Therapietreue auch bei Angehörigen stärken |
Daniela Hüttemann |
26.02.2024 14:00 Uhr |
Demenz-Patienten sind irgendwann nicht mehr in der Lage, ihre Medikamente selbst anzuwenden. Manchmal fehlt auch die Krankheitseinsicht oder vermeintlich Fremdes wird verweigert. Das erfordert viel Geduld von den pflegenden Angehörigen. / Foto: Getty Images/Cecilie_Arcurs
»Die Therapietreue kann aus den unterschiedlichsten Gründen in Gefahr sein«, erläuterte Apothekerin und AMTS-Expertin Dr. Verena Stahl aus Herdecke bei einem Vortrag der digitalen Hermann-Hager-Fortbildungstagung der Apothekerkammer Brandenburg am vergangenen Wochenende. Sie erläuterte typische Formen von bewusster und unbewusster Non-Adhärenz an Beispielen aus dem neurologischen und psychiatrischen Bereich und welche Tipps das Apothekenteam den Patienten und ihren Angehörigen geben können. Letztere sollte man bei solchen Erkrankungen auch miteinbeziehen. Denn eine mangelnde Therapietreue könne auch dem Umfeld geschuldet sein.
Beispiel Demenz: Der Patient wird immer vergesslicher und ist irgendwann nicht mehr in der Lage, an die regelmäßige Tabletteneinnahme zu denken, oder weiß nicht mehr, wie das Medikament angewendet wird. Der typische progrediente Verlauf könne die betreuenden Angehörigen dazu verleiten, die verordneten Antidementiva als nicht wirksam anzusehen und eigenmächtig abzusetzen, um die lästige Tablettengabe zu verringern. Denn Demenz-Patienten sind mitunter äußerst unkooperativ und können sich weigern.
Zunächst einmal sollte man erklären, dass Antidementiva zwar keine Symptomverbesserung bringen, den Verlauf aber verzögern und daher angewendet werden sollen, solange sie ärztlich verordnet sind, betonte die Referentin. Bei Verweigerung des Patienten sollte sich der Pflegende Zeit nehmen und seine eigenen Medikamente oder Scheintabletten zeitgleich mit dem Patienten schlucken oder es später noch einmal probieren. Grundsätzlich sollte man ruhig und in kurzen einfachen Sätzen erklären, was und wie es geschluckt werden muss (»Das ist die Tablette für deinen Blutdruck. Bitte lege sie auf deine Zunge. Dann schlucke sie mit Wasser herunter«). »Demenz braucht Geduld«, erinnerte Stahl. Die Patienten dürften nicht zur Medikamenteneinnahme gezwungen werden.
Medikationsfehler und Non-Adhärenz könnten auch der Überforderung der pflegenden Angehörigen geschuldet sein. Dann kann die Apotheke an unterstützende Stellen wie Selbsthilfegruppen und Pflegedienste verweisen. Mit fortschreitender Demenz können auch Schluckstörungen auftreten. Hier kann das Apothekenteam nach geeigneten Alternativen suchen. Bei Polymedikation könne es die pharmazeutische Dienstleistung erweiterte Medikationsberatung auch dem Angehörigen anbieten. Vielleicht ließen sich Tablettenlast und Einnahmezeitpunkte reduzieren oder gar Verordnungskaskaden aufdecken.