Union will mehr Flexibilität für Apotheken |
Die Union bringt morgen einen Antrag gegen Arzneimittelmangel in den Bundestag ein. / Foto: picture alliance / SZ Photo
Am morgigen Freitag befassen sich die Bundestagsabgeordneten mit einem Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel »Arzneimittelversorgung sicherstellen – Versorgungssicherheit gewährleisten«. In dem Antrag, der der PZ vorliegt, betonen die Abgeordneten, dass die Lage bei der Verfügbarkeit von dringend benötigten Arzneimitteln, darunter kindgerechten Antibiotika, weiter sehr angespannt sei. So habe der pharmazeutische Großhandel gewarnt, dass bei 85 Prozent der für die laufende Herbst- und Wintersaison dringend benötigten Arzneimittel die derzeit verfügbaren Bestände nicht einmal für zwei Wochen reichten. Die Dringlichkeitsliste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) führe derzeit rund 400 Arzneimittel auf, darunter zahlreiche Antibiotika und Medikamente für Kinder.
Die angespannte Versorgungssituation mit Arzneimitteln und die zunehmend schwerer werdenden Bemühungen des Großhandels, den gesetzlichen Vorhalteverpflichtungen entsprechen zu können, nähmen die Antragsteller »mit großer Besorgnis« wahr, heißt es. Durch das im Juni 2023 beschlossene Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) sei offenbar keine Entspannung der Situation eingetreten. Das Problem der Lieferengpässe werde nur durch eine andere Preispolitik und Veränderungen der Lieferketten zu lösen sein.
Die Apotheken vor Ort bezeichnen die Antragsteller als »tragende Säule in der Arzneimittelversorgung«. Deren Teams versuchten, nach Möglichkeit Präparate zu beschaffen oder selbst herzustellen, um eine ausreichende Versorgung zu gewährleisten. Dabei drohe die Situation der Apotheken selbst in eine Schieflage zu geraten. So führen die Unionspolitiker in ihrem Antrag die zunehmenden Apothekenschließungen auf. Mit im Schnitt 22 Apotheken pro 100.000 Einwohner läge Deutschland hinsichtlich der Versorgungsstabilität im hinteren Mittelfeld. Länder wie Spanien und Litauen wiesen etwa doppelt so viele Apotheken pro 100.000 Einwohner auf. »Viele Apotheken stehen unter wirtschaftlichem Druck, welcher durch bürokratische Auflagen, Inflation, die gestiegenen Personalkosten und den Fachkräftemangel an Apothekerinnen und Apothekern sowie an Pharmazeutisch-Technischen Assistentinnen und Assistenten (PTAs) potenziert wird«, heißt es.
Mit einem 21 Punkte umfassenden Forderungskatalog wollen die Mitglieder der Unionsfraktion die Arzneimittelversorgung verbessern. Demnach sollte die Bundesregierung unter anderem den sogenannten Pharmadialog wieder aufnehmen, um gemeinsam mit allen Beteiligten kurz- und langfristige Maßnahmen gegen die Arzneimittelknappheit zu schaffen.
Zahlreiche Forderungen betreffen die Apotheken. So fordern die Antragsteller, die Regelungen des ALBVVG und des Pflegestudiumstärkungsgesetzes für erweiterte Austauschregelungen in der Apotheke bei Nichtverfügbarkeit des abzugebenden Arzneimittels wieder an die Regelungen der SARS-CoV-2-Versorgungsverordnung anzupassen. Zudem sollen Apothekerinnen und Apotheker die Möglichkeit erhalten, bei Nichtlieferbarkeit eines Kinderarzneimittels die erweiterten Austauschregelungen auch für Darreichungsform und Individualrezeptur anzuwenden.
Den Unionspolitikern ist es auch ein Anliegen, die wirtschaftliche Situation der Apotheken zu stärken. So fordern sie, dass die Apothekenteams für den Aufwand beim Management der Lieferengpässe eine angemessene Vergütung erhalten. Zudem verlangen sie, das Apotheken-Fixum von 8,35 Euro »um einen angemessenen Betrag anzuheben«.
Verschiedene Forderungen zielen darauf ab, die Apotheken von Bürokratie zu entlasten. So soll die Bundesregierung auf eine Regelung hinwirken, welche die Zulässigkeit von Nullretaxationen für Apotheker auf gravierende Fälle beschränkt. Die Antragsteller fordern auch zu prüfen, inwieweit der Abbau bürokratischer Auflagen und einschränkender Regularien möglich ist, welche die Wirtschaftlichkeit von Apothekenbetrieben hemmen und zeitliche Ressourcen unverhältnismäßig stark binden. Weiterhin sprechen sie sich dafür aus, gemeinsam mit den Ländern Fördermaßnahmen für Neugründungen von Vor-Ort-Apotheken in unterversorgten Gebieten zu erarbeiten.
Nicht zuletzt steht eine Novellierung der Approbationsordnung auf dem Plan. Die Unionsabgeordneten setzen sich weiterhin dafür ein, das Schulgeld für die PTA-Ausbildung bundesweit abzuschaffen und eine Ausbildungsvergütung während der Fachschulzeit zeitnah einzuführen.
Darüber hinaus fordern die Antragsteller, das BfArM mit den erforderlichen Kompetenzen und Ressourcen auszustatten, um ein kontinuierliches Monitoring von Lieferengpässen zu ermöglichen. Der Bund müsse sich auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass die Wirkstoff- und Arzneimittelproduktion in Europa gestärkt und insbesondere wichtige Arzneimittel wieder primär in Europa produziert würden. Die Festbeträge müssten den Herstellungskosten der Kinderarzneimittel entsprechend angemessen angehoben und entfristet werden, um eine langfristige Planungssicherheit zu schaffen und den Produktionsstandort Deutschland beziehungsweise Europa zu stärken.
ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening begrüßt den Antrag der CDU/CSU-Fraktion, wie in einer Mitteilung vom 20. November deutlich wurde. »Das sind Vorschläge, die einen klaren Realitätsbezug zu unserem Apothekenalltag haben und zur Versorgungssicherheit einen wesentlichen Beitrag leisten können. Die Union hat erkannt, dass die Arzneimittelversorgung nur gelingen kann, wenn unsere heilberufliche Tätigkeit auf ein stabiles Fundament gebracht wird«, sagte Overwiening.