Umstrittene Austausch-Liste bleibt |
Alexander Müller |
18.10.2023 11:30 Uhr |
Für bestimmte Kinderarzneimittel sollen die Austauschregeln für Apotheken gelockert werden, das Verfahren ist allerdings umständlich. / Foto: Getty Images/alvarez
Das Omnibusgesetz ist am morgigen Donnerstag in zweiter und dritter Lesung im Bundestag. Heute wird das Gesetz im Gesundheitsausschuss des Bundestags besprochen. In der Regel ist das die letzte Gelegenheit für substanzielle Änderungen. Bislang sind diese mit Blick auf die Austauschrechte aber nicht vorgesehen. Diese sollen mit dem Änderungsantrag der Regierungsfraktionen im § 129 Sozialgesetzbuch V (SGB V) konkretisiert werden. Hier soll ein neuer Absatz 2b eingeführt werden.
Demnach darf das BfArM nach Anhörung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) »eine Liste für Kinderarzneimittel erstellen, die essenzielle Arzneimittel für die Pädiatrie enthält, die möglicherweise einer angespannten Versorgungssituation unterliegen«. Das ist im Grunde die von Lauterbach vorgesehene »Dringlichkeitsliste Kinderarzneimittel«, auch wenn das Wort an sich nicht mehr vorkommt.
Die Liste soll auf der Internetseite des BfArM veröffentlicht und aktualisiert werden. Abweichend von den sonstigen Austauschregeln nach dem Rahmenvertrag können Apotheken bei Nichtverfügbarkeit des eigentlich abzugebenden Arzneimittels »dieses gegen ein wirkstoffgleiches in der Apotheke hergestelltes Arzneimittel, auch in einer anderen Darreichungsform, oder gegen ein wirkstoffgleiches Fertigarzneimittel in einer anderen Darreichungsform ohne Rücksprache mit dem verordnenden Arzt austauschen«, heißt es im Änderungsantrag.
Die Formulierung entspricht in weiten Teilen dem bisherigen Entwurf. Die Kritik der ABDA an der Liste beim BfArM wurde nicht berücksichtigt. In der Praxis wäre die Liste schwer umzusetzen. Einerseits müssten die Apothekenteams permanent die BfArM-Seiten im Blick behalten, auf der anderen Seiten ließen sich die Vorgaben für die Abgabevorschriften nur mit großem zeitlichen Verzug in die Apotheken-Software übernehmen. Zuletzt war die Liste noch nicht einmal auf PZN-Ebene konkretisiert.
Die ABDA hatte in ihrer Stellungnahme vorgeschlagen, die erleichterten Austauschregeln grundsätzlich für Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr zu erlauben, wenn das verordnete Arzneimittel nicht verfügbar ist. Diesen Check hätten die Apotheken leicht durchführen können. So wie aktuell geplant wäre der Abgleich mit der BfArM-Liste umständlich und womöglich auch nicht retaxsicher.
Im Gesetz soll formal klargestellt werden, dass Retaxationen ausgeschlossen sind, wenn die Apotheken gemäß den gelockerten Regelungen das Arzneimittel austauschen. Dazu wird die Liste der Ausnahmetatbestände in § 129 4d um einen Punkt ergänzt: Keine Retaxation, wenn ein Austausch gemäß Absatz 2b erfolgt. Aktuell werden in Retaxation bereits ausgeschlossen, wenn…
1. die Dosierangabe auf der Verordnung fehlt,
2. das Ausstellungsdatum der Verordnung fehlt oder nicht lesbar ist,
3. die vom Gemeinsamen Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 festgelegte Belieferungsfrist von Verordnungen um bis zu drei Tage überschritten wird, es sei denn, es handelt sich um Verordnungen nach § 39 Absatz 1a, Verordnungen von Betäubungsmitteln oder Verordnungen von Wirkstoffen, für die kürzere Belieferungsfristen festgelegt sind,
4. die Abgabe des Arzneimittels vor der Vorlage der ärztlichen Verordnung erfolgt oder
5. die Genehmigung der zuständigen Krankenkasse bei Abgabe des Arzneimittels fehlt und diese nachträglich erteilt wird.
Auch die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) soll entsprechend angepasst werden. An anderer Stelle im Gesetz wird noch klargestellt, dass die Verordnung auch für die Ärztinnen und Ärzte nicht als unwirtschaftlich gilt.
Laut Begründung im Änderungsantrag soll das BfArM Arzneimittel auf der Liste führen, die »möglicherweise einer angespannten Versorgungssituation, insbesondere im Hinblick auf bevorstehende Infektionssaisons und die deshalb zu erwartende erhöhte Nachfrage, unterliegen«. Eine Nichtverfügbarkeit liegt demnach vor, wenn das Arzneimittel innerhalb einer angemessenen Zeit durch zwei unterschiedliche Verfügbarkeitsanfragen bei vollversorgenden Großhändlern nicht beschafft werden kann. Werden Apotheken nur von einem Großhändler beliefert, reicht die Verfügbarkeitsanfrage bei diesem aus. »Ziel ist es insbesondere, die Arzneimittelversorgung von Kindern sicherzustellen. Eine Rücksprache mit der verordnenden Ärztin oder dem verordnenden Arzt ist für diesen eng begrenzten Austausch von Arzneimitteln nicht erforderlich«, heißt es in der Begründung weiter.