriften für Humanarzneimittel überarbeiten, um sie zukunfts- und krisenfest zu machen. Ziel ist es, Medikamente für alle EU-Bürger zugänglicher und erschwinglicher zu machen – nicht nur für Menschen in reichen Mitgliedstaaten. Und: Innovationen zu fördern.

Die ersten Entwürfe für die Reform hatten vor Kurzem bereits die Runde gemacht, obwohl die EU-Kommission ihre Vorschläge eigentlich erst Mitte März offiziell vorstellen wollte, um dann Ende März das Gesetzgebungsverfahren einzuleiten. Laut Entwurf stellt die neue Pharmastrategie »einen Wendepunkt« für Europa dar. Unter anderem plant die EU-Kommission, das Anreizsystem für die Industrie zu erneuern oder »gezielter zuzuschneiden«, wie es die EU-Politiker gern formulieren.

Verkürzung des Exklusivrechts

Aus Schutz vor Wettbewerb war es Pharmaunternehmen bisher möglich, ein neues Arzneimittel bis zu zehn Jahre lang exklusiv auf den EU-Markt zu bringen. Die EU-Kommission will diese Zeit nun verkürzen. Und zwar auf 6 Jahre. Belohnt wird aber, wer sich Mühe gibt. Das bedeutet: Entwickelt ein Hersteller ein Präparat für einen sogenannten ungedeckten medizinischen Bedarf, bekommt er ein zusätzliches Jahr Marktexklusivität geschenkt. Bringt er das Medikament in allen EU-Mitgliedstaaten auf den Markt, bedeutet das ein weiteres Jahr Schutzfrist. Ein halbes Jahr zusätzlich gibt es, wenn er außerdem klinische Vergleichsprüfungen durchführt. Bei maximal acht Jahren ist aber dann in jedem Fall Schluss.

Ausnahmen sollen für Orphan Drugs und Biosimilars gelten. Medikamente dieser Gruppen, die einen hohen medizinischen Bedarf decken, sollen eine Schutzfrist von zehn Jahren bekommen. Alle anderen Präparate für seltene Erkrankungen neun Jahre. Sind sie bereits nach altem Recht zugelassenen, sind fünf Jahre vorgesehen. Außerdem will Brüssel die Marktzulassungsanträge für ähnliche Arzneimittel schon früher erlauben. Nämlich bereits dann, wenn das Exklusivitätsrecht in weniger als zwei Jahren ausläuft. Der Gedanke, der hinter den neuen Anreizen für die Innovationen stecke, sei, die Lehren aus der Covid-19-Pandemie sowohl Patienten als auch der Industrie zugutekommen zu lassen, wie eine Kommissionsprecherin betonte.

Weniger Vorschriften, schnellere Bewertungen

Für die EU-Kommission ist es demnach zentral, dass in Zukunft der Spagat zwischen Planbarkeit für die Industrie und einem offenen Arzneimittelmarkt für alle EU-Mitgliedstaaten gelingt. Die Reform soll daher ausdrücklich »Innovation und die Wettbewerbsfähigkeit der pharmazeutischen Industrie« unterstützen, so die Kommissionsprecherin. Gleichzeitig gilt es, die Prozesse anzupassen. In diesem Zusammenhang spricht sie von einem »vereinfachten Rechtsrahmen mit weniger Vorschriften und weniger Bürokratie« sowie von insgesamt »schnelleren Bewertungen und strafferen Zulassungsverfahren«.

Ein weiteres Instrument, das die EU-Kommission in Zukunft dauerhaft etablieren möchte, sind Notfallgenehmigungen für neue Arzneimittel. Bei Gesundheitskrisen soll es dann für einen befristeten Zeitraum möglich sein, Medikamente schnellstmöglich zur Verfügung zu stellen. Die Pläne aus Brüssel sehen ebenfalls Zwangslizenzen vor. Damit soll im Falle von Gesundheitsnotlagen eine Produktion patentgeschützter Arzneimittel auch ohne die Zustimmung des Patentinhabers möglich sein.

Belohnungssystem bei Antibiotika-Entwicklung

Teil des Reformpakets ist außerdem ein Belohnungssystem für die Antibiotika-Entwicklung. Dabei erhält ein Unternehmen, das ein neues Antibiotikum mit neuem Wirkmechanismus oder Antibiotikaklasse entwickelt hat, einen Gutschein, mit dem es die Marktexklusivität eines anderen Arzneimittels seiner Wahl um ein Jahr verlängern kann. Dieses Modell dürfte einer der wenigen Punkte sein, auf die sich die Industrie freut. So können die Hersteller nämlich den Zeitpunkt hinauszögern, bis ein Generikum auf den Markt kommen kann.

Doch das Anreizsystem steht in der Kritik. Wie die Kommissionssprecherin sagte, nehme man die von einigen Mitgliedstaaten geäußerten Bedenken zur Kenntnis und erkenne an, dass diese Option Vor- und Nachteile habe. Doch sie betonte auch: »Wir brauchen eine innovative Lösung, um das derzeitige Marktversagen zu beheben.« Bleibe es bei der Voucher-Lösung, komme diese allerdings nur »unter sehr strengen Bedingungen«, versprach sie.

Was den Kampf gegen Antibiotikaresistenzen angeht, steckt aber in den derzeitigen EU-Entwürfen noch mehr. So ist etwa die Rede davon, generell rezeptfreie Antibiotika aus dem Verkehr zu ziehen sowie Verschreibungsdauern zu verkürzen, Packungsgrößen zu verkleinern oder diagnostische Tests einzusetzen.

Industrie muss besser planen

Mit Blick auf die Arzneimittel-Engpässe will die EU-Kommission auf jeden Fall härter durchgreifen und Pharmakonzerne dazu verpflichten, einen Produktionsplan aufzustellen. Darin sollen sie unter anderem auch festhalten, wie sie ihre Produktion im Notfall schnell hochfahren können. Droht ein Engpass, sollen die Mitgliedstaaten davon mindestens sechs Monate im Vorfeld erfahren.

Zudem soll es demnächst eine Liste »kritischer Arzneimittel« geben – und zwar neben der bereits bestehen Engpass-Liste der Europäischen Arzneimittelagentur – EMA. Insgesamt strebt Brüssel »mehr Transparenz der Vorräte« an, wie die Kommissionsprecherin hervorhob. Was das für den Alltag in den Apotheken – und eine mögliche Bestandabfrage – bedeutet, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar.

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