Verband warnt vor Schließungen wegen AvP-Insolvenz |
Jennifer Evans |
25.09.2020 17:00 Uhr |
Die wirtschaftliche Situation der Offizinen ist nach Auffassung mehrerer Apothekerorganisationen ohnehin schon angespannt. Die Zahlungsausfälle aufgrund der AvP-Insolvenz halten sie nun für das i-Tüpfelchen. / Foto: Fotolia/akf
Jede fünfte Apotheke in Sachsen-Anhalt ist unverschuldet in akuten Zahlungsnöten. Das teilten die Kammer und der Verband des Landes heute mit. Nach der AvP-Insolvenz bangen sie um die noch ausstehenden Gelder für ihre Rezeptabrechnungen mit den Kassen. Betroffen seien in Sachsen-Anhalt deutlich mehr als 100 der insgesamt 581 öffentlichen Apotheken. Die Zahlungsausfälle bewegten sich pro Betrieb in einem Bereich von mindestens 120.000 Euro bis 400.000 Euro, heißt es.
»Da dieses Geld dringend für die Bezahlung der Rechnungen für die vom Großhandel und der Industrie gelieferten Arzneimittel, aber auch für Mieten, Gehälter und Sozialbeiträge benötigt wird, geraten viele der von der Insolvenz des Rechenzentrums betroffenen Apotheken unverschuldet in eine akute finanzielle Notlage«, bemängelt Jens-Andreas Münch, Präsident der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt. Auch wenn nur ein kleiner Teil der betroffenen Apotheken selbst Insolvenz anmelden müsse, komme es zu gefährlichen Liquiditätsproblemen. Die bedrohten dann nicht nur die Existenz des Unternehmens, sondern könnten auch die wohnortnahe Arzneimittelversorgung gefährden, warnt er. »Wenn erst einmal eine Apothekenschließung gerade im ländlichen Raum erfolgt ist, wird sich dort keine neue Apotheke mehr ansiedeln.«
Die beiden Apothekerorganisationen haben nun einen Hilferuf in Richtung Politik losgeschickt und der Mitteilung zufolge einen Brief an den Ministerpräsidenten des Landes Sachsen-Anhalt verfasst. »Es geht hier um Gelder der Sozialversichertengemeinschaft, die durch ein Insolvenzverfahren nicht ausgezahlt werden können und damit trotz bereits erbrachter Leistung den Apotheken nicht zur Verfügung stehen«, so der Kammerpräsident.
Der ersatzlose Ausfall einer ganzen Monatsabrechnung ist auch in den Augen von Mathias Arnold, Vorsitzender des Landesapothekerverbands Sachsen-Anhalt (LAV), »nahezu für jeden Apothekeninhaber existenzbedrohend«.
Auch in Nordrhein sieht man schwarz. Der Apothekerverband geht von einer »Verdopplung des Apothekensterbens« aus. Etwa 5 Prozent der 3.985 Apotheken in Nordrhein-Westfalen sind demnach so stark betroffen, dass ihnen eine kurzfristige Schließung droht. »Bei nun rund 700 zu erwartenden Apotheken-Schließungen stünden bundesweit auch fast 5000 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Allein durch die AVP-Insolvenz etwa 2500«, rechnet der Verband vor.
Der AVNR-Vorsitzende Thomas Preis appelliert gleichermaßen an Politik, pharmazeutischen Großhandel und Banken, »einen schnell wirksamen Beitrag zu leisten, um Schließungen der Apotheken zu verhindern und möglichen Versorgungslücken vor Ort sowie Arbeitsplatzverlusten effektiv entgegenzuwirken«.
Außerdem fordert der AVNR die vorläufige Insolvenzverwaltung der AvP Deutschland GmbH dazu auf, den betroffenen Apotheken die noch nicht abgerechneten Rezepte zur Verfügung zu stellen. »Unsere Position werden wir auch in dem bereits für Anfang der Woche terminierten Gespräch mit Herrn Dr. Hoos wiederholen«, verspricht Preis. In dem Gespräch werde es aber auch darum gehen, gemeinsam mit der vorläufigen Insolvenzverwaltung »eine rechtlich tragfähige, aber gleichzeitig auch pragmatische und kurzfristige Lösung zu erarbeiten«. Dem Gespräch blickt er nach eigenen Angaben zuversichtlich entgegen.