Titel
Anhand einer repräsentativen Befragung von 310 Personen zweier
Altersgruppen (junge Erwachsene und Erwachsene im höheren Alter) in einer
deutschen Großstadt wurde untersucht, was die Deutschen unter synthetischen
und pflanzlichen Arzneimitteln verstehen, für welche Beschwerden sie welche
Arzneimittelgruppe vorziehen und inwiefern hierbei geschlechts- oder
altersspezifische Unterschiede bestehen.
Von den 310 Befragten wurden insgesamt 545 pflanzliche Arzneimittel genannt, davon
konnten 506 ausgewertet werden. Darunter waren 87 Prozent komplex
zusammengesetzte pflanzliche Präparate, 8 Prozent wurden als Naturheilmittel und
Homöopathika identifiziert, 3 Prozent als Synthetika und 2 Prozent als biogene
Reinstoffe. Bei den 561 genannten synthetischen Arzneimitteln waren 516 auswertbar.
Hier finden sich neben 73 Prozent Synthetika 25 Prozent biogene Reinstoffe. Pflanzliche
Komplexpräparate (2 Prozent) sowie Naturheilmittel und Homöopathika (1 Prozent)
wurden unter den synthetischen Arzneimitteln kaum genannt.
Mittel gegen Erkältungskrankheiten wurden insgesamt am häufigsten aufgeführt, gefolgt
von Analgetika/ Antirheumatika, Psychopharmaka, Herzmitteln und
Magen-Darm-Mitteln.
Die Tabelle der häufigsten Einzelnennungen führt bei den pflanzlichen Arzneimitteln
Baldrian mit 67 Nennungen an, gefolgt von Kamille (57), Pfefferminze (49), Sonnenhut
(22), Ringelblume (14), Brennessel (14) und Salbei (12). Die Bezeichnung der
Arzneimittel erfolgte hauptsächlich generisch, bei den Fertigarzneimitteln wurden
Japanisches Heilpflanzenöl (28), Kamillosan (14) und Klosterfrau Melissengeist am
häufigsten genannt. Unter den synthetischen Arzneimitteln überwiegen die Schmerzmittel
mit Acetylsalicylsäure (112 Mono- und 27 Kombinationspräparate) und Paracetamol
(30). Hier wurden mehrheitlich Fertigarzneimittel genannt: Aspirin (103), Spalt (14),
Alka Selzer (14), Thomapyrin (11) und Togal (10).
Die meisten Befragten nannten für die Arzneimittel die richtigen Indikationen. Nur 10
Prozent der pflanzlichen beziehungsweise 4 Prozent der synthetischen Arzneimittel
wurden falschen Anwendungsgebieten zugeordnet. Über 95 Prozent beider
Arzneimittelgruppen werden für wirksam gehalten, allerdings gelten pflanzliche
Arzneimittel häufiger (98 Prozent) als Synthetika (85 Prozent) als gut verträglich. Die
Untergruppe der älteren Frauen kennt dabei signifikant mehr pflanzliche Arzneimittel als
die älteren Männer (80 Prozent zu 66 Prozent), diese nannten dagegen mehr
synthetische Präparate (72 Prozent zu 90 Prozent).
Bei welchen Beschwerden pflanzliche oder synthetische Arzneimittel bevorzugt würden,
wurde durch eine Liste mit den folgenden 11 Indikationsgebieten abgefragt:
- Schnupfen, Husten, Grippe,
- Magen-Darm-Beschwerden,
- Herz-Kreislauf-Beschwerden,
- Blasen-Nieren-Beschwerden,
- Leber-Gallen-Beschwerden,
- Frauenkrankheiten,
- Hautkrankheiten,
- Nervosität,
- Rheuma und Gliederschmerzen,
- Zuckerkrankheit und
- Verstopfung.
Anhand der Antwortmuster ließen sich die Befragten in 3 Hauptgruppen einteilen: Etwa
34 Prozent bevorzugten, außer bei Zuckerkrankheit, generell pflanzliche Arzneimittel.
Eine zweite Teilgruppe (28 Prozent) differenziert stärker und würde bei Verstopfung,
Nervosität, Erkältungskrankheiten, Magenerkrankungen, Blasenerkrankungen und
Hautkrankheiten eher pflanzliche Arzneimittel einnehmen, bei Zuckerkrankheit,
Herzbeschwerden, Lebererkrankungen sowie Frauenkrankheiten eher Synthetika. Die
dritte Gruppe (29 Prozent) favorisiert generell synthetische Arzneimittel und hält nur
Verstopfung und Nervosität für Anwendungsgebiete der pflanzlichen Arzneimittel.
Als Informationsquellen dienen bei pflanzlichen Arzneimitteln in erster Linie die Familie
(30 Prozent), Ärzte (21 Prozent) und der Freundeskreis, (12 Prozent), während bei
synthetischen Arzneimitteln die Ärzte an erste Stelle (60 Prozent) vor der Familie (12
Prozent) stehen.
PZ-Titelbeitrag von Albert Brühl, Köln, Bernhard Schmid, Tübingen, Herbert
Feser, Aachen und Lutz Heide, Tübingen
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