Titel
Die derzeitigen
bemerkenswerten Veränderungen im Gesundheitswesen
betreffen nicht nur die Rahmenbedingungen der
Arzneimittelversorgung, sondern zunehmend auch das
Berufsbild des Apothekers. Deshalb nimmt das Interesse an
einer weitergehenden Spezialisierung oder
Zusatzqualifikation zu. Ein Weg der Weiterqualifikation
sind Postgradualstudiengänge an Universitäten.
Zahlreiche Universitäten, Fachhochschulen und
Akademien im In- und Ausland bieten Studiengänge und
Seminare (mit oder ohne Abschluß) mit verschiedenen
Schwerpunkten an. Die hier getroffene Auswahl soll einen
einführenden Überblick über die Angebote in
Deutschland und Europa geben, sie erhebt jedoch keinen
Anspruch auf Vollständigkeit. Neben den universitären
Angeboten stehen dem Apotheker auch andere Möglichkeiten
zur beruflichen Weiterqualifikation offen, insbesondere
die eigenen Spezialisierungsangebote des Berufsstandes im
Rahmen der Weiterbildung. Einer eigenen Betrachtung
vorbehalten bleiben außereuropäische Studienangebote,
insbesondere in den USA, wie das internationale
Pharm.D.-Programm der Universität Florida.
Die vorgestellten Studiengänge stehen in der Regel
Absolventen verschiedener Erststudiengänge offen; neben
Pharmazie sind dies beispielsweise die Studienfächer
Medizin, Biologie, Ingenieurwissenschaften, Soziologie,
Pädagogik, Wirtschafts- oder Rechtswissenschaften.
Einige Aufbaustudiengänge können auch mit einem
Fachhochschuldiplom oder dem Abschluß eines
nichtakademischen Berufes bei Nachweis einschlägiger
mehrjähriger Berufserfahrung besucht werden. Genaue
Informationen erteilen die jeweiligen Universitäten.
Gesundheitswissenschaften/Public Health
Die Auseinandersetzung mit Ursachen und
Maßnahmen, die die Gesundheit der Bevölkerung
beeinflussen, hat weltweit an Bedeutung gewonnen. Hierbei
spielen viele Faktoren eine Rolle: Arbeits- und
Lebensbedingungen, Verhaltensweisen, Struktur und
Organisation des Gesundheitswesens, soziale
Sicherungssysteme, akute und chronische Erkrankungen. Zur
Untersuchung dieses komplexen Faktorenspektrums ist ein
multidisziplinärer Ansatz erforderlich, um sachgerechte
Interventionsmöglichkeiten entwickeln zu können. Eine
in diesem Sinne verstandene Öffentliche Gesundheit, die
nicht nur im Angelsächsischen mit Public Health
bezeichnet wird, erfordert jedoch von den Beteiligten ein
über die monodisziplinäre Grundqualifikation
hinausgehendes Verständnis. Diese
Ergänzungsqualifikationen werden durch
Public-Health-Studiengänge vermittelt.
Seit Mitte der 80er Jahre haben verschiedene deutsche
Universitäten Aufbaustudiengänge in Public Health
eingerichtet. Die Studiengänge sind eingebettet in fünf
Forschungsverbünde. Gemeinsames Grundelement aller
Aufbaustudiengänge ist ihr interdisziplinärer Ansatz.
Dieser bezieht sich sowohl auf die Auswahl der
Studierenden als auch auf die angebotenen Lehrinhalte und
die Auswahl der Lehrkräfte. Dennoch hat jeder
Studiengang auch eigene Schwerpunkte.
Public-Health-Studiengänge werden angeboten von den
Universitäten Bielefeld, Berlin, Bremen, Dresden,
Düsseldorf, Hannover, Lüneburg, München und Ulm.
