TK-Chef rechnet mit Beiträgen von 20 Prozent |
Cornelia Dölger |
11.01.2025 18:10 Uhr |
»Das viele Geld wird schlecht verteilt«, kritisierte Baas. Die Politik wolle das offenbar nicht ändern, »notwendige Umverteilungen oder Reformen sind eben alles andere als bequem«. / © Nele Martensen; Techniker Krankenkasse
Auf die Frage, wann 20 Prozent Krankenkassenbeiträge erreicht werden, antwortetet Baas: »Das wird in diesem Jahrzehnt noch passieren, wenn der Gesetzgeber nicht gegensteuert.« Darauf machten die Kassen und andere Leistungserbringer die Politik aber schon lange aufmerksam, insofern sei er nicht sehr zuversichtlich, dass sich bald etwas bewege. »Das viele Geld wird schlecht verteilt«, kritisierte Baas. Die Politik wolle das offenbar nicht ändern, »notwendige Umverteilungen oder Reformen sind eben alles andere als bequem«, sagte Baas der Zeitung.
Zu Jahresbeginn hatten fast alle Krankenkassen den Zusatzbeitrag kräftig auf im Schnitt 2,91 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens erhöht. Dieser kommt zum allgemeinen Satz von 14,6 Prozent des Bruttolohns hinzu. Der Durchschnitt aller Kassen liegt bei rund 17,5 Prozent.
Als Grund für steigenden Kosten der Kassen gab Baas die Arzneimittelausgaben an, die zuletzt um zehn Prozent gestiegen seien, die Kosten für Krankenhäuser um fast acht Prozent. Die demografische Entwicklung hingegen, die gern als Ursache angeführt werde, sei »der kleinste Kostentreiber«.
Auch die Verwaltungskosten der Kassen seien in dieser Sache nicht verdächtig; denn in diesem Bereich seien die Kosten nicht überproportional gestiegen, sondern »über alle Kassen seit Ewigkeiten bei ungefähr fünf Prozent der Ausgaben« geblieben, in den letzten Jahren sogar etwas zurückgegangen.
In dem Interview bilanziert Baas zudem die Amtszeit von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Positiv findet er, dass Lauterbach die von seinem CDU-Vorgänger Jens Spahn begonnene Digitalisierung im Gesundheitssystem forciert habe. Als gelungene Beispiele nennt Baas das E-Rezept und die demnächst startende elektronische Patientenakte (EPA). Zudem sei auch die Krankenhausreform »unterm Strich« positiv zu bewerten.
Der Minister habe zudem Altlasten von Spahn übernehmen müssen, welcher in seiner Amtszeit Gesetze erlassen hatte, nach denen die Kassen zunächst ihre Rücklagen abschmelzen mussten; auf diese Weise »sah es oberflächlich so aus, als würden sich die Kosten nicht so schlimm entwickeln, weil die Beiträge relativ konstant geblieben sind«, so Baas. Spahn habe dafür gesorgt, dass in seiner Amtszeit die Beiträge nicht so stark gestiegen seien, wie die Ausgaben es erfordert hätten. Das sei »Augenwischerei« gewesen.
Lauterbach sei allerdings kein einfacher Diskussionspartner, so Baas rückblickend. Es sei »manchmal schwierig, eine fachliche Diskussion mit ihm zu führen«. Der TK-Chef betonte, es sei wichtig, dass der Minister den Austausch mit Experten und Beteiligten suche, wenn wichtige Entscheidungen anstünden. Das vermisse er bei Lauterbach. »Er hat schnell eine feste Meinung.«
Als Lauterbachs Nachfolgerin oder Nachfolger wünscht sich Baas jemanden, der »das als Vermächtnis-Job« mache. Der also nicht in erster Linie danach strebe, wiedergewählt zu werden. Denn das Gesundheitssystem brauche eine grundlegende Reform – und dabei »würde man unglaublich vielen Menschen auf die Füße treten«. Die Anerkennung komme aber erst Jahre später.