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Trockene Haut spannt, schuppt und fühlt sich rauh an. Sie wirkt stumpf
und glanzlos und juckt häufig. Etwa dreißig Prozent der Bevölkerung haben
diese Probleme, zum Teil alters- und berufsbedingt, häufig aber auch wegen
einer atopischen Konstitution oder Dermatosen. Doch auch
Umweltbelastungen strapazieren das größte Kontaktorgan des Menschen.
Häufiges Duschen und Waschen oder trockene Innenraumluft stören die
wichtigen Abwehrsysteme der Haut: die Permeabilitätsbarriere und den
Hydrolipidfilm. Außerdem wird die Wasserbindungskapazität der
Hornschicht beeinträchtigt.
Die Permeabilitätsbarriere besteht aus proteinreichen Hornzellen, den Korneozyten,
und dem lipidreichen Hornzellkitt, der den Interzellularraum auskleidet. Sie wird
ausgehend vom Stratum basale, der untersten Zellschicht der Epidermis, gebildet.
Die dort gebildeten Keratinozyten wandern langsam an die Oberfläche und
verändern dabei Form und Funktion. Aus lebenden Keratinozyten werden
abgestorbene Hornzellen (Korneozyten), die mit der Zeit abschilfern. Die Lipide des
Hornzellkitts werden in allen kernhaltigen Schichten der Epidermis produziert und in
der Hornschicht freigesetzt. Dort bilden sie multiple bilamelläre Schichten, also
liposomale Strukturen. Für die Funktion der Permeabilitätsbarriere ist ein optimales
konstantes Verhältnis der hauptsächlich beteiligten Lipidklassen (Cholesterol, freie
Fettsäuren und Sphingolipide) nötig. Die Hautoberfläche wird bedeckt von einem
Hydrolipidmantel, der je nach Zusammensetzung eine W/0 oder eine O/W-Emulsion
ausbilden kann.
Der Wassergehalt im Stratum corneum ist für die Weichheit und plastische
Verformbarkeit der Hautoberfläche von großer Bedeutung. Wasser wird in der
Hornschicht durch natürliche Feuchthaltefaktoren, die "natural moisturizing factors"
(NMF) gebunden. Diese Substanzen vermindern die Verdunstung an der
Hautoberfläche. Ein wichtiger Bestandteil des NMF ist Harnstoff, der - auf die Haut
aufgetragen - die Wasserbindungskapazität steigern kann. Dabei bestimmt die
Galenik der Grundlage die Menge an Harnstoff, die in die einzelnen Hautschichten
vordringen kann. Für eine Sofortwirkung, zum Beispiel im Sinne eines kosmetischen
Effekts, sind O/W-Emulsionen geeignet. Soll aber eine krankhaft gestörte
Hornschicht stabilisiert oder restauriert werden, sind W/O-Systeme vorzuziehen.
Ziel der Pflege einer trockenen Haut ist es, die Barrierefunktion wiederherzustellen
und/oder den Wassergehalt der Hornschicht zu erhöhen. Beides erreicht man durch
Okklusion. Wasserfreie Fettsalben wie Vaseline oder Lipogele und
W/O-Emulsionen sind hier indiziert. Lipophile wasserfreie Externa eignen sich für
extrem trockene und hyperkeratotische Areale. Jedoch sind W/0-Systeme bei den
Patienten wesentlich beliebter, und zwar um so mehr, je höher ihr Wassergehalt ist
(in der Regel zwischen 10 und 70 Prozent). Zur Verfügung stehen Cold Creams,
Kühlsalbe DAB, wasserhaltige Wollwachsalkoholsalbe und entsprechende
Basispräparate verschiedener Hersteller. Generell werden im Gesicht Vehikel mit
niedrigem Fettgehalt bevorzugt, am Stamm und an den Extremitäten kann der
Fettgehalt höher sein. In den Sommermonaten sind Emulsionen mit hohem
Wasseranteil besser geeignet. Letztlich muß immer der Patient die Hautpflege
akzeptieren.
Auch Ölbäder sind wichtig bei der Behandlung der trockenen Haut. Man
unterscheidet Spreit- und Emulsionsölbäder. Spreitende Ölbäder überziehen die
Haut beim Aussteigen aus der Wanne mit einem Film, fetten besonders gut, aber
reinigen nur gering. Anwenderfreundlicher sind Emulsionsölbäder, die besser
reinigen, aber weniger fetten. Ölbäder eignen sich auch zum Duschen: mit dem
Präparat die feuchte Haut einölen und kurz abbrausen. Spreitende Ölbäder können
ohne Abduschen auf der Haut verbleiben.
Zur Reinigung sind leicht sauer eingestellte Syndets den Seifen vorzuziehen.
Zwischen den einzelnen Tensidklassen gibt es erhebliche Unterschiede in der
Hautverträglichkeit. Als schlecht verträglich gelten anionische Tenside mit hohem
Irritationspotential wie Natriumlaurylsulfat. Günstiger beurteilt werden anionische
Tenside vom Typ der Fettalkoholethersulfonate, Sulfosuccinate und
Ethercarboxylate sowie amphotere Tenside vom Typ der Betaine. Besonders
hautverträglich sind nichtionische Tenside wie Alkylpolyglykoside. Die
Hautverträglichkeit eines Produktes hängt letztlich von der Mischung aller Tenside
und Zusätze (Hautschutz, Antireizstoffe, Überfettungsmittel, Feuchthaltesubstanzen)
ab.
Aufgabe der Hautpflege ist es, der trockenen Haut wieder Feuchtigkeit zuzuführen.
Feuchthaltefaktoren aus Cremes halten das zugeführte Wasser in der Hornschicht
zurück. Die Emulsionen können vom W/0- oder O/W-Typ sein mit entsprechend
hohem Lipidanteil. Bei der Altershaut, die häufig juckt, schuppt und spannt, scheint
primär der Hydrolipidmantel gestört zu sein; die Hornschicht ist im wesentlichen
intakt. Die pflegende Therapie soll den fehlenden Hydrolipidmantel ersetzen. Ältere
Menschen können stark rückfettende Ölbäder zum Baden oder Duschen
verwenden. Zur Hautpflege dienen W/0-Emulsionen; liposomale Dispersionen
penetrieren noch besser. Tips für ältere Menschen: zu häufiges, heißes Baden oder
Duschen vermeiden, keine alkalische Seife verwenden; Franzbranntwein und
Arnikatinktur vermeiden, da sie die Haut zusätzlich austrocknen. Wäsche immer
gründlich nachspülen, da Waschmittelreste die Haut irritieren.
Die gleichen Pflege- und Vorsorgemaßnahmen gelten auch für das
Austrocknungsekzem. Einem Handekzem beugen Schutzsalben oder Handschuhe
vor. Weitere Tips zur Vorbeugung von chronisch irritativ-toxischem und
Austrocknungsekzem: Kontakt mit Wasser und Detergenzien gering halten, Kontakt
mit Haushaltsreinigern, Wasch- und Lösemitteln vermeiden, Schrubber und
Stielbürsten verwenden.
PZ-Titelbeitrag von Tanja Schweig, Alsdorf
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