| Christina Hohmann-Jeddi |
| 08.05.2024 07:00 Uhr |
Welche Neuronen im ZNS Entzündungsreaktionen mitregulieren, hat eine Forschungsgruppe aus New York entdeckt. / Foto: Adobe Stock/solvod
Eine Immunreaktion auf einen Trigger, etwa eingedrungene Pathogene, muss fein ausbalanciert sein. Ist sie zu schwach, kann sie eine Infektion nicht ausreichend eindämmen, ist sie zu stark, kann sie das körpereigene Gewebe schädigen. Frühere Forschungsarbeiten weisen darauf hin, dass der Vagusnerv, der dem Hirnstamm entspringt und auch als zehnter Hirnnerv bezeichnet wird, bei diesem Ausbalancieren eine wichtige Rolle spielt.
Jetzt haben Forschende um Hao Jin von der Columbia University in New York City genauer untersucht, welche Neuronen dafür wichtig sind. Hierfür injizierten sie Mäusen eine bakterielle Substanz, die Entzündungen auslöst. Als Antwort auf dieses Signal wurden verschiedene Neuronen im Vagusnerv aktiviert. Schaltete das Team diese Nervenzellen experimentell durch einen Wirkstoff an, sank der Spiegel an inflammatorischen Zytokinen im Blut der Tiere. Inaktiviertes es die Zellen, führte dies zu einer unkontrolliert hohen Entzündungsreaktion. Bei weiteren Untersuchungen konnte das Team um Jin zwei verschiedene Gruppen von Neuronen identifizieren – eine sprang auf pro- und eine auf antiinflammatorische Signale an.
Die Forschenden hoffen, hier einen neuen Ansatzpunkt für Therapien gegen Erkrankungen mit überschießenden Immunreaktionen wie Autoimmun- oder chronisch-entzündliche Erkrankungen gefunden zu haben. Noch sei aber mehr Forschung nötig, um die beteiligten Mechanismen zu verstehen. Man befinde sich noch ganz am Anfang, schreibt das Team im Fachjournal »Nature«.
Dem Immunologen Professor Dr. Ruslan Medzhitov von der Yale University in New Haven zufolge sind die Erkenntnisse unerwartet. Man habe zwar gewusst, dass der Hirnstamm eine ganze Reihe von grundsätzlichen Funktionen erfüllt, etwa die Regulation der Atmung, sagte er gegenüber der Nachrichtenseite von »Nature«, aber hier zeige sich, dass »es eine ganze Schicht an Biologie gibt, die wir noch nicht einmal erahnt haben«.