Therapie-Trip ins Ungewisse |
Jennifer Evans |
04.11.2024 13:30 Uhr |
Spannend an Psychedelika ist für Fink außerdem, ob die Erfahrung selbst den Therapieerfolg beeinflusst. Er vermutet, dass die physiologische Komponente durchaus an der Wirkung beteiligt sei. Zentral sei aber wohl die emotionale Wirkung. Mit einem Trip komme bei den Patienten häufig ein Gefühl der Einsicht: Menschen sähen in alltäglichen Dingen plötzlich Bedeutsamkeit. Wenn das Fehlen an Bedeutsamkeit im Leben ursprünglich die Depression ausgelöst habe, lasse sich so eventuell erklären, warum es manchen Menschen so schnell besser gehe, sobald sie im Rausch eine Erkenntnis hatten. Fest steht: In diesem Bereich ist noch viel Forschung nötig.
Zumal die Untersuchungen an den bewusstseinsverändernden Substanzen auch erst in den vergangenen Jahren wieder an Fahrt aufgenommen haben. Schuld daran ist unter anderem die Nixon-Ära. Der US-amerikanische Präsident erklärte Anfang der 70er-Jahre berauschende Drogen als illegal und rief den »War on Drugs« aus. Damit war jedwede wissenschaftliche Studie in diesem Bereich erst einmal blockiert und vorangegangene psychedelische Psychotherapie-Ansätze auf Eis gelegt.
Einig waren sich die Diskutanten, dass eine Psychedelika-unterstützte Therapie immer in einem psychotherapeutischen Kontext stattfinden müsse, um den Betroffenen größtmögliche Sicherheit zu vermitteln. Das unterscheidet den therapeutischen Einsatz deutlich vom privaten Gebrauch. Zudem sei die Qualität der therapeutisch eingesetzten Substanzen natürlich besser als auf dem Schwarzmarkt, so Hein.
Wird die Gesellschaft über Psychedelika nicht richtig aufgeklärt, sieht Fink noch ein weiteres Problem auf uns zukommen: Die Therapieerfolge könnten Zweifel an der Wissenschaft aufkommen lassen, etwa im Vergleich zu erprobten Arzneimitteltherapien. Er stelle sich daher die Frage, wie gesund »metaphysische Erfahrungen und Weltbilder« für eine Gesellschaft sind? Dabei denkt er nach eigenen Angaben an die Covid-19-Pandemie, während der »antiwissenschaftliche Realitäten« sich als großes Hindernis entpuppten.