Verband stellt Strafanzeige gegen Apothekenkunden |
Alexander Müller |
02.10.2025 14:30 Uhr |
Der Thüringer Apothekerverband hat Strafanzeige gegen einen Mann gestellt, der ein Schmähvideo gegen eine Apothekerin veröffentlicht hat. / © Adobe Stock/Animaflora PicsStock
Der Beschuldigte hatte sein Video am 20. August auf Tiktok veröffentlicht. Darin regt er sich über den Preis für den Reimport auf – und wird dabei schwer ausfallend. Über die namentlich genannte St. Georg Apotheke von Inhaberin Uta Mühle sagt er unter andere, »diese Mistschweine«, »diese dreckigen Mistratten« und »da würde ich nicht mehr hingehen, sind Verbrecher, sind Juden«.
Aus Sicht des ThAV sind die Aussagen nicht nur grob beleidigend, »sondern enthalten zudem eine antisemitische Schmähung, die über eine individuelle Beleidigung hinaus die Menschenwürde berührt und geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören«, heißt es in der Strafanzeige, die der PZ vorliegt.
Wie es zu dem Hassvideo kam, hat Apothekerin Mühle gegenüber der PZ ausführlich geschildert. Auch in der Strafanzeige wird der Hintergrund der mutmaßlichen Straftat berichtet: Die verordnete Salbe war nur als Reimport erhältlich – mit Originalverpackung aus dem Ausland und kyrillischem Aufdruck. Der Kunde hatte den Aufkleber des Reimporteurs von der Packung entfernt und fühlte sich wegen des Preises von der Apotheke übervorteilt.
Der ThAV stellt in der Strafanzeige klar, dass sich der deutsche Preis eben nicht nach dem auf der ausländischen Packung aufgedruckten Wert richte, sondern nach den zwingenden Vorgaben der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). »Ein Abweichen hiervon wäre für unsere Mitgliedsapothekerin rechtswidrig gewesen und hätte berufsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können.« Apothekerin Mühle hatte demnach »keinerlei Spielraum bei der Preisgestaltung«.
Die im Video verwendeten Schimpfworte stellen aus Sicht des Verbands eindeutige Beleidigung gemäß § 185 Strafgesetzbuch (StGB) dar, die die Ehre und Würde der betroffenen Apothekerin verletzen. Auch die üble Nachrede und Verleumdung (§§ 186, 187 StGB) sieht der ThAV als erfüllt an, da die Behauptung, die Apotheke sei »verbrecherisch« tätig, eine ehrverletzende Tatsachenbehauptung sei.
Und im Kontext einer Schmähung stelle die Formulierung »sind Juden« eine antisemitische Herabwürdigung dar. Sie sei geeignet, Hass gegen eine religiöse Gruppe zu schüren und den öffentlichen Frieden zu stören. Damit wäre der Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB) erfüllt.
Der Verband bittet die Staatsanwaltschaft, gegen den Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren einzuleiten und die strafrechtliche Relevanz der geschilderten Aussagen zu prüfen.
ThAV-Geschäftsführer Alexander Schneeberg sagte gegenüber der PZ: »Wir haben uns nach Rücksprache mit dem Anwalt von Frau Mühle entschlossen, als Verband selbst Strafanzeige zu erstatten, um uns schützend vor sie zu stellen. Wir hoffen, dass wir damit den Fokus dieses hasserfüllten Menschen zumindest teilweise von Frau Mühle weglenken können«.
Es sei erschütternd, mitansehen zu müssen, wie man so unvermittelt in eine derartige Situation geraten könne, so Schneeberg weiter. »Noch beschämender ist, dass das soziale Netzwerk nach all den Jahren seiner Existenz nicht in der Lage war, einen derart hetzerischen Beitrag trotz mehrfacher Meldungen umgehend zu entfernen.« Mehrere zehntausend Aufrufe und etliche Kommentare sprächen für sich. »Meine Erwartung ist, dass solche Inhalte sofort herausgefiltert und die Verantwortlichen unverzüglich gesperrt werden«, fordert Schneeberg.
Apothekerin Mühle erfährt nicht nur vom Verband und ihrer Kammer Unterstützung. Auch die Lokalpresse berichtet über den Vorfall, auch die »Bild«-Zeitung hat sich schon gemeldet.