Trump verursacht Chaos bei der CDC |
Theo Dingermann |
04.02.2025 13:30 Uhr |
Der neue US-Präsident Donald Trump hat eine Menge sogenannter Durchführungsverordnungen (Executive Orders) unterzeichnet, um viele seiner Vorhaben schnell umzusetzen. Eine davon hat die US-Gesundheitsbehörde CDC ins Chaos gestürzt. / © Imago Images/UPI Photo
Die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) mit Sitz in Atlanta, Georgia, ist eine auch international bedeutsame Behörde des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums. Die Vorgänge bei der CDC, von denen aktuell mehrere US-amerikanische Medien übereinstimmend berichten, sind daher für wissenschaftlich Tätige und Interessierte auf der ganzen Welt äußerst relevant und erschreckend. Mitarbeitende der CDC sind demnach aktuell angewiesen worden, derzeit keine neuen wissenschaftlichen Arbeiten zu publizieren, die nicht zuvor auf Konformität mit einem von US-Präsident Donald Trump verabschiedeten Dekret überprüft und freigegeben wurden.
Zudem waren über das Wochenende etliche Webseiten der CDC nicht erreichbar. Einige sind zwischenzeitlich wieder online, andere sind nach wie vor abgeschaltet. Alle erreichbaren Webseiten der CDC sind mit dem Hinweis versehen, dass sie derzeit geändert werden, um den Durchführungsverordnungen (Executive Orders) von Präsident Trump zu entsprechen.
Bereits vergangene Woche hatte sich angedeutet, wie massiv die Anordnungen Trumps die Arbeit der CDC beeinträchtigen. Das CDC-eigene Fachjournal »Morbidity and Mortality Weekly Report« (MMWR) war plötzlich gestoppt worden – das erste Mal seit etwa 60 Jahren. Zwischenzeitlich ist die Seite wieder erreichbar, allerdings mit dem bereits erwähnten Hinweis, dass eine Anpassung an die präsidialen Dekrete erfolgt.
Eines der vielen Dekrete, die der neue US-Präsident in den ersten Tagen seiner zweiten Amtszeit erließ, verbietet es den Behörden in den USA, Begriffe wie unter anderem gender, transgender, pregnant person, pregnant people, LGBT, transsexual, non-binary, nonbinary, assigned male at birth, assigned female at birth, biologically male, biologically female zu verwenden. Weder in eingereichten Manuskripten, die sich noch im Reviewprozess befinden, noch in bereits angenommenen, aber noch nicht veröffentlichten Manuskripten dürfen diese Begriffe vorkommen.
Damit geht die Richtlinie sogar über einen vorherigen Maulkorberlass (Gag Order) zur Kommunikation hinaus, die jeden CDC-Wissenschaftler bereits daran hinderte, neue wissenschaftliche Erkenntnisse der Öffentlichkeit vorzulegen.
Wie viele Manuskripte aktuell von der Anordnung des Präsidenten betroffen sind, ist unklar, aber es könnten sehr viele sein. Die meisten Manuskripte enthalten einfache demografische Informationen über die untersuchten Bevölkerungsgruppen oder Patienten, zu denen in der Regel das Geschlecht gehört. Dieses wird, wie es in den Naturwissenschaften üblich ist, zumeist synonym mit dem biologischen Geschlecht verwendet.
Damit wird so gut wie jede größere Studie unter das Zensurregime der neuen Richtlinie fallen, einschließlich Studien zu Covid-19, Krebs, Herzerkrankungen und so weiter, ganz zu schweigen von den Studien, die sich mit Fragen befassen, die von der neuen US-Administration als »woke« angesehen werden.
Eine Studie über Mpox beispielsweise kann man sich gar nicht vorstellen, ohne dass hier Informationen zu Patienten, die lesbisch, schwul, transgender oder anderweitig orientiert sind, aufgeführt sind. Derartige Informationen sind extrem wichtig, um potenzielle Risikogruppen zu definieren und für diese angepasste Maßnahmen treffen zu können, um so letztlich einen größeren Krankheitsausbruch zu verhindern.
Das Vorgehen scheint durchschlagend erfolgreich zu sein, denn die Anordnungen des Präsidenten verursachen Angst bei den Mitarbeitern und Chaos im Arbeitsablauf. Viele Unsicherheiten bei der Auslegung der Anordnung könnten sich als Fallen erweisen, die im Extremfall den Job kosten können. Von den etwa 21.000 Mitarbeitern der CDC kann jeder ein Opfer der restriktiven Maßnahmen werden. So kommt es zu einem Phänomen, das ein Wissenschaftler, der nicht für die CDC arbeitet, in einem Kommentar mit einem deutschen Begriff belegt: »vorauseilender Gehorsam«.
Wie stark die wichtige Arbeit der CDC durch die Trumpsche Anordnung behindert wird, lässt sich daran erkennen, dass es derzeit offiziell in der gesamten Behörde nur eine politische Beauftragte gibt, die die Manuskripte und Studien zur Publikation freigeben kann. Dabei handelt es sich um die amtierende Direktorin Dr. Susan Monarez, die – für viele Experten überraschend – die Leitung der CDC übertragen bekommen hatte. Bisher waren die Direktoren immer aus den Reihen der CDC-Beamten ausgewählt worden, die mit der breit gefächerten Arbeit der Behörde vertraut waren.
Sehr klar wird hier der neue Führungsstil erkennbar, der auch darauf abzielt, eine enorme Autorität auf einige wenige privilegierte Personen zu übertragen. Als Ergebnis wird ein Rückstau an Entscheidungen entstehen, die wahrscheinlich ziemlich willkürlich getroffen werden.
Für die Berichterstattung von internationalen Wissenschaftsjournalisten sind Behörden wie die CDC von enormer Bedeutung, da sie überprüfte, auf wissenschaftlichen Daten basierende Informationen zum Krankheitsgeschehen auf der ganzen Welt bereitstellen. Die politisch motivierte Gängelung, mit der sich die die CDC jetzt konfrontiert sieht, stellt die gewohnte Datenseriosität grundlegend infrage.
Das primäre Aufgabenspektrum der CDC liegt im Bereich der Infektionskrankheiten. In Deutschland wird dieser Bereich vom Robert-Koch-Institut verantwortet und die äquivalente Behörde in der Europäischen Union ist das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC). Zudem befassen sich die CDC mit der allgemeinen Vorbeugung von Krankheiten (auch von nicht übertragbaren), dem Schutz vor umweltbedingten Krankheiten, dem Arbeitsschutz, der Gesundheitsförderung sowie der gesundheitlichen Aufklärung.
Zwischenzeitlich rufen Aktivisten Freiwillige auf, die Seiten der CDC zu kopieren und auf anderen Servern unverändert zu konservieren. Erste Erfolge werden bereits in den sozialen Medien gemeldet.