Titel
Physiologische
und klinische Bedeutung des Spurenelements Zink
Zink ist ein
essentielles Spurenelement für Mensch und Tier. Ein
Mangel kann bei unzureichender Zufuhr oder durch
pathophysiologische Prozesse entstehen. Die Symptome
hängen von Alter und Geschlecht sowie von Dauer und
Schwere des Mangels ab; sie können die Haut- und
Haarentwicklung, Wachstumsprozesse, das
Geschmacksempfinden, das Zentralnervensystem, die
sexuelle Entwicklung sowie das Immunsystem betreffen.
Bislang sind ungefähr 300 Enzyme bekannt, die
durch das divalente Kation Zink beeinflußt werden. Dazu
zählen Oxidoreduktasen, Transferasen, Hydrolasen,
Ligasen, Isomerasen und Lyasen. Als katalytische
Komponente ist Zink direkt im aktiven Zentrum des Enzyms
lokalisiert und an der Substratumsetzung beteiligt. Als
Strukturkomponente stabilisiert es die Quartärstruktur
oligomerer Holoenzyme. Das Atom liegt in einer
nicht-katalytischen Domäne des Enzyms.
Ein Zinkmangel beeinflußt die Genexpression und den
Zellzyklus; die Syntheseraten von RNA und DNA sinken. Die
RNA-Polymerase von Prokaryonten und die
Polymerase-Klassen II und III von Eukaryonten konnten als
Zink-Metalloenzyme identifiziert werden. Außerdem
scheint Zink die Anzahl und Struktur der
DNA-stabilisierenden Histone im Chromatin zu
beeinflussen. Weiterhin kann Zinkmangel die
Funktionalität von Transkriptionsfaktoren stören; die
Bindung dieser Faktoren an spezielle Abschnitte der DNA
ist für die Genexpression wesentlich. Als erster wurde
der Xenopus-Transkriptionsfaktor als Zink-Metalloprotein
beschrieben. Das Kation bildet hierbei mit den
Aminosäuren Histidin und Cystein je nach struktureller
Anordnung "zinc-finger",
"zinc-cluster" oder "zinc-twists".
Zink spielt eine zentrale Rolle im endokrinen System; bei
ausgeprägtem Mangel kommt es zur Wachstumsdepression und
testikulären Hypofunktion. So reguliert Zink über
verschiedene Mechanismen die Funktion des
Wachstumshormons (Growth Hormone, GH) und von Insulin
Like Growth Factor I. Außerdem interagiert es mit
Hormonbindungsstellen von Membranrezeptoren, zum Beispiel
mit Estrogen- und Progesteronrezeptoren. Auch am
Insulinstoffwechsel ist das Kation beteiligt. Das
Peptidhormon wird intrazellulär als Zink-koordiniertes
Hexamer gespeichert und als Granula sezerniert. Neuere
Studien zeigen eine erniedrigte
Insulin-Serumkonzentration und eine Verminderung der
Glukosetoleranz unter Zinkmangel.
Antioxidative Effekte
Zink kann aufgrund seiner spezifischen Bindung
an ein Molekül als "site-specific"-Antioxidans
bezeichnet werden. In vitro schützt es enzym- und
proteingebundene Thiolgruppen vor oxidativen Schäden.
Außerdem wirkt Zink protektiv bei der Eisen- und
Kupfer-abhängigen Produktion von Hydroxyl- und
Superoxidradikalen. Zink konkurriert hier mit den
redoxaktiven Metallen um die Bindungsstellen an den
Membranphospholipiden, so daß es zu einer Verdrängung
der redoxaktiven Metallionen kommt und eine
Lipidperoxidation verhindert wird. Im primären
antioxidativen System scheint Zink nur eine
untergeordnete Rolle zu besitzen.
Ein Zinkmangel kann zur Atrophie der lymphoiden Gewebe,
besonders des Thymus führen; die Konzentrationen von
Thymushormon und T-Lymphozyten sind erniedrigt. In vivo
zeigen T-Helferzellen, T-Killerzellen und Natürliche
Killerzellen eine verringerte Aktivität. Die Funktionen
der B-Lymphozyten werden jedoch nicht direkt beeinflußt.
