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Winterhoff-Prozess

Umstrittener Pipamperon-Einsatz bei Kindern

Laut Anklage soll der Kinderpsychiater Michael Winterhoff jungen Patienten ohne medizinische Notwendigkeit das Antipsychotikum Pipamperon verordnet und Nebenwirkungen in Kauf genommen haben. Nun steht er deshalb vor Gericht.
AutorKontaktdpa
AutorKontaktPZ
Datum 13.02.2025  16:15 Uhr

Viele Kinder fühlten sich laut Anklage »wie Roboter«, als er sie mit dem Medikament behandelte: Gegen den Kinderpsychiater und Sachbuchautor Michael Winterhoff hat am Mittwoch vor dem Bonner Landgericht ein Prozess wegen gefährlicher Körperverletzung begonnen. Er soll 36 Kindern und Jugendlichen ein ruhigstellendes Psychopharmakon verordnet haben, obwohl dafür »keine Indikation im Rahmen der Zulassung des Medikaments bestanden« habe. Der 70-Jährige bestreitet die Vorwürfe.

Der Angeklagte habe junge Patienten teils jahrelang mit dem Neuroleptikum Pipamperon behandelt, ohne zugrunde liegende Erkrankungen zuvor leitliniengerecht untersucht zu haben, schilderte die Staatsanwältin. So habe er sie »körperlich misshandelt und an der Gesundheit geschädigt«. Die Sorgeberechtigten habe er über mögliche Nebenwirkungen nicht umfassend aufgeklärt.

Winterhoff soll den Eltern »die irreführende Diagnose "frühkindlicher Narzissmus"« mitgeteilt und die Behandlung als alternativlos dargestellt haben: Demnach hätten die Kinder mit dem Medikament »emotional erreichbar« gemacht werden sollen. »Dieser angebliche Wirkmechanismus ist wissenschaftlich nicht nachvollziehbar«, sagte die Staatsanwältin. Der sedierende Effekt des Mittels habe die Kinder gefügig machen sollen. Bei vielen Patientinnen und Patienten sollen Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Bewegungssteifheit und erhebliche Gewichtszunahmen aufgetreten sein.

Pipamperon wird zur Behandlung von Schlafstörungen und Unruhezuständen eingesetzt. An unter 18-Jährige sollte es nach Herstellerangaben nur unter besonderer Berücksichtigung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses verordnet werden.

In der Datenbank »Kinderformularium« heißt es: »Pipamperon sollte von einem Spezialisten für Kinder- und Jugendpsychiatrie verordnet werden. Die Dosis sollte individuell festgelegt und die niedrigstmögliche Dosis angewendet werden.« Demnach ist es für 2- bis 18-jährige in oraler Form bei Zuständen schwerer Aufregung und Unruhe zugelassen.

Verteidigung argumentiert mit »Systemsprengern«

Winterhoff wurde einer breiten Öffentlichkeit unter anderem als Talkshow-Gast und Autor von Erziehungsratgebern bekannt, etwa dem Bestseller »Warum unsere Kinder Tyrannen werden«. Seine Verteidigerin gab am ersten Verhandlungstag eine Erklärung für ihren Mandanten ab und wies die Vorwürfe gegen ihn zurück. Er habe das Medikament nicht standardmäßig verschrieben, um Patienten ruhigzustellen, sondern nur »als flankierende Maßnahme« und stets mit medizinischem Grund, betonte Rechtsanwältin Kerstin Stirner. Viele der 36 Kinder und Jugendlichen seien »Systemsprenger« gewesen – Härtefälle, die aufgrund ihrer psychischen Verfassung in Alltag und Schule nicht mehr zurechtgekommen und deshalb in Heimen untergebracht gewesen seien.

Für solche Patienten, die eine lange Leidensgeschichte mit mehreren erfolglosen Behandlungen hinter sich hätten, sei Winterhoff oft die letzte Hoffnung gewesen. Er habe mit seinen Methoden große Erfolge erzielt und die Sorgeberechtigten ordnungsgemäß aufgeklärt. »Seine Ansätze mögen kontrovers diskutiert werden, er steht in der Fachwelt aber keineswegs alleine damit da«, sagte Stirner.

Pipamperon gehöre zu den am häufigsten verordneten Antipsychotika in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Es gebe keinen Fall, in dem die Verordnung des Medikaments durch Winterhoff nachweislich zu einem Schaden geführt habe, sagte die Anwältin. »Er handelte allein mit dem Ziel, Patienten zu helfen.«

Das Bonner Landgericht hat für den Prozess mit zahlreichen Zeugen und Sachverständigen rund 40 Verhandlungstage bis Ende Juli angesetzt. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt für den Angeklagten die Unschuldsvermutung.

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