Verfassungsrechtliche Bedenken gegen PTA-Vertretungspläne |
| Cornelia Dölger |
| 11.11.2025 10:32 Uhr |
Gegen einen zentralen Kritikpunkt der Apothekerschaft, die geplante PTA-Vertretung, spricht sich auch die FA aus. / © Getty Images/Luis Alvarez
Ein höheres Fixum auf »zumindest« 9,50 Euro sieht der Verein als »zwingend notwendig«, heißt es in der gut 20-seitigen Stellungnahme. Dass die Erhöhung seit nunmehr zwölf Jahren ausbleibe und auch in den Reformplänen nicht auftauche, sei »nicht tragbar«. Laut einem Gutachten habe das Fixum allein auf Grundlage der Inflationsentwicklung schon 2023 bei 11,78 Euro liegen müssen. Hinzu komme, dass die Apotheken den Krankenkassen seit 2004 knapp 29 Milliarden Euro erspart hätten – mit Blick auf das nicht inflationsangepasste Fixum sei dies eine ungerechtfertigte Einsparung für die Kassen von etwa 21 Milliarden Euro in den vergangenen 20 Jahren.
Neben der Anpassung sei das Fixum zu dynamisieren, und zwar jährlich zum 30. Juni, so die Forderung. Orientierung sollten dabei Nominallohnindex, Verbraucherindex, Bruttoinlandsprodukt, Inflation, Tarifsteigerungen sowie die generelle Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Einkommen geben. Die im Reformentwurf geplante Verhandlungslösung werde »grundsätzlich« begrüßt.
Die geplante Einführung von Zuschlägen für Landapotheken in der Apothekenbetriebsordnung und der Arzneimittelpreisverordnung sei hingegen abzulehnen, etwa weil die Neuregelung dem Grundsatz eines einheitlichen Apothekenabgabepreises widerspreche und sich zudem allein aus dem Problem der Definition einer »Landapotheke« Konflikte ergeben würden. Die FA plädiert hier für eine strukturelle Anhebung der Notdienstpauschale.
Gegen einen zentralen Kritikpunkt der Apothekerschaft, die geplante PTA-Vertretung, spricht sich auch die FA aus. Die Anwesenheitspflicht von Approbierten in der Apotheken sei »keineswegs Selbstzweck, sondern dient der Sicherstellung, dass die Vielzahl der Apotheker treffenden Rechtsvorgaben in einer staatlicherseits überprüfbaren Weise eingehalten werden«, heißt es.
Ausnahmen seien bewusst eng gefasst, weshalb die geplante Neuregelung einen »Paradigmenwechsel« darstelle, der sogar verfassungsrechtlich bedenklich sei, weil das Abweichen vom apothekenrechtlichen Grundsatz der Anwesenheitspflicht einer gesetzlichen Regelung bedürfe. Auch hier verweist der Verein auf ein entsprechendes Gutachten, das sich allerdings mit den »Apotheke-light«-Reformplänen des ehemaligen Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) befasst. Die Regelung berge zudem die Gefahr, dass das Fremdbesitzverbot ausgehöhlt werde. Dem sei »entschieden entgegenzutreten«.
Vielmehr solle PTA der Weg zum Pharmaziestudium erleichtert werden, so der Vorschlag. Es brauche zudem mehr Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, die am Ende ein neues Berufsbild für PTA ermöglichen sollten. »Nach erfolgter Weiterbildung sollten Absolventen insbesondere die Befugnis erhalten, weitere pDL durchzuführen und Impfungen vorzunehmen«, schlägt die FA vor.
Die Erleichterungen bei der Gründung von Zweigapotheken seien abzulehnen. Dadurch würden »Grundgedanken des Apothekenrechts erschüttert, ohne dass ein dafür erforderlicher Grund ersichtlich ist«. Auch die geplante Abschaffung der zwingenden Raumeinheit sieht der Verein mit Skepsis. Hier entstünden verfassungsrechtliche Probleme, weil der Schutz der Volksgesundheit gefährdet sei, wenn entsprechend erforderliche und gebotene Einschränkungen im Sinne der Gefahrenabwehr letztlich wegfielen.
Ein Problem sieht der Verein auch in der geplanten Aufweichung der Dienstbereitschaft. Sie führe wie auch die Pläne für individuelle Öffnungszeiten »zu einer faktischen Entwertung des gesetzlichen Versorgungsauftrags«, was zulasten des Verbraucherschutzes und der Patientensicherheit gehe. So sei zu befürchten, dass die Flexibilisierung der Öffnungszeiten »zu einer substantiellen Verschlechterung der Versorgungssicherheit führen wird« – was wiederum der im Grundgesetz verankerten Pflicht, effektive und verlässliche Strukturen für die Arzneimittelversorgung vorzuhalten, entgegenstehe.
Um die Rabattaktionen der Versender einzuhegen, soll die Selbstverwaltung gestärkt werden – konkret soll da persönliche Haftungsrisiko für Mitglieder der so genannten Paritätischen Stelle vermindert werden. Die FA kritisiert, dass es hier überhaupt ein persönliches Haftungsrisiko »für (leichte) Fahrlässigkeit« gibt. Dies widerspreche dem Schutz »ehrenamtlicher, öffentlich-rechtlich überlagerter Tätigkeit im deutschen Haftungsrecht«. Stattdessen plädiert die FA für eine ausdrückliche Haftungsbegrenzung »auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit«.
Dass Bundesgesundheitsministerin Nin Warken (CDU) sich nicht konkret zur Möglichkeit eines Rx-Versandhandelsverbots einlässt, stört die Freien Apotheker. Gerade jetzt sei wichtig, dass »klare Fakten« benannt würden. Dazu zähle unter anderem, dass ein Versandverbot unionsrechtlich möglich sei. »Es gibt aus Sicht der Freien Apothekerschaft daher keinen rechtlichen Grund, diese zentrale Maßnahme zur Sicherung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung weiter hinauszuzögern.« Mindestens müsse eine Negativliste für sensible Medikamente, die nicht versendet werden dürfen, geschaffen werden. Die Versender müssten überdies zur Einhaltung von GDP-Vorgaben gezwungen werden.
Die geplante Möglichkeit, Rx-Medikamente ohne Rezept abzugeben, wird grundsätzlich begrüßt. Allerdings sollte auf die Vorgabe eines Mindestzeitraums von vier Quartalen sowie auf die verpflichtende Nachweiserbringung über die elektronische Patientenakte (ePA) verzichtet werden, so der Vorschlag.
Rabattarzneimittel sollten nach Meinung des Vereins grundsätzlich von der Zuzahlung befreit werden. »Eine solche Regelung würde die Attraktivität der Vor-Ort-Apotheken gegenüber dem ausländischen Versandhandel stärken, der teils unzulässige Preisnachlässe gewährt, und zugleich die Akzeptanz von Rabattverträgen durch direkte finanzielle Vorteile für Patientinnen und Patienten erhöhen.«