»…und fragen Sie Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder in Ihrer Apotheke« |
Cornelia Dölger |
27.12.2023 12:00 Uhr |
Dieser Spruch ist nun Geschichte. / Foto: BAH/PZ Screenshot
Grund für die neue Formulierung ist die Änderung von § 4 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG), die zum heutigen Mittwoch wirksam wird. Damit ist das generische Maskulinum in der Formulierung passé, so sieht es das mit dem Lieferengpassgesetz (ALBVVG) geänderte HWG vor. In Absatz 3 heißt es dort: »Bei einer Werbung außerhalb der Fachkreise ist der Text ›Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder in Ihrer Apotheke‹ gut lesbar und von den übrigen Werbeaussagen deutlich abgesetzt und abgegrenzt anzugeben.«
Das ALBVVG trat am 27. Juli 2023 in Kraft, die Hersteller hatten fünf Monate Zeit, um die Formulierung anzupassen. Laut Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) dürften die meisten inzwischen bereit sein. »Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, und nach unserem derzeitigen Wissensstand gehen wir davon aus, dass die Hersteller ab dem 27. Dezember 2023 den neuen vorgeschriebenen Text wie geplant einsetzen werden«, sagte eine BAH-Sprecherin vor Kurzem auf PZ-Anfrage.
In der Begründung zum ALBVVG-Entwurf argumentierte das Bundesgesundheitsministerium (BMG), dass durch die Änderung »nunmehr gleichstellungspolitischen Aspekten Rechnung getragen werden« solle. Dem Gesundheitsausschuss des Bundesrats gefiel das seinerzeit allerdings nicht; er bemängelte nicht das Gendern an sich, sondern die Tatsache, dass diese spezielle Formulierung »…und fragen Sie in Ihrer Apotheke« unklar lasse, wer genau in der Offizin anzusprechen sei.
Auch die ABDA war damit nicht zufrieden; Präsidentin Gabriele Regina Overwiening kritisierte, dass es die in der Apotheke arbeitenden Frauen vor den Kopf stoße, wenn sie – anders als Ärztinnen – nicht explizit in dem Claim genannt würden. Der ABDA-Vorschlag »Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und holen Sie ärztlichen oder apothekerlichen Rat ein« fand allerdings kein Gehör.
Der Hersteller Angelini sieht seine Unternehmenspolitik mit dem nun angepassten Claim bestätigt. Angelini Pharma Deutschland setze sich seit mehr als zwei Jahren aktiv für die Überarbeitung des Gesetzes ein, um die Frauen im Gesundheitssystem sichtbarer zu machen – auch in der Werbung, heißt es in einer Mitteilung.
»Wir sind begeistert, dass die Diskussionen der vergangenen Jahre zu einer Gesetzesänderung geführt haben. Damit haben wir wieder einen kleinen Schritt in Richtung Inklusion geschafft«, erklärt Daniela Sommer, Business Unit Head Consumer Healthcare bei Angelini Pharma Deutschland. Dem Unternehmen sei wichtig, »dass die Frauen, die sich täglich für die Gesundheit der Menschen einsetzen, gesehen werden«. Wertschätzung finde auch in der Sprache statt.
Seit 2021 verwende das Unternehmen geschlechtergerecht angepasste Pflichttexte in der Arzneimittelwerbung, konkret bei den Produkten BoxaGrippal® und Tantum Verde®. Anstelle des gesetzlich vorgeschriebenen Satzes sende Angelini seitdem »Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihre(n) Arzt/Ärztin oder Apotheker/Apothekerin«.
Mit dieser Aktion habe Angelini die öffentliche Diskussion um Gendern im Sprachgebrauch angeregt. Die nunmehr abgeschaffte Formulierung habe Frauen im Gesundheitssystem unsichtbar gemacht und die Realität nicht widergespiegelt.
Für Apotheken ändert sich mit der Neuformulierung nichts. Der Warnhinweis sei nach § 4 Abs. 3 S. 1 HWG bei jeder Öffentlichkeitswerbung, also bei »Werbung außerhalb der Fachkreise«, zu geben.
Bei den Produktetikettierungen auf der Arzneimittelpackung und in Packungsbeilagen handele es sich nach der gesetzlichen Wertung aber nicht um Werbung im Sinne des HWG, erklärte eine Sprecherin kürzlich auf PZ-Anfrage. »Wir gehen davon aus, dass Arzneimittelpackungen diesen Hinweis daher nicht aufweisen, sodass es insoweit in den Apotheken keinen Handlungsbedarf gibt.«