Tirzepatid gegen nächtliche Atemaussetzer |
Laura Rudolph |
28.06.2024 11:00 Uhr |
Übergewicht ist ein signifikanter Risikofaktor für die Entwicklung einer obstruktiven Schlafapnoe. Eine Gewichtsreduktion kann den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen. In zwei aktuellen Studien zeigte das Anti-Adipositas-Mittel Tirzepatid vielversprechende Ergebnisse. / Foto: Adobe Stock/Amy Walters
Ein wesentlicher Faktor, der das Risiko für eine obstruktive Schlafapnoe (OSA) erhöht, ist Übergewicht. Durch eine Verengung des Rachens kommt es zu einer verringerten Atmung und Atemaussetzern. Darunter leidet die Schlafqualität und Sauerstoffversorgung des Körpers. Häufige Symptome sind lautes Schnarchen und eine ausgeprägte Tagesmüdigkeit. Betroffene erhalten in der Regel eine nächtliche Überdruckbeatmung über eine Maske, die sogenannte CPAP-Therapie (»continuous positiv airway pressure«, CPAP). Die S3-Leitlinie »Schlafbezogene Atmungsstörungen bei Erwachsenen« (derzeit in Überarbeitung) empfiehlt übergewichtigen Patienten zudem eine Gewichtsreduktion, deren positiven Effekte auf OSA gut belegt sind.
Ob sich auch das Antidiabetikum und Anti-Adipositas-Mittel Tirzepatid positiv auf den Verlauf einer OSA auswirkt, hat Hersteller Lilly in zwei Phase-III-Studien untersuchen lassen. Tirzepatid ist ein dualer Agonist an den Rezeptoren der beiden Inkretine GLP-1 (Glucagon-Like Peptide 1) und GIP (Glucoseabhängiges Insulinotropes Peptid) und kann zu starken Gewichtsreduktionen führen. Die Ergebnisse der randomisierten, kontrollierten Studien SURMOUNT-OSA-1 und SURMOUNT-OSA-2 wurden kürzlich im Fachjournal »New England Journal of Medicine« publiziert. Demnach verringerte Tirzepatid bei adipösen Menschen mit obstruktiver Schlafapnoe (OSA) signifikant die Anzahl nächtlicher Atemaussetzer.
Ein Forschungsteam um Professor Dr. Atul Malhotra von der University of California in San Diego untersuchte die Wirkung des »Twinkretins« auf Apnoe-Episoden bei 469 adipösen Menschen mit moderater bis schwerer OSA. SURMOUNT-OSA-1 schloss nur Patienten ein, die keine CPAP-Therapie durchführten, SURMOUNT-OSA-2 nur Patienten, die bereits vor Studienbeginn eine CPAP-Therapie durchgeführt hatten und diese fortführten.
Die Teilnehmenden beider Studien wurden jeweils im Verhältnis 1:1 randomisiert und erhielten über 52 Wochen entweder einmal wöchentlich Tirzepatid oder Placebo. In den Verumgruppen wurde die Tirzepatid-Dosis, beginnend mit 2,5 mg wöchentlich, alle vier Wochen um 2,5 mg bis zur Maximaldosis von 10 oder 15 mg erhöht, je nach individueller Verträglichkeit.
Der primäre Endpunkt der Studien war die Veränderung des Apnoe-Hypopnoe-Indexes (AHI), der angibt, wie viele Apnoe-Episoden pro Stunde auftreten. Sowohl der Body-Mass-Index (BMI) der Teilnehmenden als auch die Atemaussetzer nahmen unter Tirzepatid signifikant ab. Innerhalb der SURMOUNT-OSA-1-Kohorte nahm der mittlere BMI von 39,1 kg/m2 in der Verumgruppe um 17,7 Prozent ab, in der Kontrollgruppe um 1,6 Prozent. Parallel reduzierte sich der AHI bei den mit Tirzepatid-Behandelten von 51,5 Atemaussetzern pro Stunde um 25,3 pro Stunde. Unter Placebo nahmen die Atemaussetzer um 5,3 pro Stunde ab.
In der SURMOUNT-OSA-2-Studie reduzierte sich der durchschnittliche BMI von 38,7 kg/m2 um 19,6 Prozent unter Tirzepatid und um 2,3 Prozent unter Placebo. Der AHI nahm von 49,5 Atemaussetzern pro Stunde in der Verumgruppe um 29,3 Ereignisse pro Stunde ab, in der Kontrollgruppe um 5,5.
Teilnehmende beider Studien, die mit Tirzepatid behandelt wurden, zeigten auch signifikante Verbesserungen bei sekundären Endpunkten im Vergleich zu Placebo. Dazu gehörten etwa der systolische Blutdruck, die hypoxische Belastung und der Entzündungsmarker hochsensitives C-reaktives Protein (hsCRP). Die häufigsten Nebenwirkungen waren gastrointestinal und meist mild bis moderat.