»Unglaubliches Maß an Unterstützung durch KI« |
Ärztepräsident Klaus Reinhardt unterstützt Pläne der neuen Bundesregierung, ein Primärarztsystem einzuführen. / © Imago/Metodi Popow
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, beklagt eine mangelnde Steuerung bei der Versorgung von Patienten in Deutschland. Es gebe keine Koordinierung, »wann, wie, wo, wer, weshalb zum Arzt geht«, sagte Reinhardt im ZDF-»Morgenmagazin« vor Beginn des Deutschen Ärztetages in Leipzig. »Wir sind das einzige Land der Erde, was es tatsächlich dem Patienten alleine überlässt zu entscheiden, wohin er sich mit seinen Beschwerden wendet«, sagte Reinhardt. Medizin sei hochkomplex und arbeitsteilig. Für die Patienten sei oft nicht ersichtlich, wo sie am besten aufgehoben seien.
Der Ärztepräsident unterstützte Pläne der neuen Bundesregierung, ein Primärarztsystem einzuführen. Das heißt, dass Patienten in der Regel zunächst eine Hausarztpraxis aufsuchen, die dann entweder selbst die gesamte Behandlung übernimmt oder Patienten gegebenenfalls an Facharztpraxen weiterleitet. Das sei besser, als wenn sich der Patient allein durch das Dickicht der Versorgungsstrukturen schlagen müsse.
Im Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) sieht der Ärztepräsident »große Chancen« für mehr Effizienz im Gesundheitswesen. An ganz vielen Stellen – von administrativen Arbeiten über den Einsatz von Personal und dem Erkennen von Erkrankungen bis zur Sicherstellung von Therapien – könnten die Ärzte ein »unglaubliches Maß an Unterstützung durch KI erfahren«.
Künstliche Intelligenz bietet laut Reinhardt enorme Chancen, die Versorgungsqualität zu verbessern und den Arbeitsalltag in Praxis und Klinik zu entlasten. »Wenn 78 Prozent der Kolleginnen und Kollegen KI als große Chance für die Medizin sehen und sie bereits in jeder siebten Praxis sowie bei fast jedem fünften Klinikteam zum Einsatz kommt, dann zeigt das: Die Ärzteschaft ist bereit für diese Transformation – sofern sie ethisch reflektiert, ärztlich verantwortet und technisch zuverlässig gestaltet ist«, so Reinhardt.
Laut des Branchenverbands Bitkom wird Künstliche Intelligenz (KI) wird inzwischen in vielen Praxen und Kliniken genutzt. So geben bereits 12 Prozent der Ärztinnen und Ärzten in Praxen oder medizinischen Versorgungszentren an, dass bei ihnen KI zur Unterstützung der Diagnosestellung eingesetzt wird. Bei 8 Prozent wird KI in der Praxisverwaltung etwa zur Vereinfachung von Abläufen eingesetzt. Insgesamt geben 15 Prozent an, dass KI in mindestens einem dieser Fälle genutzt wird – das entspricht fast jeder siebten Praxis.
Das sind Ergebnisse einer Umfrage, die der Digitalverband Bitkom gemeinsam mit dem Hartmannbund, Verband der Ärztinnen und Ärzte Deutschlands, unter mehr als 600 Medizinerinnen und Medizinern in Deutschland durchgeführt hat. In Krankenhäusern hat sich der KI-Einsatz seit 2022 sogar verdoppelt. Bei 18 Prozent der Ärztinnen und Ärzte in Kliniken ist KI im Einsatz, beispielsweise zur Auswertung bildgebender Verfahren.
»KI kann die medizinische Versorgung individueller und effizienter gestalten – insbesondere in der Prävention, aber auch in der Therapie«, erklärte Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst in einer Pressemitteilung. Und sie könne Arztpraxen und Kliniken spürbar entlasten – durch präzisere Diagnosen, automatisierte Dokumentation und intelligente Terminsteuerung. So bleibe mehr Zeit für das Wesentliche: die Versorgung der Patientinnen und Patienten.
Der AI-Act der EU setze wichtige Leitplanken für den verantwortungsvollen Einsatz von KI. »Entscheidend wird sein, dass seine Umsetzung praxisnah erfolgt – nur so kann der Nutzen von KI in der Medizin auch tatsächlich die Ärztinnen, Ärzte, Patientinnen und Patienten erreichen«, so Wintergerst.