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Feste Lipid-Nanopartikel alsneuartige Carrier für Wirkstoffe

30.11.1998  00:00 Uhr

- Titel

Govi-Verlag

PHARMAZEUTISCHE TECHNOLOGIE

Feste Lipid-Nanopartikel als neuartige Carrier für Wirkstoffe

Im Jahr 1986 hat die Firma Dior mit ihrem Produkt Capture® die Liposomen in den kosmetischen Markt eingeführt. Dies stimulierte auch die Entwicklung pharmazeutischer Produkte; inzwischen gibt es eine Anzahl dermatologischer Präparate sowie parenterale Arzneimittel mit Liposomen. Seither gab es nur wenige Neuentwicklungen im Bereich topischer Systeme, zum Beispiel die multiplen Emulsionen oder schwammartige Mikropartikel, die die chemische Stabilität labiler Wirkstoffe erhöhen sollen. Im wesentlichen beschränkte man sich auf die traditionellen Systeme Emulsion, Polymerpartikel und Liposomen. Im Jahr 1996 wurde ein Patent für ein neuartiges Trägersystem für Wirkstoffe erteilt: die festen Lipid-Nanopartikel.

Die festen Lipid-Nanopartikel (Solid Lipid Nanoparticles - SLN™ ) können sowohl in der Kosmetik als auch in der Pharmazie eingesetzt werden. Registrierte Warenzeichen sind Lipopearls™ und Nanopearls™ für Kosmetika sowie SLN™ für Pharmazeutika (im folgenden Text werden die Trägersysteme ohne Trademark geschrieben).

Lipopearls sind - im Gegensatz zu Emulsionstropfen und Liposomen - Partikel im festen Aggregatzustand. Die Partikelmatrix besteht aus festen Lipiden oder Lipidmischungen. Nach der Hochdruckhomogenisation von in Wasser dispergierten Lipiden resultiert eine Dispersion von Lipopearls in Wasser, wobei die Partikel durch hautverträgliche beziehungsweise pharmazeutisch zugelassene Tenside oder Polymere physikalisch gegen Aggregation stabilisiert werden. Speziell für pharmazeutische Zwecke können die wässrigen Dispersionen durch Sprühtrocknung oder Lyophilisation in ein Trockenprodukt überführt werden. Wirkstoffe sind in der Partikelmatrix in der Regel molekular dispers oder in Form hochdisperser amorpher Cluster geschützt eingeschlossen.

Industrielle Produktion

Eine wichtige Voraussetzung zur Einführung eines Wirkstoff-Trägersystems in den Markt ist die Herstellung im großtechnischen Maßstab. Da die Lipopearls mit Hochdruckhomogenisation produziert werden, eröffnet sich dadurch die Möglichkeit zur großtechnischen Herstellung von Chargengrößen von 2 bis 300 kg.

Stabilitätserhöhung chemisch labiler Wirkstoffe

Ein herausragender Vorteil von festen Lipid-Nanopartikeln ist der Schutz der in die feste Partikelmatrix inkorporierten Wirkstoffe gegen chemische Zersetzung, zum Beispiel Hydrolyse im wäßrigen Dispersionsmedium oder Oxidation. Emulsionen und Liposomen besitzen diese Schutzwirkung nicht beziehungsweise nur in sehr eingeschränktem Maße.

Kontrollierte Freisetzung von Wirkstoffen

Feste Partikelmatrices haben den Vorteil, daß sie mehr Flexibilität in der Kontrolle des Freisetzungsprofils von Wirkstoffen bieten. Diese Kontrolle fehlt bei Emulsionen völlig, bei Liposomen ist sie nur bis zu einem gewissen Maße vorhanden. Die Freisetzung aus Emulsionen erfolgt initial sehr rasch (burst release) und wird bestimmt durch den Verteilungskoeffizienten des Wirkstoffes, zum Beispiel bei Injektion einer wirkstoff-beladenen Emulsion in die Blutbahn. Durch geschickte Wahl der Produktionsparameter und der eingesetzten Hilfsstoffe (Lipid, stabilisierendes Tensid beziehungsweise Polymer) kann die Freigabegeschwindigkeit bei Lipopearls modifiziert werden.

Okklusionseffekt von Lipopearls

Hochfeine Partikel besitzen generell adhäsive Eigenschaften. Daher zeigen Lipopearls ähnlich wie Liposomen nach Aufbringen auf die Haut adhäsive Eigenschaften und bilden einen sehr dünnen, feinen Film auf der Hautoberfläche. Im Gegensatz zu den aus Phospholipid-Doppelmembranen bestehenden Liposomen bilden Lipopearls aufgrund ihrer festen Matrix einen sehr dichten Film. Dies führt zu einem Okklusionseffekt mit in Folge gesteigerter Hydratation der Haut. Im Gegensatz zu lipophilen Salben resultiert jedoch keine fettige, speckig glänzende Hautoberfläche. Ebenso ziehen Lipopearls-Dispersionen in der Regel gut ein. Werden Lipopearls zu einer konventionellen Creme hinzugefügt, erhöht sich der Okklusionseffekt beachtlich. Gesteigerte Hauthydratation fördert die Penetration von Wirkstoffen.

Pigmenteffekt

Wäßrige Lipopearls-Dispersionen sind weiß und haben ähnlich wie Titandioxid einen Pigmenteffekt. Zumischung zu wirkstoffhaltigen Zubereitungen wie Cremes und Lotionen überdeckt beziehungsweise schwächt die Eigenfarbe von Wirkstoffen. Kosmetika erhalten damit ein helleres bzw. weißes Aussehen, was zu einem ästhetischeren Erscheinungsbild und erhöhter Akzeptanz beim Kunden führt.

Lipopearls in dermalen Zubereitungen

Es bietet sich die Möglichkeit, Produktreihen auf der Basis von Lipopearls herzustellen, zum Beispiel Lipopearls-Gele. Alternativ kann man die Lipopearls in existierende kosmetische Produkte einarbeiten. Man kombiniert in diesem Fall die Eigenschaften des traditionellen Trägers "Emulsionstropfen" mit den Vorteilen der Lipopearls.

Patentsituation und Produktrealisierung

Sowohl für pharmazeutische als auch für kosmetische Hersteller ist es wichtig, daß sie eine Exklusivität besitzen. Diese Exklusivität wurde durch eine weltweite Patentierung der Lipopearls/SLN-Technologie sichergestellt. Patentinhaber ist die Firma medac in Hamburg. Lizenzen sind hier für bestimmte Wirkstoffe, aber auch Produktklassen erhältlich.

Zur Zeit laufen Produktentwicklungen mit Lipid-Nanopartikeln sowohl im kosmetischen als auch im pharmazeutischen Bereich. Eine apothekenexklusive Kosmetikserie soll im Frühjahr 1999 plaziert werden (Handcreme, Feuchtigkeitscreme, Intensivcreme, Körperlotion). Als Handelsname der Lipid-Nanopartikel für Naturkosmetikprodukte wurde das Warenzeichen Nanopearls™ eingetragen. Untersuchungen zum Einsatz der Nanopartikel in Topika wurden in Kooperation mit der Firma Beiersdorf vorgenommen. Weitere Produkte sind in Kooperation mit pharmazeutischen Firmen (zum Beispiel Pharmatec, Mailand) in der Entwicklung.

PZ-Titelbeitrag von Rainer H. Müller und Anja Dingler

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