Andere Studienrichtungen
Die Auswahl weiterer Studienrichtungen, in denen
Apotheker ein Aufbaustudium absolvieren können, ist
breit gefächert. Es bestehen Studienmöglichkeiten zu
Medizin und Gesundheitsversorgung in Entwicklungsländern
an der Universität Heidelberg, in Pharmakoepidemiologie
in Potsdam, in Toxikologie und Umweltschutz in Leipzig,
in Umweltmanagement in Berlin und in Pharmaziegeschichte
in Braunschweig, Greifswald, Heidelberg und Marburg. Wer
weitergehende Kenntnisse in Wirtschaftswissenschaften
erwerben möchte, kann dies beispielsweise an der TU
Braunschweig tun. Einen englischsprachigen Postgraduate
Course in Pharmaceutical Medicine bietet die Universität
Witten/Herdecke. Weitere Angebote gibt es an der European
Business School in Oestrich-Winkel, der Hochschule für
Wirtschaft und Politik in Hamburg, der
Wirtschaftsakademie Deutscher Apotheker in Frankfurt, der
Kurs Clinical Pharmacy der Universität Tübingen, die
Weiterbildung zum Krankenhausbetriebswirt (VKD) und der
Diplomstudiengang Betriebswirt (VWA) - Schwerpunkt
Krankenhauswirtschaft.
Studiengänge im Ausland
Wer heute als Apotheker außerhalb der
öffentlichen oder Krankenhausapotheke einen Arbeitsplatz
sucht, kann zunehmend von internationalen Erfahrungen und
Kenntnissen profitieren. Ein Blick über den deutschen
Tellerrand bietet daher interessante Perspektiven, ein
Aufbaustudium mit einem Auslandsaufenthalt zu verbinden.
Einige europäische Universitäten bieten jedoch auch
Fernstudiengänge an.
Ein umfangreiches postgraduales Studienangebot für
Apotheker gibt es im Vereinigten Königreich. Die
Universitäten bieten Kurse in drei Stufen an, die in der
Regel nach folgendem Schema aufgebaut sind: Einjährige
Kurse führen zu einem Zertifikat (Certificate in ...),
nach zweijährigen Kursen wird ein Diplom (Diploma in
...) verliehen. Nach einem weiteren akademischen Jahr und
der Anfertigung einer umfangreichen Abschlußarbeit kann
der Grad des Master of Science (MSc in ...) erworben
werden. Alle Kurse enden mit entsprechenden Prüfungen.
Angeboten werden die Aufbaustudiengänge entweder im
Präsenzstudium (full time), Teilzeitstudium (part time)
oder im Fernkurs (distance learning).
Das Hauptangebot der britischen Aufbaustudiengänge für
Apotheker besteht in den Bereichen Klinische Pharmazie
(Clinical Pharmacy) und Offizin-Pharmazie (Community
Pharmacy). Es werden Kurse für alle drei Abschlußstufen
von insgesamt neunzehn Universitäten angeboten. Die
Studienmöglichkeiten beschränken sich nicht auf die
beiden genannten Spezialisierungsrichtungen. Weitere
Angebote bestehen in Radiopharmazie, Pharmakologie,
Psychiatrischer Pharmazie, Pharmazeutischer Analytik oder
Immunopharmakologie. Exemplarisch vorgestellt werden
weiterhin drei spezielle, in ihrer Art in Deutschland
bislang nicht angebotene Studienrichtungen:
Veterinärpharmazie, Pain Management sowie die
Master-Kurse der London School of Hygiene & Tropical
Medicine.
Studienmöglichkeiten im Ausland bestehen weiterhin in
Humanernährung an der Eidgenössischen Technischen
Hochschule Zürich, im Management im Gesundheitswesen an
der Universität Bern und in Europäischer
Gesundheitspolitik an der Universität Nancy. Die Erasmus
Universität Rotterdam bietet ein Summer-School-Programm.
Für Apotheker bestehen also vielfältige postgraduale
Studienmöglichkeiten im In- und Ausland. Ob ein Aufbau-
oder Zusatzstudium sinnvoll ist, muß in jedem Einzelfall
unter Berücksichtigung der Berufsziele und
Berufsaussichten, aber auch unter Kosten-Nutzen-Aspekten
abgewogen werden. Zum Teil erheben die Universitäten
allerdings relativ hohe Studiengebühren. Das Berufsziel
und anvisierte spätere Tätigkeitsfeld des Interessenten
sollte jedoch die Hauptgrundlage jeder Entscheidung über
eine Zusatzqualifikation darstellen.
PZ-Titelbeitrag von Christiane Staiger
Weiterbildungsakademie der Bundesapothekerkammer
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