Update der Leitlinie zur atopischen Dermatitis |
Laura Rudolph |
18.08.2023 09:00 Uhr |
Helfen topische Medikamente bei moderater bis schwerer Neurodermitis nicht ausreichend, können moderne systemische Therapien zum Einsatz kommen, beispielsweise JAK-Inhibitoren. / Foto: Adobe Stock/lial88
Neurodermitis, auch atopische Dermatitis (AD) oder atopisches Ekzem genannt, ist eine chronische Hauterkrankung. Sie geht mit trockener, rissiger und entzündeter Haut sowie mit intensivem Juckreiz und Schmerzen einher und betrifft in Deutschland etwa 13 Prozent aller Kinder sowie etwa 2 Prozent aller Erwachsenen. Bei der Mehrheit ist die Erkrankung leicht ausgeprägt, sie kann sich je nach Hautregion und Ausdehnung aber auch zu einer schweren Hauterkrankung entwickeln.
In den vergangenen Jahren haben neue medikamentöse Behandlungsoptionen das Management der Erkrankung verändert. Daher löst nun die neue S3-Leitlinie »Atopische Dermatitis« mit überarbeiteten Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie die alte S2k-Leitlinie ab, die zuletzt 2016 überarbeitet wurde.
Im Bereich der Systemtherapie führe der Einsatz von Biologika und Januskinase- (JAK-)Inhibitoren zur Therapie der moderaten bis schweren Neurodermitis zu Behandlungserfolgen, was zusammen mit verschiedenen Indikationserweiterungen in der Leitlinie thematisiert werde, teilt die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) mit. Die Fachgesellschaft war federführend an der Erstellung der Leitlinie beteiligt. »Die Expertinnen und Experten sind sich einig: Da diese Therapeutika gut wirken und die Lebensqualität der Betroffenen deutlich erhöhen, sollten sie ihnen nach genauer Prüfung der Indikation nicht vorenthalten werden«, so die DDG.
»Das Leitlinien-Update im Jahr 2020 zum speziellen Aspekt der Systemtherapie war übergangsweise Hilfe und Orientierung. Jetzt konnten wir die Leitlinie auf S3-Niveau anheben, da wir einen größeren Teil der aufwändigen methodischen Vorarbeiten aus der kürzlich finalisierten europäischen Leitlinie übernehmen konnten«, erklärt Professor Dr. Thomas Werfel, Direktor der Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie an der Medizinischen Hochschule Hannover und Mitglied im Vorstand der DDG.
Auch der nach wie vor hohe Stellenwert der topischen Behandlung bei Betroffenen jeder Altersklasse werde in der Leitlinie differenziert dargestellt und bewertet. Bei den meisten Patienten bleibe die Lokaltherapie zusammen mit der Basistherapie der wichtigste Baustein für das Management der Erkrankung.
Bezüglich der Diagnostik unterscheidet die neue Leitlinie zwischen der allgemeinen Diagnosestellung und der Diagnostik von individuellen Triggerfaktoren, darunter auch allergologische und berufsdermatologische Aspekte. Professor Dr. Hagen Ott, Chefarzt der Pädiatrischen Dermatologie und Allergologie am Kinder- und Jugendkrankenhaus Auf der Bult in Hannover, betont, dass es weder im Kindesalter noch bei Erwachsenen einen einheitlichen besten Weg im Umgang mit vermuteten Auslösefaktoren der Erkrankung gebe.
So seien etwa Nahrungsmittelallergien bei Kindern mit moderater bis schwerer Neurodermitis deutlich häufiger als in der Allgemeinbevölkerung und mit einem schweren Krankheitsverlauf assoziiert. Nahrungseinschränkungen sollten aber wohl überdacht sein, um Mangelernährungen und emotionale Belastungen zu vermeiden, wie Ott klarstellt: »Die Triggerfaktoren müssen individuell identifiziert werden, bevor konkrete Empfehlungen etwa zu Diäten ausgesprochen werden.«
Schließlich finden sich in der neuen Leitlinie auch Empfehlungen zu nicht medikamentösen Verfahren inklusive Psychotherapie und psychoedukativen Schulungsprogrammen mit nachgewiesener Wirksamkeit. Der Anhang der Leitlinie enthält zudem Checklisten, die helfen sollen, die Schwere der Erkrankung und eine Notwendigkeit einer systemischen Therapie einzuschätzen. Es gibt jeweils ein Dokument für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.