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Wechselwirkungen: Nicht jeder Arzneistoffverträgt Grapefruit

13.07.1998  00:00 Uhr

- Titel

Govi-Verlag

Wechselwirkungen: Nicht jeder Arzneistoff verträgt Grapefruit

Seit 1989 Bailey zufällig entdeckte, daß Grapefruitsaft die Plasmaspiegel von Felodipin nahezu verdreifachte, wurde in mehr als 50 Publikationen der Mechanismus dieser Arzneimittel-Nahrungs-Wechselwirkung beschrieben, wirksame Inhaltsstoffe gefunden und die Kinetik von rund 20 Pharmaka auf diesen Effekt hin untersucht.

Die Steigerung der Bioverfügbarkeit einiger Arzneistoffe beruht nach heutiger Vorstellung auf der Hemmung von Cytochrom P450 3A4, eines Isoenzyms aus der Superfamilie der Cytochrome, welche Phase-I-Biotransformationen katalysieren. CYP3A4 ist das wichtigste Enzym bei der oxidativen Metabolisierung von Pharmaka in Leber und Dünndarm. Seine Hemmung ist Grund für schwerwiegende Arzneimittelinteraktionen, so durch Cimetidin, Erythromycin, Fluvoxamin und Ketoconazol. Grapefruitsaft vermindert die Aktivität des Isoenzyms anders als diese Pharmaka aber ausschließlich im Dünndarm. Sein Wechselwirkungspotential ist dadurch geringer, wirkt sich nicht auf die Eliminationskinetik und auf die Kinetik parenteral verabreichter Substanzen aus und kommt nur zur Geltung, wenn der First-pass-Effekt eines Arzneistoffs im Darm eine bedeutende Rolle spielt. Orangensaft und andere Citrussäfte beeinflussen das Enzym nicht.

Noch ist das wirksame Prinzip nicht eindeutig identifiziert. In vitro erwiesen sich für Grapefruit spezifische Flavanone (Naringin und sein Aglykon Naringenin) und Psoralene (Bergamottin, Dihydroxybergamottin und Dimere) als wirksam. In vivo sind erstere ohne Effekt, letztere noch nicht untersucht. Eine synergistische Wirkung mehrerer Komponenten ist wahrscheinlich. Die Aktivität von Grapefruitsäften schwankt in Abhägigkeit von Provenienz und Aufbereitungsverfahren.

Der Grapefruiteffekt ist von Proband zu Proband unterschiedlich. So verändert Grapefruitsaft die maximalen Plasmaspiegel von Nisoldipin um plus 7 bis plus 736 Prozent, die Fläche unter der Blutspiegelkurve um minus 19 bis minus 582 Prozent und die Bioverfügbarkeit von Ciclosporin um minus 16 bis plus 200 Prozent. Bei Felodipin wies Lown eine Nivellierung der interindividuell stark schwankenden Bioverfübarkeit durch Grapefruitsaft nach. Das muß als Sonderfall, nicht als Regel gelten.

Grapefruitsaft beeinflußt die Kinetik von Ciclosporin, von Midazolam, von Saquinavir, vor allem aber von Lovastatin und die der Dihydropyridin-Calciumantagonisten Felodipin, Nifedipin, Nisoldipin, Nitrendipin, weniger die von Terfenadin. Klinische Relevanz ist aber bei strenger Betrachtung nur für Felodipin nachgewiesen, bei dem es zur Steigerung der Wirksamkeit und der Nebenwirkungen kommt. Bei Lovastatin kann man ein erhöhtes Nebenwirkungspotential vermuten. Der Möglichkeit einer Wechselwirkung mit Grapefruitsaft wird steigende Bedeutung zugemessen, die FDA hat beispielweise eine Warnung vor dem Genuß bei einer Therapie mit Astemizol angeordnet, obwohl es keine publizierten Daten dazu gibt. Da mindestens 60 Arzneistoffe Substrate von CYP3A4 sind, dürfte sich die Reihe betroffener Substanzen weiter vermehren.

Das bedeutet, daß in der Apotheke künftig im Fall der oben erwähnten Pharmaka auf die Gefahr durch Grapefruitsaft hinzuweisen ist.

PZ-Titelbeitrag von Horst Wunderer, München Top

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