Zink in der Dermatologie
Zahlreiche Hauterkrankungen können mit einem
angeborenen oder erworbenen Zinkmangel einhergehen. Erste
Symptome sind erythematöse und schuppende
Hautveränderungen in der Nasolabialfalte und hinter den
Ohren. Mundwinkel, Lippen, Mund- und Zungenschleimhaut
können entzündet sein. Zudem sind Hyper- und
Parakeratosen erkennbar. Insgesamt scheint die Umwandlung
vom Stratum germinativum zum Stratum corneum gestört zu
sein.
Eine Zinksubstitution kann die Hautsymptome bei Acne
vulgaris zum Teil erheblich bessern, ebenso juckende
Effloreszenzen in der Schwangerschaft. Eine Reihe
weiterer Hauterkrankungen reagiert positiv auf eine
Zinktherapie. Daher werden in der Wundbehandlung häufig
Salbe, Pasten und Lotionen auf Zinkoxid-Basis eingesetzt.
Regulation der Absorption
Zink wird im gesamten Dünndarm absorbiert.
Bilanzstudien beim Menschen zeigen, daß die Absorption -
prozentual zur Aufnahme - mit steigender Zufuhr sinkt. An
der Resorption sind mehrere Zink-Bindungsproteine
beteiligt, vor allem die Metallothioneine, die pro Mol
bis zu sieben Mol divalenter Kationen binden können.
Außerdem greifen ein cysteinreiches intestinales Protein
(CRIP) und unspezifische Zink-bindende Liganden in die
Resorption ein. Das Kation wird zum größten Teil fäkal
ausgeschieden. Die Homöostase wird somit vorwiegend
durch die intestinale Absorption und enterale Exkretion
reguliert.
Die wichtigsten Zink-Lieferanten sind Fisch, Fleisch,
Milchprodukte und Eier. Im allgemeinen wird das Ion aus
Lebensmitteln tierischer Herkunft besser verwertet als
aus pflanzlichen Produkten, vor allem wegen des hohen
Phytinsäuregehalts in Pflanzen. Zink ist das
Spurenelement, dessen Bioverfügbarkeit bei hohen
Phytinsäuregehalten der Nahrung am deutlichsten absinkt.
Dagegen steigern die Aminosäuren Histidin und Cystein
die Absorption deutlich, ebenso wie die Zitronensäure.
Als bekannteste Interaktion zwischen Metallen gilt die
Zink-Kupfer-Wechselwirkung, wobei hohe Zinkgaben die
Kupferabsorption hemmen. Dieser Effekt wird therapeutisch
bei Kupferüberladung, zum Beispiel Morbus Wilson,
genutzt. Hohe Eisenkonzentrationen vermindern die
Zinkaufnahme, während hohe Zinkdosen den Eisen-Turnover
beschleunigen. Schwermetalle wie Cadmium und Quecksilber
können die Zinkaufnahme hemmen. Umgekehrt schützt eine
ausreichende Zinkzufuhr vor Cadmiumbelastung.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung gibt als
wünschenswerte tägliche Aufnahme für Männer 15 mg und
12 mg für Frauen (Schwangere 15 mg und Stillende 22
mg/die) an. Derzeit arbeitet der wissenschaftliche
Ausschuß für Lebensmittel (SCF) der EU an europäischen
Empfehlungen für die Nährstoffzufuhr. Der SCF-Report
legt 9,5 mg Zink pro Tag für Männer und 7 mg für
Frauen fest - Werte, die laut VERA-Studie in Deutschland
von gesunden Erwachsenen gut erreicht werden.
PZ-Titelbeitrag von Dr. Anja Markant, Dr. Gerald Rimbach,
Professor Dr. Josef Pallauf, Giessen, Klaus Krämer,
Landau, Horst Mayer, Fellbach
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