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EU-Kommunalabwasserrichtline

Verbände beantragen Streithilfe gegen KARL

Die neue europäische Kommunalabwasserrichtlinie (KARL) stößt bei Pharmaunternehmen auf großen Widerstand – und Klagen vor dem Europäischen Gericht (EuG). Mehrere Herstellerverbände haben nun Antrag auf Streithilfe gestellt. Pharma Deutschland fordert, die Umsetzung von KARL vorerst zu auszusetzen.
Ev Tebroke
10.07.2025  14:00 Uhr

Der Widerstand der Pharmaunternehmen gegen die geänderte EU-Kommunalabwasserrichtlinie (KARL) ist groß. Die mit der Novellierung einhergehende geplante Einführung einer verpflichtenden vierten Reinigungsstufe in Kläranlagen sieht eine weitreichende Herstellerverantwortung vor. Der Großteil der finanziellen Last soll vor allem auf die Pharma- und Kosmetikbranche abgewälzt werden.

Zahlreiche Pharmaunternehmen hatten deshalb Klage beim EuG eingereicht. Nun bekommt ihr Anliegen Rückendeckung von ihren jeweiligen Branchenverbänden: Der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie (BPI) , Pro Generika und Pharma Deutschland haben jeweils einen Antrag auf Streithilfe beim Europäischen Gericht (EuG) eingereicht.

Die Branche hält die Vorgaben aus Brüssel für sehr bedenklich. Die Konsequenzen der Richtlinie auf die Arzneimittelproduktion sei nicht ausreichend bedacht, so die Kritik. Die Unternehmen warnen vor dem Abwandern der Produktion und einer deutlichen Verteuerung von Arzneimitteln. Zudem bestehe die Gefahr, dass aufgrund des hohen Kostendrucks wichtige Medikamente nicht mehr verfügbar wären. Pro Generika etwa hatte vor einem Tsunami an Engpässen« gewarnt. Medienberichten zufolge erwägen Generikahersteller zudem etwa Metformin-haltige Präparate vom Markt zu nehmen, weil die durch die EU-Vorgaben entstehende Mehrkosten nicht mehr zu stemmen seien.

Die am 1. Januar 2025 in Kraft getretene Richtlinie sieht eine vierte Klärstufe zur Entfernung von Mikroschadstoffen vor. Gemäß des Verursacherprinzips sollen sich Pharma- und Kosmetikhersteller zu mindestens 80 Prozent an den Kosten der neuen Klärstufe beteiligen. Die Mitgliedstaaten müssten die EU-Richtlinie nun innerhalb von drei Jahren in nationales Recht umsetzen.

Doch der monatelange Protest der Hersteller hatte auch auf politischer Ebene bereits Früchte getragen: So hat die EU-Kommission auf Druck des EU-Parlaments Anfang Juni angekündigt, die umstrittene Richtlinie erneut prüfen zu wollen. Die Branche hofft nun, vor Gericht ihre Standpunkte und Bedenken einbringen zu können und somit letztlich eine verhältnismäßigere und aus ihrer Sicht praktikablere Lösung zu erwirken. In Form von Streithilfen ist es den Verbänden jeweils möglich, die Perspektiven der Hersteller in das Gerichtsverfahren einzubringen.

»Die Streithelferstellung ermöglicht es uns, sämtliche Generika-Unternehmen zu unterstützen – auch die, die nicht klagen. Dies ist wichtig, denn die finanzielle Belastung trifft die gesamte Branche«, so Bork Bretthauer, Geschäftsführer von Pro Generika. Auch BPI und Pharma Deutschland wollen auf diese Weise ihren Mitgliedern den Rücken stärken, wie sie mitteilten.

Pharma Deutschland: Umsetzung stoppen

Bis zur gerichtlichen Klärung fordert Pharma Deutschland zudem, die Umsetzung von KARL zu stoppen.

»Die Kommunalabwasserrichtlinie ist in ihrer jetzigen Fassung am Ende. Die Europäische Kommission sollte jetzt die Umsetzung stoppen und im Lichte des Ergebnisses der Überprüfungen der Kosten und Auswirkungen der Herstellerverantwortung auf die betroffenen Sektoren einen Neustart wagen«, betont Jörg Wieczorek, Vorstandsvorsitzender von Pharma Deutschland.

Es gebe in der EU keine Institution, die die Kommunalabwasserrichtlinie noch inhaltlich verteidige. Das stärkste Argument der Befürworter sei, dass das kommunale Abwasser europaweit eine vierte Klärstufe braucht und dass dies irgendjemand bezahlen muss. Aber gerade, weil die Beseitigung von Spurenstoffen aus dem Abwasser eine dringende und gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei, dürfe mit der aktuellen »und völlig unzulänglichen Richtlinie keine wertvolle Zeit vertrödelt werden. Jetzt müssen erst die Fakten geklärt werden. Anschließend geht es an die gerechte Verteilung der Kosten«.

Seitens des BPI heißt es: »Die aktuelle Ausgestaltung der Richtlinie bedroht nicht nur die wirtschaftliche Stabilität vieler Unternehmen, sondern gefährdet auch die Arzneimittelversorgung in Europa«, so BPI-Hauptgeschäftsführer Kai Joachimsen. »Wer den Umwelt- und Gewässerschutz ernst nimmt, muss auch für eine gerechte und tragfähige Finanzierung sorgen.«

In einer gemeinsamen Mitteilung unterstreichen Joachimsen und Bretthauer, dass sich die pharmazeutische Industrie klar zu ihrer Verantwortung für Umwelt und Nachhaltigkeit bekenne. Ziel müsse jedoch ein ausgewogener regulatorischer Rahmen sein, der ökologische Notwendigkeiten mit ökonomischer Realität verbindet. »Wir setzen uns für eine Richtlinie ein, die verhältnismäßig, praktikabel und zukunftsfähig ist – für Umwelt, Wirtschaft und Versorgungssicherheit gleichermaßen«, so Joachimsen und Bretthauer.

Gegenwind gibt es auf EU-Ebene von den Grünen. Die EU-Politikerin Jutta Paulus (Grüne/EVA) hatte jüngst vor spürbaren Preissteigerungen für Haushalte und mittelständische Betriebe gewarnt, falls die EU-Kommission entscheidet, dass Pharma- und Kosmetikhersteller eine vierte Reinigungsstufe nicht mitfinanzieren.

 

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